Bayerns neuer Sparkassen-Chef startet in schwierigen Zeiten
Bisher vertritt der frühere Kemptener Oberbürgermeister Ulrich Netzer die Institute im Freistaat. Jetzt steht anscheinend der Nachfolger fest.
Ein Unterfranke wird wohl künftig als Präsident des Sparkassenverbandes die noch 64 Sparkassen in Bayern vertreten: Dem Vernehmen nach wollte der Verwaltungsrat des Sparkassenverbandes am Mittwoch den derzeitigen Aschaffenburger Landrat und CSU-Politiker Ulrich Reuter zum Nachfolger des aktuellen Amtsinhabers Ulrich Netzer wählen. Der frühere Kemptener Oberbürgermeister Netzer steht seit Mai 2014 an der Spitze der Sparkassen.
Der Verband wollte die interne Wahl zunächst nicht bestätigen. Reuter hatte allerdings schon vor rund einem Jahr sein Interesse an dem attraktiven Posten bekundet. Der 57-Jährige kandidiert bei der Kommunalwahl auch nicht mehr als Landrat. Der Amtswechsel an der Spitze des Sparkassenverbandes steht zum Jahreswechsel 2020/2021 an.
Der amtierende Präsident Netzer stellte am Mittwoch eine gemischte Jahresbilanz der Sparkassen vor: Zwar sei das Kreditgeschäft stark gewachsen. Das Ergebnis der 64 Institute sei aber wegen der Nullzinsen weiter unter Druck: So sei etwa der Zinsüberschuss als wichtigste Ertragsquelle von rund 3,7 Milliarden Euro noch 2015 auf nur noch 3,2 Milliarden Euro gesunken. Unter dem Strich blieb allerdings ein Jahresüberschuss nach Steuern von 441 Millionen Euro – mehr als die 332 Millionen Euro Gewinn im Jahr 2018. Der Zuwachs sei allerdings vor allem auf die gestiegenen Kurse von Wertpapieren zurückzuführen.
Sparpotenzial weitgehend ausgeschöpft
Ein großes Problem für die Sparkassen sind laut Netzer die hohen Sichteinlagen der Kunden auf Girokonten. Deren Gesamtsumme stieg gegenüber 2018 um mehr als neun Prozent auf 97,4 Milliarden Euro. „Das Verwahren dieser Sichteinlagen ist eine Belastung für unser Ergebnis“, erklärte Netzer: Weil dieses Geld immer kurzfristig verfügbar bleiben muss, dafür aber keine Zinsen zu erzielen sind, entstünden den Sparkassen enorme Kosten.
Flächendeckende Strafzinsen für kleinere Einlagen müssen die Sparkassenkunden laut Netzer dennoch künftig nicht fürchten. Bei auf Girokonten geparkten Summen über 100.000 Euro blieben Negativzinsen allerdings eine Option. Wer Geld auf Girokonten ungenutzt „herumlungern“ lasse, verzichte zudem auf Kapitalerträge, sagte Netzer. Auch in Zeiten niedriger Zinsen gebe es etwa mit Wertpapieren „gute Anlagemöglichkeiten mit vertretbarem Risiko“.
Trotz der Ertragsschwäche sieht Netzer das Sparpotenzial der Institute selbst weitgehend ausgereizt: In den letzten fünf Jahren haben Bayerns Sparkassen rund 7000 Stellen abgebaut, sie beschäftigen derzeit noch rund 36.600 Mitarbeiter. Das in den letzten zehn Jahren um rund ein Viertel geschrumpfte Netz der Geschäftsstellen soll zudem möglichst erhalten bleiben: „Die Präsenz in der Fläche bleibt uns wichtig“, beteuerte Netzer.
Weitere Kosten-Entlastung erhofft er sich durch ein bundesweit diskutiertes „Zentralinstitut“ der Sparkassen: Auch Bayerns Sparkassen bräuchten „deutlich mehr zentrale Elemente“, um ihre Präsenz in der Fläche erhalten zu können. Welche dies sein könnten, wollte Netzer nicht verraten. Die Gespräche im deutschen Verbund der Sparkassen müssten jedoch zügig vorangetrieben werden, forderte Netzer: „Wir sind bereit, diese Frage sehr konstruktiv zu diskutieren.“
Die Diskussion ist geschlossen.