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Irak
14.11.2018

Christen im Irak: Zurück in den Trümmern des IS

In der Stadt Karakosch sind die Spuren der IS-Herrschaft noch immer zu sehen. Doch die Christen kehren zurück.
2 Bilder
In der Stadt Karakosch sind die Spuren der IS-Herrschaft noch immer zu sehen. Doch die Christen kehren zurück.
Foto: Christophe Simon, afp

Karakosch war die größte christliche Stadt im Irak. Bis die Gläubigen vor dem IS fliehen mussten. Vier Jahre später wagen sich die Menschen zurück in ihre Heimat

Mohanad Hanna Yousif kauft seine Ware am liebsten an dem Ort, an dem der Islamische Staat (IS) die Vertreibung der Christen plante. In Mossul ist die Auswahl an Herrenanzügen gut, sagt der Christ und steigt ins Auto. Vor dem Krieg war Mossul die Hauptstadt der irakischen Provinz Ninive, dem Stammland der Christen im Irak. Dann kam der IS, brachte die Region 2014 unter seine Kontrolle und entvölkerte sie fast vollständig.

Heute säumen verrottete Räumfahrzeuge die Straßen der einstigen IS-Hochburg. Nachdem die Terrormiliz besiegt war, schob man damit die Leichen der Dschihad-Kämpfer in die Bombenkrater und füllte sie mit Schutt auf. Später wurde Asphalt auf die Trümmer und die Toten gekippt, damit der Verkehr wieder rollen kann. Wenn Yousif jetzt die 30 Kilometer von Mossul in seine Heimatstadt Karakosch fährt, liegen unter ihm die Knochen seiner Peiniger.

Er hat seine Koffer gepackt, Frau und Sohn zum Abschied geküsst und ist zurück in den Irak

Der Iraker ist guter Laune. Er hat Hemden und Jacketts eingekauft – beste Ware zu günstigen Preisen. Das wird er seiner Frau am Telefon erzählen. Sie ist mit dem Sohn in Deutschland geblieben. Dort würde sie auch am liebsten bleiben. Als der 47-Jährige vor einigen Monaten seine Pläne umsetzte, hat ihn nicht nur seine Frau, sondern auch die Asylbehörde im Landkreis Garmisch-Partenkirchen für verrückt erklärt. Sein Recht auf Aufenthalt in Deutschland als Christ aus dem ehemaligen IS-Kalifat schien so sicher zu sein wie die nächste Krise im Irak. Doch Yousif packte seinen Koffer, lieh sich Geld von der Familie im Irak, küsste Frau und Sohn zum Abschied. „Die beiden werden nachkommen, wenn ich sie überzeugt habe“, sagt er.

Die Fahrt geht weiter auf dem Highway Richtung Osten. Die Ausfahrt führt zu einem Checkpoint, der Karakosch schützen soll. Soldaten einer christlichen Miliz verbergen sich mit ihren Maschinengewehren hinter Sandsäcken, als würde der IS jeden Moment aus seinen Gräbern steigen. Sie erkennen Yousif und winken ihn durch. Der Blick fällt auf ein meterhohes Holzkreuz hinter dem Wachposten. An einem Mast dahinter weht die rot-weiß-schwarze Trikolore des Irak. Bauscht ein Windzug die Flagge zu voller Größe auf, steht das Kreuz unter dem Schriftzug auf der Fahne: Allahu Akbar, Gott ist am größten.

Das Auto hält vor einem Modegeschäft im Zentrum von Karakosch. Die Fenster des Nachbarhauses sind rußverschmiert und leer. Sie zeugen davon, wie der IS die Christenstadt geplündert und gebrandschatzt hat, ehe die neunte Division der irakischen Armee die Terroristen im Oktober 2016 aus der Stadt vertrieb. „Auch meine Geschäfte haben sie angezündet. Ich war mal reich“, sagt der Christ. Er schließt die Ladentür auf. Jacketts aus feinem Stoff hängen an den Kleiderstangen. Yousif führt mit einer Handbewegung in den Laden, als wolle er ein kleines Wunder präsentieren.

