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Bundespräsident: Auslands-Pressestimmen: Wulffs Schicksal liegt in Merkels Händen
Bundespräsident
06.01.2012
Auslands-Pressestimmen: Wulffs Schicksal liegt in Merkels Händen
Auch das Ausland beschäftigt sich mit dem deutschen Bundespräsidenten Christian Wulff. Da wird sogar von einer möglichen Verfassungsänderung geschrieben.
Le Figaro (Frankreich): Das Jahr 2012 beginnt für den deutschen Bundespräsidenten so schlecht wie das Jahr 2011 aufgehört hat. Christian Wulff scheint so isoliert zu sein wie nie zuvor. (...) Die Enthüllungen über seine direkte Einflussnahme (auf die Presse) sind so verfänglich, weil er in seinem dem Wesen nach ehrenamtlichen Amt eigentlich eine moralische Autorität im Land verkörpern sollte. Die Medienwelt, allen voran die konservative Presse, straft Wulff mit herber Kritik. (...) Die sozialdemokratische Opposition fordert nun seinen Rücktritt, während die Konservativen und Liberalen Erklärungen verlangen. Wulffs Schicksal liegt in den Händen von Angela Merkel.
Trud (Bulgarien): Der deutsche Präsident Christian Wulff überlebte eine brisante Affäre Ende 2011 um einen 500 000 Euro-Kredit von einem Freund und ein zinsgünstiges Bankdarlehen, doch er könnte seinen Posten wegen einer versuchten groben Einmischung in die Arbeit einer Zeitung verlieren. Das Staatsoberhaupt bestand vor dem Chefredakteur der auflagenstärksten Zeitung "Bild", Kai Diekmann, darauf, dass dieser eine Veröffentlichung um die Affäre mit dem Kredit von dem Freund stoppt und drohte sogar mit einem endgültigen Bruch der Beziehungen des Präsidialamtes zur Zeitung.(...) Die Enthüllungen über Drohungen an die Presse könnten ihn (Wulff) nun daran hindern, sein Mandat zu Ende zu führen, meinen Analysten.
Neue Zürcher Zeitung (Schweiz): Ein Präsident, der die unfassbare Dummheit begeht, angesichts einer drohenden Blamage wie Rumpelstilzchen zu toben und seine Suada auch noch auf einer Mailbox zu hinterlassen, verströmt nicht die Würde, die das Amt erfordert. Und wenn er sich darüber beklagt, dass seine Auslassungen publik werden, klingt das schal. Bundeskanzlerin Merkel will wohl, pragmatisch wie immer, abklären, ob der Koalition ein Verbleiben Wulffs im Amt grösseres Ungemach bereitete als seine zügige Ersetzung durch einen Kandidaten mit mehr Statur. Zu welchem Resultat sie kommen wird, ist nicht etwa ausgemachte Sache. Namhafte Politologen weisen darauf hin, dass sich Wulff mit einer zweiten persönlichen Erklärung durchaus im Amt halten könnte. Die politische Klasse lechzt nicht gerade nach einer Neuwahl, und die Masse mag das Staatsoberhaupt noch immer. Das alles wird Merkel, deren Stimme grosses Gewicht hat, berücksichtigen.
De Telegraaf (Niederlande): Selbst der Chefredakteur des grundsoliden Deutschlandfunks nannte Staatsoberhaupt Christian Wulff "für immer beschädigt". Doch nicht allein der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat das Vertrauen in Wulff verloren. Auch mit der Unterstützung von Kanzlerin Angela Merkel, eines wichtigen Teils der Regierungsparteien CDU und FDP, des Restes der Medien und - nicht unwichtig - der Bürger kann er kaum noch rechnen. (...) Die Affäre Wulff ist auch zu einem Problem für Merkel geworden. Sie hatte ihrem Parteifreund zum höchsten Amt verholfen. So war sie auf einen Streich einen potenziellen Konkurrenten losgeworden. "Wulff hat einen moralischen Kompass", urteilte die Pfarrerstochter aus der einstigen DDR bei seiner erfolgreichen Wahl. Doch Wulff hat sein Fingerspitzengefühl verloren. Selbst seine eigenen Parteifreunde lassen ihn im Stich.
Le Monde (Frankreich): Kann dieser Präsident in äußerster Bedrängnis im Amt bleiben? Zahlreiche Kommentatoren in Deutschland bezweifeln dies. Doch bis jetzt wird der Präsident anscheinend sowohl von Angela Merkel als auch von der Opposition unterstützt, besonders von der SPD. Offiziell wollen die Sozialdemokraten vermeiden, dass zum zweiten Mal innerhalb von zwei Jahren ein Staatspräsident sein Amt aufgibt. Die Realität ist vielleicht viel prosaischer. Die Abgeordneten haben Wulff 2010 für fünf Jahre gewählt. Da die SPD auf einen Wahlsieg 2013 hofft, hat sie kein Interesse an einer vorgezogenen Wahl für einen neuen konservativen Präsidenten, der im Prinzip bis 2017 amtieren könnte.
Die Presse (Österreich): Mit dem zweiten Rücktritt innerhalb so kurzer Zeit wäre das Amt des Bundespräsidenten schwer beschädigt. Die Folge wäre vermutlich eine Verfassungsänderung. Der nächste Bundespräsident müsste vom Volk gewählt werden.
Der Standard (Österreich): Zwar ist auch die Wahl des Staatsoberhaupts durch den Souverän keine Garantie für unproblematische Entscheidungen. (...) Dennoch gilt, dass ein vom Volk gewählter Präsident, eine Präsidentin in demokratischen Grundsatzfragen wie in Krisensituationen mehr Gewicht hat. Und im Zweifelsfall wird man sagen können, das Volk habe eben das Staatsoberhaupt, das es verdient. Nur Zyniker würden behaupten, dass dies auch im Fall Wulff gilt. AZ
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