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Interview
05.09.2019

Brexit-Chaos in Großbritannien: "England ist auf der Intensivstation"

Der Brexit: Dunkle Wolken über London.
Foto: Ralf Lienert

Der Journalist Thomas Kielinger lebt seit über 20 Jahren in London. Im Interview erklärt er, wie er zu seinem harten Urteil kommt.

Seit nunmehr drei Jahren spukt der Brexit nicht nur in den britischen Köpfen herum. Seitdem Boris Johnson Premierminister ist, haben sich Tonfall und Tempo der Debatte noch einmal verschärft. Wie ist die Situation auf der Insel?

Thomas Kielinger: England ist auf der Intensivstation.

Ein hartes Urteil – wie konnte es dazu kommen?

Kielinger: Das heutige Personal in der Regierungsverantwortung ist der Endpunkt einer langen Geschichte, . Damals hat natürlich nicht das „Volk“ gesprochen, wie die Brexiteers bis heute behaupten. Schließlich ging das Referendum damals denkbar knapp mit 52 zu 48 Prozent für den Brexit aus. In der Folgezeit wurden die Animositäten und die Aufregung innerhalb der britischen Politik größer. Man hat einen Endpunkt gesucht und nicht gefunden. Als Theresa May gestürzt wurde, kamen die entschiedensten Brexiteers ans Ruder. Die Tories haben sich von Fall zu Fall weiter radikalisiert, so dass heute ein Austritt ohne Abkommen denkbar scheint.

Der sogenannte „No-Deal“, den Boris Johnson vehement androht. Wie kommt solch ein Politiker bei den Briten an?

Kielinger: Boris Johnson ist ein geborener Volkstribun. Ein großer Rhetoriker, ein großer Schauspieler. Charismatisch – aber auch ein Vabanquespieler. Insofern ein typischer Vertreter seiner Klasse.

Was meinen Sie damit?

Kielinger: Johnson gehört zur britischen Oberschicht – wie insgesamt 64 Prozent seines Kabinetts. Das ist ein elitärer Zirkel, der die gleichen Privatschulen und Universitäten besuchte – oft Oxford oder Cambridge. In diesen Kreisen wird schon den Schülern das Gefühl vermittelt, sie seien etwas besser. Dass sie später Verantwortung für ihr Land zu übernehmen hätten. Das herausgehobene Stellungen und Führungspositionen quasi ihr Geburtsrecht seien. Niemand vermittelt das besser als Jacob Rees-Moog.

Der Vorsitzende des Unterhauses, Jacob Rees-Mogg.
Foto: House Of Commons/PA Wire/dpa

Der sich am Dienstagabend im Parlament schlafend stellte?

Kielinger: Genau der. Ein unglaublicher Affront – stellen Sie sich das vor, da lümmelt sich ein Abgeordneter im Unterhaus über drei Sitze hinweg. Wie ein Spätabkömmling der Aristokratie des 18. Jahrhunderts – lässig, erhaben, exzentrisch. Eine Herausforderung erster Art für das Parlament. Es ist zwar ein Fauxpas, aber überraschenderweise nicht so, wie man in Deutschland glauben würde.

Sondern?

Kielinger: Würde ein Parlamentarier bei uns sich ähnlich verhalten, wäre seine politische Karriere, zumindest vorübergehend, vorbei. Die Briten sind aber noch immer eine Klassengesellschaft. Es gibt noch immer Menschen, die Politikern wie Rees-Moog zustimmen, wenn dieser seine vermeintliche Überlegenheit demonstriert. Mit seinem Auftreten und seinem nasalen „King’s English“. Das gleiche gilt für Johnson. Er hatte ja bereits als Bürgermeister von London etliche Allüren an den Tag gelegt.

Für uns eine absurde Vorstellung, solche Politiker anzuerkennen.

Kielinger: Großbritannien ist eben eine Theaternation – „all the world is a stage“ (Die Welt ist eine Bühne) wie Shakespeare gesagt hat. Die Briten lieben exzentrische Aufführungen.

Die Briten bevorzugen also nicht immer das berühmte Understatement?

Kielinger: Absolut. Sie scheuen sich nicht, sich auch mal zu exponieren. Politiker haben kein Problem damit, alle Register zu ziehen, die Individualität und Exzentrik erlauben. Im Privaten gilt Understatement, in der Öffentlichkeit punktet die Exzentrik.

Ist das ein Oberklasse-Ding? Ähnlich wie buntgestreifte Tweed-Jackets?

Kielinger: Es ist definitiv ein Oberklasse-Ding. Das hängt mit dem Bewusstsein der Elite zusammen, die glaubt, sich so etwas erlauben zu können. Johnson, wie übrigens auch der Ex-Premier David Cameron, gehörte in Oxford zum „Bullingdon Club“. Der ist dafür berühmt, einmal im Jahr völlig auszurasten und ein Restaurant kurz und klein zu schlagen.

Absonderlich.

Kielinger: Die oberste Klasse auf der Insel fühlt sich eben berechtigt, solche Dinge tun zu dürfen.

Und der Dockarbeiter aus Liverpool oder Manchester findet das gut?

Kielinger: Die Gesellschaft ist bei solchem Verhalten gespalten. Aber Briten hängen an ihren Traditionen – so musste George Orwell 1937 feststellen, dass der damalige König George V. die treuesten Anhänger in den Arbeitervierteln Londons hatte. Die Institution Monarchie ist ein absoluter Fixpunkt in der britischen Gesellschaft. Da spielt das Verhältnis zur Oberklasse mit rein.

