Anti-Euro-Vereinigung wird zur Partei
Die „Alternative für Deutschland“ stößt mit ihrer Forderung nach einer Rückkehr zur D-Mark auf starke Resonanz. Den Vorwurf des Rechtspopulismus weist sie allerdings zurück.
Früh schon prangerte er öffentlich den „Irrweg“ der Kanzlerin bei der Euro-Rettung an. „Die Bundesrepublik wird erpressbar“, warnte er bereits im April 2011, als es „nur“ um den Rettungsschirm für das vor der Pleite stehende Griechenland ging. Damals war Bernd Lucke, seit 1998 Professor für Makroökonomie an der Uni Hamburg, noch CDU-Mitglied. Das Hilfspaket habe zwangsläufig eine „schleichende Vergemeinschaftung der Schulden“ zur Folge, kritisierte er.
„Alternative für Deutschland“ will sich am Sonntag offiziell gründen
Für sich selber zog der 50-jährige Bernd Lucke, der in Bonn und Berkeley studiert, in Vancouver und Berlin gearbeitet und für die Weltbank und die OECD Studien verfasst hatte, die Konsequenzen: Aus Protest gegen die aus seiner Sicht verfehlte Rettungspolitik der Kanzlerin trat der Vater von fünf Kindern nach 33-jähriger Mitgliedschaft aus der CDU aus und rief das „Plenum der Ökonomen“ ins Leben, das sich gegen den dauerhaften Rettungsschirm ESM aussprach. Und er gehörte zu Jahresbeginn zusammen mit zahlreichen Wirtschaftsprofessoren und mehreren Vertretern des konservativen Flügels der CDU zu den Mitbegründern der „Alternative für Deutschland“ (AfD), die sich auf einem Parteitag am Sonntag offiziell als Partei gründen will.
Mit ihrem Slogan „Schluss mit diesem Euro!“ und der Forderung, jedem Staat ein Ausscheiden aus dem Euro zu ermöglichen und notfalls zur D-Mark zurückzukehren, sind Lucke und seine Mitstreiter wie der frühere hessische CDU-Staatssekretär Alexander Gauland oder Ex-BDI-Chef Hans Olaf Henkel auf beachtliche Resonanz gestoßen. Innerhalb weniger Wochen gewann die AfD rund 7500 Mitglieder, zahlreiche Freie Wähler wechselten die Seite, bei einer Umfrage am Wochenende sagten 24 Prozent der Befragten, sie könnten sich vorstellen, einer Anti-Euro-Partei ihre Stimme zu geben. „Der Zustrom ist gewaltig“, sagt Lucke, der am Sonntag zum Parteichef gewählt werden soll, „unsere Mitglieder sind überwiegend akademisch geprägt, stehen in der Mitte des Lebens oder darüber und sind überwiegend männlich.“ Nach internen Berechnungen waren 600 Neumitglieder früher in der CDU, 130 in der CSU und 372 in der FDP sowie 346 in der SPD, 91 bei den Piraten und 67 bei den Grünen.
Union und FDP sehen Gründung mit Sorge
Kein Wunder, dass Union und FDP die Parteineugründung mit einer Mischung aus Sorge, Skepsis und Ablehnung beobachten. „Ich nehme jede Konkurrenz ernst“, sagt CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder, „wir unterschätzen die neue Bewegung nicht“, sagt FDP-Generalsekretär Patrick Döring. Beiden ist die Landtagswahl in Niedersachsen Mahnung und Warnung. Im Januar waren Freie Wähler und Wahlalternative ein Bündnis eingegangen, das zwar nur auf 1,1 Prozent kam, doch das waren genau jene Stimmen, die der schwarz-gelben Koalition am Ende fehlten. Führende Christ- wie Freidemokraten kritisieren daher das Programm der „Alternativen“ und werfen ihnen Populismus vor. Eine Rückkehr zur D-Mark „schadet vor allem Deutschland“, sagt Kauder. Wegen der sofort stattfindenden Aufwertung wären die deutschen Exporte gefährdet – „und damit tausende von Arbeitsplätzen“. Zudem habe die Partei programmatisch außer dem Nein zum Euro wenig zu bieten. Reine Protestparteien mit nur einem Thema hätten „auf Dauer keinen Bestand“, urteilt FDP-Generalsekretär Döring.
Den immer wieder erhobenen Vorwurf, die neue Partei sei rückwärtsgewandt und argumentiere rechtspopulistisch, weist Parteigründer Bernd Lucke entschieden zurück. „Mit populistischen Parteien in anderen Ländern haben wir nichts zu tun“, zudem lehne die Partei jede Art von Ausländerfeindlichkeit ab, es gebe klare Abgrenzungsbeschlüsse zu rechtsextremen Parteien. Die AfD, so Lucke, bekenne sich zu Europa und strebe eine politische Union an, auch mit Blick auf eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Gescheitert sei hingegen die Konstruktion des Euro-Währungsraumes.
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