Die Deutschen haben ihr Land nach dem Zweiten Weltkrieg auch aufgebaut, sagt er

Deutsche Freunde hätten ihn auf die Idee gebracht, in den Irak zurückzukehren, sagt Yousif. „Sie haben vom Zweiten Weltkrieg erzählt. Wie Deutschland damals in Trümmern lag und die Deutschen das Land wieder aufgebaut haben. Die Deutschen sind damals nicht abgehauen, habe ich mir gesagt.“

Nach Schätzungen der Kirchen ist erst die Hälfte der Bevölkerung nach Karakosch zurückgekehrt, die 2014 vor den IS-Kämpfern geflohen war und sich dann in alle Welt verstreute. Die Folgen spürt Yousif jeden Tag. „Wenn die Hälfte der Stadt fehlt, wird sich mein Geschäft hier nicht lohnen. Dann wird sich überhaupt kein Geschäft in Karakosch lohnen“, sagt er.

Die irakischen Christen würden in drei bis fünf Jahren sehen, was das Exil bei den Glaubensbrüdern in Europa aus ihnen macht, meint Yousif. „Ich bin ein gebildeter Mann, ich hatte Geld und in Deutschland hätte ich in meinem Alter vielleicht noch putzen gehen können“, sagt er. Er möchte nicht falsch verstanden werden, betont er. „Ich bin Deutschland dankbar für das, was es 2014 für die Iraker getan hat“. Die irakischen Christen, die nun zögerten, in ihre Heimat zurückzukehren, gefährdeten aber ihre eigene Kultur, ist der 47-Jährige überzeugt. Das wichtigste Band, das die Christen im Irak zusammenhält, sei die Familie, sagt er. „Die Eltern in Deutschland, das eine Kind in Australien, das andere in Amerika, das macht uns kaputt.“

Als der IS im Juni 2014 die Provinzhauptstadt Mossul einnahm, wurde er von den Sunniten mit Applaus empfangen. Zwei Monate später überfiel die Terrormiliz Karakosch, damals die größte christliche Stadt im Irak mit 50.000 Einwohnern. Insgesamt 120.000 Christen flohen aus der Ninive-Ebene in die autonome Kurdenregion im Nordosten, darunter auch Yousifs Familie. Andere zog es nach Europa.

Die Flucht ersparte Christen die Rechtlosigkeit im Kalifat. Die Terrormiliz, die den sunnitischen Islam als einzig wahre Religion vorgibt, säuberte ihr Herrschaftsgebiet nach religiösen Kriterien. Jesiden und Schiiten wurden ermordet. Sämtliche Spuren christlicher Existenz versuchten die Dschihadisten zu vernichten. Kirchen und Klöster wurden zerstört oder entweiht, die Bischofsresidenz in Mossul niedergebrannt. Christen, deren Glaube im Koran als „Religion des Buches“ beschrieben wird, wurden vom IS vor die Wahl gestellt, zum Islam zu konvertieren, eine Extra-Steuer zu zahlen oder das Land zu verlassen.

Doch so einfach sind die Grenzen für Yousif nicht zu ziehen. Wenn der Christ von den Verbrechen des IS spricht, hört er sich an wie Sunniten aus Mossul. Er rechtfertigt ihr Verhalten. Und er sagt, er weigere sich, die Sunniten über einen Kamm zu scheren. Dann nimmt er ein Jackett aus besonders feinem Stoff vom Kleiderbügel und streicht über den Stoff. „Als sich herumgesprochen hat, dass ich aus Deutschland zurückkehre, haben mir meine Freunde in Mossul ihre beste Ware für meinen neuen Laden geschickt, obwohl es ihnen selbst schlecht geht. Das sind alles Muslime.“

Der Pfarrer zeigt auf die Einschusslöcher in den Häusern

Pater Duraid Barber Arihbula zeigt auf die Einschlusslöcher in den Häusern, um zu erklären, was er von den irakischen Muslimen hält. „Das macht der Islam“, sagt der syrisch-katholische Priester. Er ist unterwegs auf den Straßen von Karakosch, die von Kämpfen und IS-Besatzung gezeichnet sind. Sein Ziel sind Häuser, in denen die Stimmen hallen. Denn darin leben nur noch alte Ehepaare und keine Großfamilien mehr. Meistens aber schweigen die alten Leute sich an und denken an ihre Kinder und Enkel, die sie an die Diaspora verloren haben. Der Pater spendet ihnen zu Hause die Kommunion, wenn sie nicht mehr zur Messe gehen können.

