Antisemitismus: Felix Klein fordert Verschärfung des Demonstrationsrechts
Der Antisemitismusbeauftragte möchte Demonstrationen leichter untersagen können. Behörden sollen bei antisemitischen Parolen schneller einschreiten.
Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, macht sich für eine Verschärfung des Demonstrationsrechts stark. "Es sollte nach meinem Dafürhalten künftig leichter möglich sein, Demonstrationen zu untersagen, bei denen von vornherein klar ist, dass antisemitische Inhalte verbreitet werden und das Existenzrecht Israels infrage gestellt wird", sagte Klein der Deutschen Presse-Agentur. "Dies ergibt sich auch aus dem Auftrag der Bundeskanzlerin, dass die Verteidigung des Existenzrechts Israels Teil der deutschen Staatsräson ist."
Als Beispiele für Vergehen nannte Klein das Verbrennen israelischer Flaggen, das Skandieren von Parolen wie "Tod Israels" oder "Nazistaat Israel" oder das Zeigen von Landkarten, auf denen Israel nicht existiert.
Die Landes-Innenminister sollen über den Vorstoß beraten
Klein sagte, er empfehle den Innenministern der Länder, darüber zu beraten. Die Ressortchefs kommen an diesem Mittwoch im sachsen-anhaltischen Quedlinburg zusammen, das Treffen endet am Freitag. Auf Antrag des Gastgebers soll auch ein geschlossenes Zeichen gegen Antisemitismus gesetzt werden.
Es gehe um eine Verurteilung von Straftaten ebenso wie von Alltags-Antisemitismus, sagte Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU). Derzeit sei leider eine Zunahme von antisemitischen Vorfällen zu beobachten. "Ich möchte, dass hier 16 Landesinnenminister und ein Bundesinnenminister Hand in Hand sagen: Das geht so nicht."
Polizisten sollen Antisemitismus bei Demonstrationen erkennen
Der Bundestag hatte im Januar in einer Resolution von Union, SPD, FDP und Grünen seinerseits eine Überprüfung des Straf- und Versammlungsrechts gefordert. Es müsse möglich sein, wirksam gegen das Verbrennen der israelischen Flagge und gegen antisemitische Ausschreitungen vorzugehen. Auch die AfD unterstützte die Resolution, die Linke enthielt sich.
Klein empfahl zudem eine gezielte Fortbildung von Polizisten, damit diese Antisemitismus etwa bei Demonstrationen erkennen könnten. "Insbesondere die Abgrenzung von zulässiger Kritik an Handlungen der israelischen Regierung zu antisemitischen Äußerungen ist oftmals schwierig", sagte Klein.
"Die Innenminister sollten daher das Fortbildungsangebot für Polizeibeamte ergänzen und insbesondere darauf dringen, dass die von der Bundesregierung im September letzten Jahres verabschiedete "Arbeitsdefinition Antisemitismus" konsequent von allen Polizeidienststellen angewandt wird."
Der muslimisch motivierte Antisemitismus ist ein Problem
Die Bundesregierung hat im September beschlossen, sich der internationalen Definition von Antisemitismus der Internationalen Allianz für Holocaustgedenken anzuschließen. "Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann", heißt es darin. Dies könne sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nichtjüdische Einzelpersonen, ihr Eigentum sowie gegen jüdische religiöse Einrichtungen wenden.
Erneut plädierte Klein auch für eine Überprüfung der polizeilichen Kriminalstatistik. Nach der aktuellen Kriminalstatistik würden über 90 Prozent der antisemitischen Straftaten dem rechtsradikalen Umfeld zugeordnet. Wenn kein Urheber ermittelt werden könne, würden Taten diesem Milieu zugeschrieben. "Es gibt ernstzunehmende Hinweise darauf, dass das nicht der Realität entspricht und insbesondere der muslimisch motivierte Antisemitismus deutlich höher ist", so Klein.
Am Donnerstag und Freitag wird Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zu den Gesprächen in Quedlinburg erwartet. Er soll seine Länderkollegen unter anderem über den Stand bei der Aufarbeitung der Affäre um Asylbescheide in der Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) informieren.
Ein Thema werden auch die geplanten Ankerzentren sein
Gesprächsbedarf gibt es auch zu dem von Seehofer geplanten Ankerzentren, in denen Schutzsuchende das gesamte Asylverfahren über bleiben sollen. Die meisten Länder wollen bei dem Vorhaben bisher nicht mitmachen.
Hamburgs Innensenator Andy Grote verlangte von Seehofer genauere Informationen zu den Ankerzentren. "Ich muss doch einschätzen können, ob das, was kommen soll, besser und vernünftiger ist, als das, was wir bisher haben", sagte der SPD-Politiker der Bild (Mittwoch). Er forderte Seehofer zugleich auf, unter anderem mehr dafür zu tun, dass Rückführungsabkommen etwa mit Staaten Nordafrikas funktionierten. (dpa)
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