Welche Beziehung haben die Briten zu ihrer Verfassung? Die gibt es ja immerhin nicht in schriftlicher Form.

Kielinger: Die Verfassung lebt in England einerseits vom „common law“, also tradiertem Gewohnheitsrecht, was durchaus Jahrhunderte alt sein kann. Denken Sie an den Rechtsgrundsatz „Habeas Corpus“, der Gleichheit vor dem Gesetz garantiert und im 13. Jahrhundert festgehalten wurde. Übrigens wieder etwas, woran man die tiefe Verankerung von Traditionen in der britischen Gesellschaft messen kann. Und andererseits lebt die Verfassung von Präzedenzfällen, die Parlament oder Gerichte schufen und schaffen. Einen solchen Präzedenzfall erleben wir gerade.

Wie kann man das verstehen?

Kielinger: Als Boris Johnson beschloss, das Parlament über das übliche Maß hinaus zu beurlauben, regte sich Widerstand. Johnson hat alles auf eine Karte gesetzt, weil er unbedingt den No-Deal Brexit wollte. Eine Mehrheit im Unterhaus hatte er dafür nicht. Der britische Premierminister ist außerordentlich machtvoll. So bringt in der Regel Downing Street die Gesetze im Unterhaus ein, nicht die einzelnen Parteien. In Deutschland kann der Bundestag Gesetze initiieren, das Unterhaus in England nicht. Doch nun hat sich der Sprecher des Parlaments, John Bercow, von seiner Neutralität gelöst. Er hat den Parteien im Parlament erlaubt, ein Gesetz von sich aus einzubringen – um so den No Deal abzuwenden. Eine verfassungsmäßige Novität.

In London bringt also die Exekutive die Gesetze ein?

Kielinger: Exakt. Jetzt haben wir eine neue Verfassungslage, weil eine Notdebatte stattfinden kann, die Johnson das Heft des Handelns aus der Hand nimmt. Das ist die Lage in dieser Woche, ein tiefer Verfassungskonflikt zwischen Legislative und Exekutive.

Die Situation ist also verfahrener als je zuvor?

Kielinger: Noch viel mehr als das. Johnson hat den Parlamentarismus massiv geschädigt durch seinen Versuch, das Parlament verstummen zu lassen. Im Unterhaus bezeichnete man ihn am Mittwoch gar als Diktator. Johnson schiebt dem Parlament nun den schwarzen Peter zu und behauptet, die Vertretung des Volkes würde den Willen des Volkes – den Brexit – nicht vollziehen. Das wirft einen tiefen Schatten auf die Zukunft der Demokratie in Großbritannien.

Wieso ist der Brexit überhaupt so verlockend für viele Menschen?

Kielinger: Eine Insel ist ein souveräner Platz auf dem Erdball, mit Abstand zu anderen Ländern. Eine Insel ist ein Opt-Out zum Kontinent. Und diese Souveränität spielt in der Mentalität der Briten seit Jahrhunderten die entscheidende Rolle. Sie müssen sich vorstellen, seit fast tausend Jahren hat kein Feind die Insel erobert. Schon die große Königin Elizabeth I. hielt im 16. Jahrhundert ihre Souveränität und die ihres Volkes gegenüber anderen europäischen Herrschern ausdrücklich hoch. Schauen Sie auf ihre Armada-Rede anno 1588 – diesen Fehdehandschuh gegen die Großmacht der Zeit, Spanien, das eine Flotte zur Eroberung Englands rüstete. Hinzu kommt: Die Briten sind eine Seefahrernation. Das bringt Wagnis und Gleichmut gegenüber manchen Fährnissen des Schicksals mit sich. Ich möchte mir gar nicht ausmalen, wie es in Deutschland aussähe, befände sich das Land in einer ähnlichen Lage wie England mit dem Brexit. Hier gehen die meisten Menschen relativ ruhig ihrem Tagesgeschäft nach: „well, so what?!“ heißt es immer – man habe schon ganz andere Krisen überstanden. Wissen Sie, welche Google-Suchanfrage am Tag nach dem Brexit-Referendum am öftesten gestellt wurde?

Der Journalist und Autor Thomas Kielinger lebt seit über 20 Jahren in England.
Foto: Thomas Kielinger

Nein.

Kielinger: „What is the EU?“ (Was ist die EU?) Das müssen Sie sich mal vorstellen. Ignoranz gehört zum Zustand der Insel. An einem Tag treten sie aus, am nächsten Tag fragen sie sich, woraus überhaupt. Unwissenheit verrät auch Arroganz. Bereits Bismarck zeigte sich bei einem Besuch in London verwundert darüber, dass die Briten zwar viel über Japan und die Mongolei wüssten, aber so gar nichts über Preußen. Für viele Briten ist das Empire mentalitätsmäßig noch immer näher als Europa, die Europäische Union.

Zur Person: Thomas Kielinger ist Journalist und Autor zahlreicher Bücher. Er lebt seit mehr als 20 Jahren in England. Sein aktuellstes Werk heißt „Die Königin. Elisabeth I. und der Kampf um England“ Es ist im C.H. Beck Verlag erschienen und kostet 24,95 Euro.

Lesen Sie dazu auch: Stolz und stur: So ticken die Brexit-Befürworter

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