Seinen Glaubensbruder Yousif würde er sicher einen naiven Laien nennen. Als Theologe wisse er, was im Koran stehe und das sei nichts Gutes, sagt er. „Inshallah“ – so Gott will – würden die Christen im Irak überleben, „aber nur, wenn sie die Lehren aus der Vergangenheit ziehen“. Nach Sunniten und IS bereitete jetzt die schiitische Volksgruppe der Schabak Probleme. „Sie sagen, die Schiiten aus Bagdad hätten uns befreit. Deshalb sollen wir ihnen nun unser Land verkaufen“, erklärt der Pater.

Anschläge hat es in Karakosch seit der Befreiung nicht mehr gegeben. Trotzdem stehen Soldaten der christlichen Miliz mit Maschinengewehren vor dem Büro des Bischofs. Boutros Moshe ist einer der wichtigsten christlichen Religionsführer des Irak. Im Salon nimmt er Platz unter einem Bild von Papst Franziskus, lässt einen Rosenkranz durch seine Finger gleiten. Ohne Kreuz und Kollar könnte er auch als Muslim durchgehen, der seine Gebetskette keinen Moment aus der Hand legt.

Der syrisch-katholische Bischof würde sich an dem Vergleich wohl nicht stören. Er spricht von der gemeinsamen Kultur aller Iraker – und klingt damit eher wie der Modehändler Yousif als der Pater Duraid Barber Arihbula. Angesprochen auf dessen Äußerungen winkt er ab: Das seien Einzelmeinungen. Die anderen Religionsführer und er wollten die Jugend mobilisieren, aufeinander zuzugehen. Es klingt nach einer schönen Vision in einem Land, in dem jede Volks- und Religionsgruppe die andere zumindest des Verrats verdächtigt, wenn nicht noch schlimmerer Dinge.

Der Bischof ist stolz darauf, dass fast jeden Tag Christen aus westlichen Ländern in Karakosch und anderen Städten der Ninive-Ebene ankommen. Offenbar fürchtet er, dass seine Schäfchen in Europa ihren Glauben verlieren könnten. „Es gibt dort viele Gefahren. Die Menschen gehen nicht mehr in die Kirche.“ Christen seien sicher in Karakosch, betont er. Solange er mit Gottes Segen Einfluss auf den Machtklüngel in Bagdad nehmen könne, werde er dafür kämpfen, dass den Christen ihre von der Verfassung garantierten Rechte gewährt werden.

Doch weder der Bischof noch der Heilige Geist haben es leicht mit den Intrigen spinnenden Politikern in der Hauptstadt. „Einige nutzen unsere Notlage aus, um mit viel Geld und Druck an unser Land zu kommen“, sagt der Bischof. Die Schiiten versuchten, Profit aus der entvölkerten Stadt zu schlagen – und den Christen ihren Besitz abspenstig zu machen.

Am Abend läutet die Glocke über der Mar-Benham-Kirche und kündigt die Abendmesse an. Die ersten Gläubigen haben sich im Innenhof der Kirche versammelt. Der IS hat im Hof und im Kirchenraum sämtliche Abbildungen heruntergerissen und Statuen zerschossen. Ein Sprengkörper halbierte den Kirchturm. Das Gotteshaus gleicht einer Ruine. Die Gläubigen von Karakosch haben sich dennoch herausgeputzt – oder vielleicht genau deshalb. Denn ihr Kreuz wurde wieder errichtet auf den Trümmern des Kalifats. Sie beten, dass es bleibt.

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