Bürokratie killt Investition
Regierung kommt mit Gesetz nicht voran
Wer von Berlin nach Bayern reist und die baulichen Zustände in der Bundes- mit denen der Landhauptstadt vergleicht, kann über die prächtigen Münchner Verhältnisse nur staunen. Der Süden schneidet besser ab als der Osten, zumindest im ersten Eindruck.
Aber nicht nur die Berliner fluchen über kaputte Straßen und marode Schulen, Beschwerden gibt es auch in Bayern zu hören. Dabei sind die vorhandenen Summen für Investitionen gar nicht mal klein. Die Dauerbaustellen der Republik gehen vielmehr auf das Konto überbordender Bürokratie.
Dass viele Milliarden Euro einfach so rumliegen und nicht verbraucht werden, wie es eine Boulevardzeitung am Montag berichtete, stimmt in dieser Absolutheit nicht. Auf rund 20 Milliarden Euro bezifferte der Bericht den Investitionsstau, allerdings handelt es sich bei diesem Geld um Sondervermögen bzw. Sonderfonds des Bundes, die für mehrere Jahre angelegt sind. „Das bedeutet: Die Mittel sollen auch nicht unbedingt im ersten Jahr abfließen, sondern für den gesamten Zeitraum des Fonds zur Verfügung stehen“, erklärte eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums.
Zu den bekanntesten staatlichen Töpfen gehört der im Sommer 2015 aufgelegte „Kommunalinvestitionsförderungsfonds“ mit 3,5 Milliarden Euro. Damit können finanzschwache Kommunen und Stadtstaaten ihre Wirtschaftsstruktur stärken. Wie attraktiv das Programm für die Kämmerer ist, zeigen folgende Zahlen: Seit der Fondsgründung am 20. August 2015 haben die Länder 1,3 Milliarden Euro oder rund 37 Prozent des Geldes abgerufen. Zum Stichtag 30. Juni 2018 waren nach Angaben des Bundesfinanzministeriums 3,3 Milliarden Euro, also rund 94 Prozent der Finanzhilfen, schon verplant.
Nicht ganz so gut sieht es beim Schulsanierungsprogramm aus. Dieser Topf ist ebenfalls mit 3,5 Milliarden Euro gefüllt und soll der Sanierung, dem Umbau oder der Erweiterung von Schulen dienen. Bislang wurden aber erst 19 Millionen Euro in fünf Bundesländern abgerufen. Die Aussagekraft dieser Zahl ist jedoch begrenzt, weil der Mittelabfluss frühestens mit der Rechnungslegung erfolgt.
Doch zur Wahrheit gehört auch, dass die „Planungsverfahren und die Kapazitäten durchaus ausgelastet sind“, wie die Sprecherin des Finanzministeriums einräumte. Laut Koalitionsvertrag wollen Union und SPD ein „Planungs- und Baubeschleunigungsgesetz“ auf den Weg bringen. Zuständig wäre das Bundesbauministerium von Horst Seehofer. Doch wer seine Pressestelle befragt oder die Internetseite des Ministeriums besucht, erhält zum „Planungs- und Baubeschleunigungsgesetz“ keinerlei Auskunft.
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