Comeback oder Knast
Brasiliens Ex-Präsident will wieder kandidieren. Allerdings steht er vor Gericht
Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva bestimmt einmal mehr das politische Geschehen in Brasilien. Dieses Mal nicht als beliebtes und erfolgreiches Staatsoberhaupt, sondern als Angeklagter in mehreren Korruptionsprozessen. Am Mittwoch soll in zweiter Instanz entschieden werden, ob Lula hinter Gitter kommt und damit das Recht auf eine sehr aussichtsreiche Kandidatur für die Präsidentenwahl im Oktober verliert.
Im August wurde der 72-Jährige im ersten von mehreren anhängigen Verfahren in erster Instanz zu über neun Jahren Haft verurteilt. Der Vorwurf: Der Baukonzern OAS habe Lula während seiner Amtszeit (2003 bis 2011) als Gegenleistung für politische Gefälligkeiten eine Wohnung überlassen. Nach Einschätzung von Wegbegleitern Lulas – auch solchen, die seiner Arbeiterpartei PT inzwischen enttäuscht den Rücken kehrten – soll mit dem Prozess das rechtsliberale Lager gestärkt werden. „Die Korruptionsverfahren gegen Lula sind ein internationaler Justizskandal“, sagt dessen Anwältin Valeska Zanin. Da es keine stichhaltigen Beweise gegen ihren Mandanten gebe, „handelt es sich um einen politischen Prozess“.
Lula ist eine der schillerndsten Figuren im brasilianischen Politikgeschäft und dennoch auch bei der armen Bevölkerung beliebt. Der Gewerkschafter regierte das größte Land Lateinamerikas acht Jahre lang. Markenzeichen seiner Amtszeit war die Sozialpolitik, vor allem die Sozialhilfe namens „Bolsa Familia“. Sie trug wesentlich dazu bei, dass Brasilien heute nicht mehr auf der UN-Hungerlandkarte auftaucht. (epd)
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