Tausende Menschen fliehen vor der Taliban in Richtung Westen
Nach dem westlichem Truppenrückzug fliehen immer mehr Menschen vor den Taliban – erst ins Nachbarland Iran und dann in die Türkei. Migrationsexperten rechnen mit einer neuen Welle nach Europa.
Ein Flüchtlingstreck zieht an der iranischen Grenze der Türkei nach Westen: Das neueste Video des türkischen Lokaljournalisten Rusen Takva zeigt mehr als tausend Menschen, die hintereinander auf einem schmalen Weg durch das Vorgebirge marschieren. Seit Wochen geht das so, hat Takva beobachtet. „Allein am letzten Wochenende kamen tausend Flüchtlinge pro Nacht an“, sagte er unserer Redaktion in Istanbul. Der Ansturm ist eine Folge des Konflikts im rund 2000 Kilometer entfernten Afghanistan. Die Menschen fliehen aus dem zentralasiatischen Land, weil sie nach dem Rückzug der westlichen Truppen und dem neuen Machtgewinn der radikal-islamischen Taliban um ihr Leben fürchten. Experten sehen eine neue Flüchtlingskrise auf die Türkei und Europa zukommen.
Die neue Fluchtwelle geht auf die Ankündigung von US-Präsident Joe Biden zurück, die Truppen bis spätestens September abzuziehen. Drei Monate nach Bidens Befehl ist der Rückzug der westlichen Soldaten fast abgeschlossen; die Bundeswehr hat ihr Kontingent nach Hause geholt. Zugleich bringen die Taliban immer mehr Gebiete unter ihre Kontrolle. Viele Afghanen suchen außerhalb des Landes Schutz.
Migrationsexperten schätzen die Zahl der Migranten höher
Im Nachbarland Iran zählen die Behörden offiziell rund 780.000 Afghanen, doch das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR schätzt, dass sich dort weitere zwei Millionen ohne gültige Papiere aufhalten. Wegen der Wirtschaftskrise im Iran wollen viele weiter: in die Türkei oder nach Europa. Das UNHCR zählt bereits 116.000 Afghanen in der Türkei, doch Murat Erdogan, Migrationsexperte an der Türkisch-Deutschen Universität in Istanbul, sieht die tatsächliche Zahl bei 500.000.
Jetzt kommen wegen des Truppenabzugs und dem Ende vieler Corona-Beschränkungen neue Flüchtlinge hinzu, sagen Beobachter. Die Regierung in Ankara erklärte dagegen, von einem Ansturm an der iranischen Grenze könne keine Rede sein. Außerdem sei die Grenze streckenweise mit einer Mauer gesichert. Fachleute bezweifeln, dass das in der gebirgigen Grenzgegend helfen wird. In den nächsten Monaten könnte die Zahl der Afghanen in der Türkei auf eine Million steigen, sagt Migrationsforscher Erdogan. Schätzungsweise zehn Prozent könnten versuchen, von der Türkei aus weiter in die EU und andere westliche Länder zu kommen.
Derzeit machten sich vor allem gebildete Afghanen aus den Städten aus Furcht vor den Taliban auf den Weg nach Westen, sagte Metin Corabatir, Leiter des türkischen Zentrums für Migrationsforschung, gegenüber der Zeitung Hürriyet. Unter den Flüchtlingen seien viele Beamte, Studenten und Gutverdienende. Zudem arbeiten viele Afghanen in der Türkei in der Landwirtschaft und fallen weniger auf als die 3,6 Millionen Syrer in der Türkei, die vor allem in den Großstädten leben.
Afghanen in der Türkei können wieder abgeschoben werden
Anders als die Syrer genießen Afghanen in der Türkei keinen Abschiebeschutz: Zehntausende wurden schon zurückgeschickt. Viele Flüchtlinge wollen daher so schnell wie möglich weiterreisen. Als die türkische Regierung im Frühjahr 2020 kurzzeitig die Landgrenze nach Griechenland öffnete, strömten weit mehr Afghanen als Syrer an die Grenze. Laut UNHCR kommt derzeit fast jeder zweite Flüchtling, der auf einer griechischen Ägäis-Insel eintrifft, aus Afghanistan.
