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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU, r), wird durch Kamala Harris, Vizepräsidentin der USA, bei ihrer Ankunft in der Residenz des Vizepräsidenten, auf dem Gelände des Naval Observatory, begrüßt. +++ dpa-Bildfunk +++

Warum Angela Merkel eine Feministin wider Willen ist

Foto: Andrew Harnik, dpa

Der Platz in den Geschichtsbüchern ist Angela Merkel sicher: Nie zuvor hat es eine Frau in Deutschland zur Regierungschefin gebracht. Doch macht sie das automatisch zur Feministin?

Kerzengerade läuft sie, als sie von Norbert Lammert aufgerufen wird. Angela Merkel ist erkennbar angespannt, hat mehr Make-up aufgelegt, als man es von ihr kennt, doch ihre Stimme ist fest und klar. Es ist ein historischer Moment, ein Augenblick, der aus einer Politikerin eine Figur für die Geschichtsbücher machen wird, der sie und ihre Kanzlerschaft – völlig unabhängig von allen Erfolgen oder Misserfolgen, die noch kommen sollten – von all ihren Vorgängern abhebt.

November 2005: Merkel geht als erste Frau im Kanzleramt in die Geschichte ein

„Das ist ein starkes Signal für viele Frauen – und für manche Männer sicherlich auch“, sagt der damalige Bundestagspräsident, der ihr an diesem Tag im November des Jahres 2005 den Eid abnimmt. Deutschland hatte seine erste Bundeskanzlerin. Pfarrerstochter, Physikerin, Ostdeutsche: Es gibt viele Etiketten, die Merkel seither anhaften. Doch wohl keines ist so wirkmächtig wie das der ersten Frau im Kanzleramt. Ist nicht sie der lebende Beweis dafür, dass es um die Gleichstellung gar nicht so schlecht bestellt ist wie behauptet?

Als erste Frau überhaupt legt Angela Merkel im November 2005 den Amtseid vor dem damaligen Bundestagspräsidenten Norbert Lammert ab.
Foto: Peer Grimm, dpa (Archivbild)

Für viele ist tatsächlich allein ihre Kanzlerschaft Beweis genug für die Erfolge des Feminismus. Und tatsächlich hat sich einiges verändert in den vergangenen 16 Jahren. Das Elterngeld wurde eingeführt, um auch Männer stärker an die Familienarbeit zu binden. Für Dax-Unternehmen gibt es eine Frauenquote. Mit Ursula von der Leyen und Annegret Kramp-Karrenbauer werden gleich zwei Frauen zu Verteidigungsministerinnen ernannt. Merkels engster Führungskreis im Kanzleramt besteht aus Frauen. Selbst der CSU kommt inzwischen das Wort Parität flüssig über die Lippen. Der Zeitgeist, im besten Sinne des Wortes, hat sich verschoben.

Und doch bleiben da diese gewaltigen Lücken. Als Merkel zur Kanzlerin gewählt wird, sitzen 42 Prozent weibliche Abgeordnete im Parlament, heute sind es 31 Prozent. Frauen verdienen im Schnitt 18 Prozent weniger als Männer. Nur ein Viertel der Väter geht in Elternzeit. Alleinerziehende sind überproportional von Armut bedroht. Hätte diese Kanzlerin mehr machen können, ja: müssen?

Ihr Frau-Sein wird besonders im Kontrast zu den Macht-Männern deutlich

Merkel selbst fremdelt erkennbar mit dem Thema. Als sie in einem Interview vor einigen Jahren gefragt wird, ob sie sich selbst als Feministin bezeichnen würde, sagt sie einen dieser typischen merkelschen Schwurbel-Sätze. „Die Geschichte des Feminismus ist eine, da gibt es Gemeinsamkeiten mit mir und auch Unterschiede. Und ich möchte mich auch nicht mit einem Titel schmücken, den ich gar nicht habe“, macht sie klar. Oder eher nicht klar. Geschlechterthemen liegen ihr nicht.

