Aktuell ist fast jeder fünfte Sitz im Bundestag ein Überhangmandat. Doch die Koalition sperrt sich gegen eine Reform. Der riesige Bundestag ist Futter für alle Politikverdrossenen.
Der Bundestag XXL ist ein gewaltiges Ärgernis, 598 Mitglieder sind die Regelgröße, doch aktuell sitzen bereits 709 Abgeordnete im Parlament. Dagegen nichts zu unternehmen, wäre Wasser auf die Mühlen derjenigen, die gern das Bild eines gierigen Politikbetriebs malen, der sich selbst immer weiter mästet und von Abspecken nichts wissen will. Die Suche nach einer Lösung aber ist seit Jahren davon geprägt, dass sich jede Partei gegen alles sperrt, was den eigenen Interessen womöglich schaden könnte.
Am Ende haben sich Union und SPD auf einen faulen Kompromiss geeinigt. Es bleibt bei 299 Wahlkreisen. Überhangmandate einer Partei werden teilweise mit ihren Listenmandaten verrechnet. Und beim Überschreiten der Regelgröße von 598 Sitzen sollen bis zu drei Überhangmandate nicht durch Ausgleichsmandate kompensiert werden.
Die Wahlrechtsreform könnte verfassungswidrig sein
Das dürfte bestenfalls für eine minimale Reduzierung der Bundestagsgröße reichen. Schlimmer noch: Möglicherweise ist das Ganze auch noch verfassungswidrig.
Diese Reform macht nur wenig besser und zu vieles schlechter. Sie ist, kurz gesagt, Murks.
Mehr dazu unter: Bundestag bleibt aufgebläht: Scharfe Kritik an Wahlrechtsreform
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Die Diskussion ist geschlossen.
Man kann nur hoffen, daß bei der nächsten Bundestagswahl die CSU nicht alle Direktkandidaten ins Ziel bringt, dann löst sich das Problem "Aufgeblähter Bundestag" von selbst. Wie sagte jemand: Die Zeiten, als man einen Zementsack in die Ecke stellte, "CSU" drauf schrieb, und der trotzdem gewählt wurde, sind vorbei. Wenn ich mir die jüngste Verkehrsministerhistorie ansehe, könnte ich weinen und anderes von mir geben.
Die Zersplitterung der Opposition hat die Direktmandate der CSU in Bayern eher sicherer gemacht.
Die SPD kämpft mit der Afd um die Bedeutungslosigkeit und in einem Flächenstaat wird ein unfähiger Scheuer mit seiner Maut noch immer mehr Punkte machen als ein Grüner mit anderen Grausamkeiten gegen Autofahrer.
Also wer bitte soll der CSU die Direktmandate nehmen? Auch in Großstädten wie Augsburg merkt man ja inzwischen, dass grüne Politik bei den Top-Themen nahezu bedeutungslos im Alltag ist.
Schlecht informiert, Herr Junginger: Es gibt sei der Bundestagswahl 2017 46 Übergangmandate im Deutschen Bundestag. das sind keine 10%, Besonders schlecht ist das Verhältnis bei der CSU: Von den 46 CSU-Bundestagsmitgliedern sind 7 Überhangsmandate. Rein nach Verhältnis sollten nur etwa 39 (6,2% der Zweitstimmen bei 94,9% der Zweitstimmen über der 5%-Hürde bei 598 Abgeordneten; Mandatsverteilungsverfahren unberücksicht) CSU-ler in einem 598-Abgeordneten-Bundestag sitzen. Da die CSU aber 46 Direktmandate errungen hat, ergeben sich 7 Überhangmandate, die bei anderen Parteien dann mit Ausgleichsmandaten - wie der Name sagt - ausgeglichen werden. Und mit 46/39 haben sie dann ungefähr den Faktor, mit dem sie die 598 multiplizieren müssen, um auf die 709 Abgeordneten zu kommen, die jetzt im Bundestag sitzen. Wie gesagt, 598 reguläre, 46 Überhangsmandatträger und folglich 65 Ausgleichsmandatträger. Und mit Listenmandaten kann in Zukunft bei der CSU überhaupt nichts verrechnet werden, da bei diesen Verhältnissen kein CSU-ler mit Listenmandat im Bundestag sitzt. 100% Bundestagsdirektmandate für die CSU in Bayern vertragen sich halt nicht mit 38,8%, also weniger als 50%, der Zweistimmenanteile in Bayern für die CSU, obwohl der Gesetzgeber nur die Hälfte der Bundestagssitze für Direktkandidaten vorgesehen hat.
Ich frage mich warum man nicht einfach die Überhangmandate stehen lässt, ohne Ausgleichsmandate. Klar wird das Verhältnis der Zweitstimme damit verändert, ist aber dennoch demokratisch zustande gekommen. Wer mehr Direktmandate hat, ist eben auch näher am Bürger. War früher genauso, man müsste eben die alte Regelung Verfassungsfest machen. Die Parteien, die aber jetzt am lautesten heulen, haben doch die Suppe eingebrockt und wollen das nicht.
"Bei den Bundestagswahlen von 1949 bis 2009 gab es keine Ausgleichsmandate, daher (und aufgrund der Sperrklausel) entsprach die Sitzverteilung im Bundestag nicht zwangsläufig der prozentualen Zweitstimmenverteilung."
und
"Der Zweite Senat gab mit seiner Entscheidung Verfassungsklagen der Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen sowie von mehr als 3000 Bürgern statt."
https://de.wikipedia.org/wiki/Ausgleichsmandat#
Zustimmung!