Die Flucht ist lebensgefährlich. Bei einem Verkehrsunfall vor einigen Tagen starben zwölf Menschen, die in einem überladenen Minibus an der iranischen Grenze in die Türkei unterwegs waren. Die meisten Opfer seien Afghanen gewesen, sagte der Journalist Takva.
In Deutschland und Europa stellen die Afghanen schon heute die zweitstärkste Flüchtlingsgruppe hinter den Syrern. 2020 beantragten rund 8000 Afghanen in der Bundesrepublik Asyl; das war etwa ein Fünftel aller afghanischen Antragsteller in der EU insgesamt.
Auch Europa muss sich wieder auf mehr Flüchtlinge einstellen
Künftig werden sich die Europäer auf noch mehr Flüchtlinge einstellen müssen, sagen Experten wie Erdogan. Er plädiert deshalb dafür, die geplante Neufassung des türkisch-europäischen Flüchtlingsabkommens von 2016 auf Gruppen wie die Afghanen auszuweiten. Bisher gilt die Vereinbarung nur für Syrer.
Derzeit wird über eine Fortschreibung des Abkommens verhandelt. Unter dem Vertrag verpflichtet sich die Türkei, Flüchtlinge an der Überfahrt nach Griechenland zu hindern, und erhält im Gegenzug finanzielle Hilfe aus Europa. In den vergangenen fünf Jahren hatte die EU insgesamt sechs Milliarden Euro an Ankara gezahlt.
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@VONGEORG KR.07:28 Uhr
„Diese demographische Entwicklung" hat wie überall auf der Welt eine Ursache: die Armut.
Herr Kr. Sie haben recht, das Bevölkerungswachstum ist meist am stärksten in armen Ländern. Nur von Armut allein werden die Frauen nicht schwanger. Die Welthungerhilfe nennt die fehlende Gleichberechtigung der Geschlechter, die jährlich zu 90 Millionen (von den Frauen) ungewollter Schwangerschaften führt, als einen der Hauptgründe für das zunehmende Bevölkerungswachstum.
Dabei spielt aber auch die Religion häufig eine wichtige Rolle:
Menschen, die an eine Wiedergeburt glauben, wollen so einem geliebten Verstorbenen den Wiedereintritt ins Leben ermöglichen und auch im christlichen Glauben gilt jedes Kind als Geschenk Gottes. (Meine Großmutter ist bei der Geburt meiner Mutter gestorben, meine Mutter war das elfte Geschenk dieser Art.)
"Nur von Armut allein werden die Frauen nicht schwanger."
Herr Eimiller, natürlich spielen da viele gesellschaftliche Gegebenheiten mit. Trotzdem bleibe ich dabei, Armut ist die zentrale Ursache. In der Folge ihrer noch immer nicht ganz gelungenen Beseitigung hierzulande änderte sich vieles zum Besseren.
Ich weiß nicht, ob Sie sich mit Ahnenforschung befassen. Meine Familie betreffend habe ich inzwischen eine ziemlich gute Übersicht so ab Ende des 19. Jahrhunderts - auch über die Zahl der Kinder pro Familie. Die war damals sehr hoch, so 8 -10 Kinder keine Seltenheit, viele starben im Kindesalter. Das änderte sich erst mit der Verbesserung der wirtschaftlichen Situation, was sehr viel mit dem Aufkommen der Arbeiterbewegung, den Gewerkschaften, zu tun hatte. Die christlichen Amtskirchen spielten dabei bis auf ganz wenige Würdenträger eine unrühmliche Rolle.
Statt die Entwicklungsmilliarden irgendwelchen Stammesfürsten und Feudalherren hinterherzuwerfen sollten unsere Bemühungen eher den Aufbau von Gegenbewegungen und die Korruptionsbeseitigung in den 3.-Welt-Ländern fördern.