CDU-Frauen in Spitzenpositionen: Parteichefin Kramp-Karrenbauer, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Kanzlerin Merkel. Doch die Zeit der starken Frauen in der Partei könnte bald vorüber sein.
Foto: Michael Kappeler, dpa (Archiv)

Als Feministin erscheint Merkel vor allem in Situationen, die andere prägen – erst im krassen Kontrast zu den selbstverliebten Macht-Männern wird immer wieder sichtbar, wie sehr sich diese Kanzlerin abhebt im Politbetrieb. Merkel und Putin. Merkel und Trump. Merkel und Erdogan. Ob sie nun will oder nicht: Hier wird ihr Frausein überdeutlich. Sogar als ihr möglicher Nachfolger Armin Laschet am vergangenen Wochenende das Flutgebiet in Westdeutschland bereist, wird sichtbar, wie anders Merkel ist. Laschet feixt, bei Merkel käme niemand auf die Idee, dass sie der Show wegen das feste Schuhwerk überstreift und dann hinter den Kameras Sprüche reißt.

Allein unter mächtigen Männern – auch Barbara Stamm kennt diese Situationen. Für die CSU-Politikerin und ehemalige Landtagspräsidentin ist klar: Merkel ist eine Feministin. Wenn auch eine wider Willen. „Natürlich, sie hat sich nicht immer lautstark für Frauen eingesetzt, aber als Frau war sie automatisch für alle ein Vorbild“, sagt sie. „Sie hat gezeigt: Man kann als Frau Kanzlerin sein, man kann sich als Frau großes Ansehen erwerben. Allein dadurch war sie für uns Frauen ein Vorbild.“ Dabei habe man es ihr wahrlich nicht leicht gemacht.

Nummer acht: Nach sieben Männern ist Angela Merkel die erste Frau, die ins Kanzleramt einzieht – wie ihr Entdecker Helmut Kohl wird sie 16 Jahre dort bleiben.
Foto: Jens Büttner, dpa (Archivbild)

Immer wieder erlebt Angela Merkel, wie mühsam der Kampf gegen machohafte Allüren sein kann. Als sie sich im Jahr 1993 dafür einsetzt, dass sexuelle Belästigung unter Strafe gestellt wird, zitiert der Spiegel den damaligen CSU-Entwicklungshilfeminister Carl-Dieter Spranger: „Wissen Sie, Mädel, wenn ich Sie nicht so nett fände, würde ich ja für diesen Stuss gar nicht stimmen.“ Auch bei ihrem ersten Versuch, die Kanzlerkandidatin der Union zu werden, muss sie erkennen, wie hart man sich den Kopf an der gläsernen Decke stoßen kann. „Damals wurde ihr der Weg nicht frei gemacht“, erinnert sich Barbara Stamm. Die Männerbünde in der Union hatten andere Pläne. „Man hat ihr das nicht zugetraut und ihr die Kanzlerkandidatur verwehrt“, sagt Stamm.

Merkel hat ihre Weiblichkeit selbst nie zum Thema gemacht

Dass sie in einer stark männlich dominierten Partei doch noch die ganz große Karriere macht, liegt wohl weniger daran, dass sich das Weltbild in der Union gewandelt hat. Es liegt in den Charakterzügen Merkels selbst, die mit stoischer Geduld und Pragmatismus ihren Weg gegangen ist. „Zur Politik gehört auch ein gewisser Machtanspruch – im guten Sinne“, sagt Stamm. Und den habe Angela Merkel stets für sich in Anspruch genommen. „Komischerweise wurde das viel kritischer betrachtet, als das bei einem Mann der Fall gewesen wäre“, sagt Stamm. „Aber ohne diesen Machtanspruch kann man in einer politisch verantwortlichen Position nicht bestehen.“

Barbara Stamm hat in ihrer langen Zeit in der Landespolitik immer wieder beobachtet, dass Frauen anders behandelt werden als Männer.
Foto: Rolf Poss (Archiv)

