Alois Glück warnt CSU vor Kurs von Söder und Seehofer
Exklusiv Der frühere Fraktionschef hat sich mit einem Brief an den CSU-Vorstand gewandt. Darin betont er die Risiken eines Bruchs mit der CDU - und kritisiert Markus Söder.
Innerhalb der CSU wird nun die Kritik am Konfrontationskurs der Parteiführung lauter. Nach dem CSU-Ehrenvorsitzenden Theo Waigel und Ex-Kultusminister Hans Maier hat sich auch der frühere Chef der CSU-Landtagsfraktion, Alois Glück, zu Wort gemeldet. In einem Brief an die CSU-Vorstandsmitglieder, der unserer Redaktion vorliegt, warnt er vor einem Bruch mit der Schwesterpartei CDU und vor einer Politik der nationalen Alleingänge. Waigel hatte kürzlich geschrieben, CDU und CSU seien „die letzte große Volkspartei in den demokratischen Staaten Europas“. Ihr Auseinanderfallen würde die Rolle Deutschlands als stabile politische Kraft in Europa gefährden.
Alois Glück geht hart mit der CSU-Spitze ins Gericht
Glück, 78, galt über Jahrzehnte hinweg als Vordenker der CSU. Er geht mit der Politik der Parteispitze um Horst Seehofer hart ins Gericht. „Warum verschweigt die CSU plötzlich ihre beachtlichen Erfolge in der Korrektur der Flüchtlingspolitik bei den Koalitionsverhandlungen und im Ringen mit der CDU – z.B. Obergrenzen, Verschärfungen des Asylrechts, Regelungen Familiennachzug u.a.?“, fragt er und wirft seiner Partei vor, den Eindruck zu erwecken, als habe sich in der Flüchtlingspolitik seit 2015 nichts verändert. Mit der Forderung nach einer Asylwende um jeden Preis werde „eine Dynamik des Konflikts zwischen den Unionsparteien und mit der Bundeskanzlerin geschürt, den bald niemand mehr beherrschen kann“. Der Preis für Bayern, Deutschland und Europa wäre dann „unermesslich hoch“. Ein historischer Bruch der Partnerschaft der Unionsparteien sei ein reales Risiko.
Direkt kritisiert Glück Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Zu dessen Aussage, dass die Zeit des geordneten Multilateralismus zu Ende sei und Staaten wie Deutschland ihre Interessen wieder mehr im Alleingang durchsetzen und Fakten schaffen müssten, schreibt er: „Es bedarf hier keines besonderen Hinweises, welche Akteure in der internationalen Politik diese Linie vertreten und wie sehr wir uns bisher dagegengestellt haben.“
Die CSU distanziert sich von Bundeskanzlerin Merkel
Glück nennt es legitim, dass die CSU den Termin für die Landtagswahl und die Meinungsumfragen im Blick habe. „Aber was“, so fragt er, „begründet die Erwartungen, dass die CSU mit diesem Konfliktkurs bei der Landtagswahl mehr Zustimmung bekommt wie gegenwärtig in den Umfragen? Es gibt auch viele Anhaltspunkte, die dafür sprechen, dass die Verluste in der bisherigen Wählerschaft größer sein werden als der Zugewinn.“
Zugleich distanziert sich die CSU weiter von Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel. Die Welt am Sonntag zitiert Söder, der „vor Getreuen“ gesagt haben soll: „Zu meiner Abschlusskundgebung kommt keine Bundeskanzlerin, sondern ein Bundeskanzler.“ Mit dem Kanzler meint Söder den befreundeten österreichischen Regierungschef Sebastian Kurz, der auf EU-Ebene als Gegenspieler Merkels in der Flüchtlingspolitik gilt. Die Schlusskundgebung soll in München stattfinden. Kurz hat bereits zugesagt. Nach Informationen unserer Redaktion gibt es bisher auch keine Einladung der CSU an Merkel für einen Wahlkampfauftritt. Wie berichtet, ist ihr einziger Termin in Bayern vor der Wahl bisher der Besuch eines Konzerts und die Teilnahme an einer europapolitischen Diskussion in Ottobeuren bei Memmingen. Einladender: Theo Waigel.
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Alois Glück und Theo Waigel: zwei CSU-Granden, deren Wort Gewicht hat. Und das ist gut so. Ebenfalls gewichtig sind aber Lebensweisheiten wie etwa: Zum Streit gehören immer zwei.