Die Rolle der Frau in der Gesellschaft war auch hierzulande bis vor gar nicht so lange zurückliegender Zeit die eines Arbeitstiers und einer Gebärmaschine. In Deutschland wurde Vergewaltigung in der Ehe erst 1977 unter Strafe gestellt.
Die drei K, Kinder, Küche, Kirche, dominierten die Lebensumstände der Frauen.
So groß war der Unterschied zu den derzeit noch archaischen Verhältnissen in den sog. Entwicklungsländern m. E. also nicht.
Als die UDSSR 1979 in Afghanistan einmarschierte hatte das Land ca. 13,4 Mio Einwohner.
Aktuell hat Afghanistan ca. 38 Mio Einwohner.
Es war schlicht Größenwahn der westlichen Politik eine Befriedung des Landes gegen diese demographische Entwicklung erreichen zu wollen.
Gleiche Situation im Jemen:
https://www.welt.de/debatte/kommentare/article224145112/Demographie-Amerika-ist-zu-alt-fuer-einen-Buergerkrieg.html
>> Der Jemen etwa steckt schon im sechzehnten Bürgerkrieg seit 1960, und es wird nicht der letzte sein. Denn der Kriegsindex des Landes liegt aktuell bei 5,4 und wird im Jahr 2030 immer noch 4,4 erreichen. Folgen heute auf 1000 ältere Männer (55 bis 59 Jahre) rund 5400 Jünglinge (15 bis 19 Jahre) am Beginn des Lebenskampfes, so werden es 2030 immer noch 4400 sein. Weil stetig mehr nachwachsen als umkommen, sprang Jemens Bevölkerung ungeachtet aller Verluste seit 1950 von gut fünf auf knapp 30 Millionen Einwohner. <<
Jegliche externe Stabilisierung ist gegen einen hohen Kriegsindex nicht möglich; das muss bei künftigen großflächigen Militäreinsätzen beachtet werden.
"Es war schlicht Größenwahn der westlichen Politik eine Befriedung des Landes gegen diese demographische Entwicklung erreichen zu wollen."
"Diese demographische Entwicklung" hat wie überall auf der Welt eine Ursache: die Armut.
Beseitigen wir die Armut, statt immer mehr für Rüstung zu verschwenden, schaffen wir wenigstens erträgliche Lebensverhältnisse für alle - die Bevölkerungsexplosion wird bald Geschichte sein. Wenn wir jedoch noch länger zusehen, wie sich eine kleine raffgierige nimmersatte Schicht immer mehr von diesem Planeten unter den Nagel reißt, wird sich daran nichts ändern.
Ludwig Erhards Vermächtnis „Wohlstand für Alle“, nicht nur für wenige, sollte wieder Geltung verschafft werden.
Nicht nur da ist Sahra Wagenknecht voll zuzustimmen.
Linksgrün wird auch für 10 Milliarden Menschen auf der Erde die Beseitigung der Armut durch Verzicht auf Waffenexporte versprechen?
Wer im Herzen ein Taliban ist, wird es halt nie so mit Bildung und Arbeit haben ;-)
"Wer im Herzen ein Taliban ist, wird es halt nie so mit Bildung und Arbeit haben ;-)"
Nach Rechtskonservativen, die es auch nicht so mit Arbeit und Bildung haben, müssten wir auch nicht lange suchen ;-)"
Sehen Sie einfach mal aus dem Fenster; dann erkennen Sie schon den Unsinn den Sie da reden...
Für Zahlenmenschen kann auch ein Blick auf Wahlergebnisse und Bruttosozialprodukt helfen.
"Sehen Sie einfach mal aus dem Fenster; dann erkennen Sie schon den Unsinn den Sie da reden..."
Während ich beim Blick aus dem Fenster noch nie einen Taliban gesehen habe, muß es bei Ihnen vor arbeits- und bildungsscheuen linksgrünen Männ- und Weiblein, Taliban's und Flüchtlingen nur so wimmeln . . .