Vielleicht hat es ihr dabei sogar genutzt, dass sie selbst sich nie als Feministin gesehen hat, dass sie ihre Weiblichkeit nie zum Thema gemacht hat. So wie Merkel ihre Arbeit uneitel in den Dienst des Landes gestellt und sich als Mensch zurückgenommen hat, sollte auch ihr Geschlecht keine Rolle spielen. Ganz so, als ob der Feminismus sein Ziel schon erreicht hätte. Um in einem Männerbund aufzugehen, hat sie die Frauenfrage ausgeklammert, vielleicht sogar geopfert. Und doch gibt es da eben auch diese weiche Seite der Angela Merkel, die sich zunächst in der Flüchtlingskrise und jetzt während der Corona-Zeit gezeigt hat. „In der Pandemie-Zeit haben wir eine andere Angela Merkel erlebt“, sagt Barbara Stamm. „Eine, die sich um die Menschen gesorgt hat. Das hätten viele nicht vermutet. Sie hat nicht lockergelassen und hat sich gekümmert, sie hat sich ihre Sorge nicht nehmen lassen, auch wenn das nicht immer gut ankam und sie kritisiert wurde.“

Merkels Erfolg ist für manche Männer Provokation genug

Deutschlands bekannteste Feministin, Alice Schwarzer, hat Merkel gar ein eigenes Kapitel in ihrem Buch „Lebenswerk“ gewidmet. Auch wenn sie manchmal enttäuscht gewesen sei, erklärt Schwarzer da, enttäuscht, dass Merkel sich nicht stärker gegen die konservativen Männer aufgelehnt hat, dass sie sich nie hingestellt und sich als Feministin bezeichnet hat – heute habe sie Verständnis. „Es ist schon Provokation genug, dass ,Kohls Mädchen‘ nun Kohls Erbin geworden ist. Nicht nur Friedrich Merz knirscht mit den Zähnen. Also will Merkel jetzt, auf halbem Wege, nicht auch noch die Frau raushängen lassen – so wenig wie den Ossi.“

Alice Schwarzer, Journalistin, Publizistin und Gründerin sowie Herausgeberin der Frauenzeitschrift "Emma", ist bekennende Merkel-Bewunderin.
Foto: Oliver Berg, dpa (Archivbild)

So gnädig wie heute war Schwarzers Blick nicht immer. Im Sommer 2003 kürt ihre Zeitschrift Emma Merkel zum „Pascha des Monats“, weil sie sich in der Debatte um den Irakkrieg auf die Seite von George Bush stellt. Doch am Ende beeindruckt ausgerechnet Angela Merkels vermeintlich „unweiblicher“ Stil – weil sie sich den Rollenbildern widersetzt, die sie erfüllen soll.

Sogar die Grünen loben Angela Merkel

Und selbst bei den Grünen hat man ein Lob für die Physikerin aus der Uckermark übrig. „Angela Merkel war die erste Frau im Kanzler*innenamt und ist sicher ein Vorbild für Frauen, sich ihren Platz am Tisch zu erkämpfen“, sagt Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende ihrer Partei im Bayerischen Landtag. „Viele fragen sich ja jetzt, ob ein Mann überhaupt Bundeskanzlerin werden kann.“ Merkel habe gezeigt, dass es in der Politik nicht um One-Man-Shows geht, sondern darum, alle Verhandlungspartnerinnen und Verhandlungspartner an einen Tisch zu bekommen und gemeinsam eine Lösung zu finden. „Mit ihrem Abgang endet jetzt natürlich eine Ära – und gleichzeitig öffnet sich viel Raum für Neues“, sagt Schulze. „Darauf freue ich mich!“ Ihre Kritik zielt vor allem auf Fehler beim Klimaschutz ab.

 Was all das heißt? Dass zumindest ihr Erbe durchwachsen ist. So wie auf den schwarzen US-Präsidenten Barack Obama mit Donald Trump ein Rassist im Weiße Haus folgte, wird auch mit der ersten Kanzlerin die Gleichstellung nicht abgeschlossen sein. Mit der AfD steigt in ihrer Kanzlerschaft eine explizit antifeministische Partei auf. Die Zahl der CDU-Frauen, die nach Angela Merkel in die erste Reihe drängen, ist überschaubar. Und doch hat Merkel ihren Platz in den Geschichtsbüchern sicher. Alice Schwarzer schließt ihr Kapitel über die 67-Jährige so: „Ob Angela Merkel nun will oder nicht: Sie entkommt dem Frausein nicht, weder für ihre Gegner noch für ihre Anhänger – für die Mädchen und Frauen dieser Welt ist sie eine Ikone.“