Konkret: Damit es nicht zu einem historischen Bruch der Unionsparteien kommt, gibt es mehr als eine Möglichkeit. Seehofer könnte natürlich auf Merkel zugehen. Aber Merkel auch auf Seehofer. Gründe dafür gäbe es jedenfalls genug.
Auch wenn tatsächlich schon einiges getan und erreicht wurde: Eine nachhaltige europäische Asylpolitik liegt noch in weiter Ferne. Das ist riskant. Eine drohende Bevölkerungsexplosion in Afrika könnte zu einem neuen und stärkeren Wanderungsdruck nach Europa führen. Und dass Menschen nach Deutschland kommen, für die schon in anderen Ländern Asylverfahren laufen, das kann man kaum noch jemandem erklären.
Nicht nur Merkel, auch Seehofer will eine europäische Lösung. Der Unterschied zwischen beiden liegt eher in der Einschätzung, ob es zu einer baldigen und nachhaltigen europäischen Lösung kommen kann. Europa ist uneins. Aber ist es so uneins, dass eine vernünftige Lösung zu einer Fata Morgana werden kann?
Die alles entscheidende Frage lautet doch: Was passiert, wenn in Europa zu wenig passiert? Wenn Europa keine ausreichenden Antworten auf den Migrationsdruck von außen und die Sekundärmigration im Inneren gibt? Warten wir dann auf den Sankt-Nimmerleins-Tag? Oder haben wir einen Plan B? Nehmen wir unser Schicksal dann selbst in die nationalstaatliche Hand? Ein Vorgehen, das im Übrigen sogar Bewegung in schwerfällige europäische Entscheidungsprozesse bringen kann!
Allein die Ankündigung möglicher deutscher Maßnahmen hat zu einer europäischen Verhandlungsdynamik geführt, die manch einer so gar nicht für mehr möglich gehalten hätte. Hat die CSU Europa wachgeküsst? Ist sie am Ende gar der proeuropäische Motor? Jedenfalls hat sie Merkel Rückenwind in Europa verschafft.
Aber was ist, wenn Europa trotz der neuen Dynamik nicht entscheidend vorankommen sollte? Wenn es keine Rückführungsabkommen gibt, weil andere Länder ihre Interessen in den Vordergrund stellen? Sollte Deutschland dann vor allem moderieren und eigene Interessen zurückstellen? Oder aber eine klare Position beziehen und eine gewisse Härte an den Tag legen? Deutschland könnte durchaus signalisieren, dass es seine Interessen durchzusetzen gewillt ist, wenn andere eine gemeinsame Lösung blockieren oder mit unangemessenen politischen Preisen versehen.
Fest steht: Deutschland hat keinen Nachholbedarf an Bereitschaft zu europäischer Solidarität. Bei uns leben mehr Schutzberechtigte und Asylbewerber als in allen anderen Mitgliedstaaten der EU zusammen. Allein in Nordrhein-Westfalen sind es mehr als in Italien, das sich überfordert zeigt!
Politik braucht Besonnenheit, aber auch Entschiedenheit!
Haltung allein reicht nicht aus, hinzukommen muss Handlung.
Seit Erich Kästner wissen wir: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“!
Ein ausgezeichneter Kommentar.
Man kann nur hoffen, dass die Besonnenen in der CSU in den nächsten Wochen die Oberhand behalten und Herr Söder seine Pläne, Bundeskanzler zu werden noch einige Jahre zurückstellt. Eines hat er bisher aber wohl mit Sicherheit schon geschafft, er wird im Oktober keine absolute Mehrheit für die CSU gewinnen. Und dann könnte seine politische Karriere schon früher zu Ende sein als die von Kanzlerin Merkel.
Die größte Leistung von Söder, Seehofer, Dobrindt, Gauland , Meuthen und Höcke ist, dass sie es mit vereinten Kräften und viel medialer Unterstützung geschafft haben, das Asylthema in bis jetzt in den Schlagzeilen zu halten und damit zu ignorieren, dass den größten Teil unserer Landsleute andere Sorgen und Probleme plagen und die auch gern auf der Agenda sehen würde. Das einzig gute an dieser erfolgreichen gemeinsamen PR-Aktion der Rechtsnationalen ist, dass die Rechnung dafür komplett die CSU bezahlen wird während den Nutzen die AfD hat.