Aktuell hat der Bundestag 709 Sitze, regulär vorgesehen sind nur 598.
Siehe grundsätzlich: https://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/bundestagswahlen/279954/sitzverteilung
Wir haben im Prinzip für den Bundestag ein gutes Wahlrecht (das für den bayerischen Landtag scheint mir besser zu sein).
Mit der ‚Zweitstimme‘ wird bestimmt, wie viele Abgeordnete eine Partei je Bundesland insgesamt in den Bundestag entsenden kann. Mit der Erststimme werden vor Ort Abgeordnete direkt gewählt. Stehen in einem Bundesland durch das Ergebnis der Zweitstimmen einer Partei mehr Sitze zu, als sie mit Erststimmen direkt gewählt bekommen hat, werden diese Plätze mit „Lis-tenkandidaten“ aufgefüllt. Wenn beispielsweise die CSU 50 % der Zweitstimmen bekommt und alle ihre Direktkandidaten gewählt werden, funktioniert methodisch dieses System.
Doch im Jahr 2017 bekam die CSU nur noch 38,8 % der Zweitstimmen und gewann doch in jedem der 46 Stimmkreise die Direktwahl. Sie hatte also verhältnismäßig zu viele Abgeordnete. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass ein Wahlrecht, das zu so einem Ergebnis führt, verfassungswidrig ist. Um dennoch wieder ein korrektes Ergebnis entsprechend des Wahlergebnisses mit der Zweitstimme zu erreichen, rückten über Ausgleichsmandate von den anderen Parteien weitere Kandidatinnen in den Bundestag ein.
Regulär sollte Bayern aber nur 93 Bundestagsabgeordnete stellen. Der CSU hätten damit rund 36 (bzw. da einige Prozente von an der 5 % Hürde gescheiterten Parteien mitverteilt werden rd. 39) Sitze zugestanden. Sie bekam also acht Überhangmandate die dann durch sieben Ausgleichsmandate der anderen Parteien annähernd kompensiert wurden. Ähnlicher Problemver-ursacher ist übrigens Baden-Württemberg.
Dies führte aber dazu, dass Bayern statt 93 Bundestagsabgeordnete 108 MdB stellte. Dadurch wurde Bayern im Bundestag im Verhältnis zu einigen anderen Ländern zu stark und diese Länder bekamen deswegen wiederum Ausgleichsmandate.
Dies bläht die Zahl der Sitze im Bundestag übel auf.
Auf Wikipedia heißt es: „Eine starke Vergrößerung tritt insbesondere dann auf, wenn eine bundesweit relativ kleine Partei (wie die CSU) in einem Bundesland zwar alle Direktmandate erringt, aber dort mit ihrem Zweitstimmenanteil deutlich unter 50 % bleibt.“ https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cberhangmandat
Es gibt viele komplizierte Reformvorschläge. Unstrittig ist, was erheblich helfen würde: die Zahl der Wahlkreise (Direktmandate) verringern.
Raimund Kamm
Hauptsache die Pfründe der Politiker sind gesichert, von Koateneinsparung keine Spur, aber von den Bürgern werden wieder die Steuern erhöht. Aber erst nach der BT Wahl kommt der große Steuerschlag, das Geld welches für Corona verteilt wurde und wird, muß ja wieder zurück kommen.
>>Hauptsache die Pfründe der Politiker sind gesichert, ...<<
Das ist falsch. Es sind nicht "die Politiker". Vielfach wurde in den Medien in den letzten Monaten berichtet, dass FDP, GRÜNE und LINKE einen Alternativvorschlag als Gesetz eingebracht haben. Damit wären wieder etwa 598 Abgeordnete in den Bundestag gewählt worden.
Die SPD hat Sympathie für diesen Entwurf bekundet. Doch CDU und CSU, die durch das bisherige Wahlsystem mit Überhang- und Ausgleichsmandaten Privilegien haben und so mehr Abgeordnete in den Bundestag gewählt bekommen, als ihnen nach den Wahlprozenten eigentlich zustehen, wollen das gerechtere System nicht.
Raimund Kamm
>> Doch CDU und CSU, die durch das bisherige Wahlsystem mit Überhang- und Ausgleichsmandaten Privilegien haben ... <<
Herr Kamm unterlassen Sie bitte diese Verschwörungstheorie!
Es gibt aktuell keine "Privilegien" für CDU/CSU !
https://de.wikipedia.org/wiki/Überhangmandat
>> Überhangmandate können in Wahlsystemen auftreten, die auf einer durch Direktwahl in Wahlkreisen personalisierten Verhältniswahl beruhen. Wenn in einem solchen Wahlsystem eine Partei in den Wahlkreisen mehr Mandate erringt, als ihr gemäß dem Ergebnis der Verhältniswahl zustehen würden, erhält diese Partei so viele Überhangmandate, wie sie Direktmandate mehr hat, als ihr Sitze nach der Verhältniswahl eigentlich zustehen.
Im Bundestagswahlrecht in Deutschland bedeutet das: Überhangmandate werden vergeben, wenn eine Partei mehr Direktmandate durch Erststimmen in einem Bundesland erringt, als ihr gemäß dem Zweitstimmenergebnis in diesem Bundesland zustehen würden. Da die alleinige Praxis der Überhangmandate 2008 und 2012 für verfassungswidrig erklärt wurde, werden diese seit 2013 durch Ausgleichsmandate korrigiert. <<
Früher hat auch die SPD davon profitiert, als sie noch eine Partei mit 40% für Arbeitnehmer war!