Bund und Länder beschließen harten Lockdown ab Mittwoch - das gilt nun
Bund und Länder haben sich geeinigt: Ab Mittwoch, 16. Dezember, bleiben fast alle Läden geschlossen. Was sich sonst noch ändert, erfahren Sie hier.
Das öffentliche Leben in Deutschland wird angesichts der sich ausbreitenden Corona-Pandemie schon ab dem kommenden Mittwoch (16. Dezember) drastisch heruntergefahren. Der Einzelhandel mit Ausnahme der Geschäfte für den täglichen Bedarf muss schließen. Das teilte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach Beratungen mit den Ministerpräsidenten am Sonntag mit.
Corona-Gipfel beschließt Lockdown ab Mittwoch
Der seit Anfang November geltende Teil-Lockdown hat nach den Worten von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) "nicht gereicht". Das exponentielle Wachstum der Corona-Neuinfektionen habe eine Zeit lang gestoppt werden können, sagte Merkel. Dann habe es aber eine "Seitwärtsbewegung" gegeben, und seit einigen Tagen gebe es wieder ein exponentielles Wachstum.
Das Vorhaben sei immer gewesen, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden, sagte Merkel. Die nun beschlossene Verschärfung der Maßnahmen habe Auswirkungen auf die Feiertage. Aber: "Wir sind zum Handeln gezwungen und handeln jetzt auch."
Schüler und Kita-Kinder sollen spätestens ab Mittwoch deutschlandweit wann immer möglich für zunächst dreieinhalb Wochen zu Hause bleiben. Ausnahmen und eine Notbetreuung sind möglich und in einigen Bundesländern gelten solche Regeln bereits ab Montag. Schulen sollen dafür entweder "grundsätzlich geschlossen" werden, oder die Präsenzpflicht werde ausgesetzt, das bedeutet Unterricht zu Hause. In Kindertagesstätten werde analog verfahren, heißt es weiter. Wie im Frühjahr soll es aber eine Notbetreuung geben, und an den Schulen sollen Ausnahmen für Abschlussklassen möglich sein. Auch von Extra-Urlaub ist die Rede: "Für Eltern werden zusätzliche Möglichkeiten geschaffen, für die Betreuung der Kinder im genannten Zeitraum bezahlten Urlaub zu nehmen."
An Silvester und Neujahr wird in Deutschland angesichts der sich ausbreitenden Corona-Pandemie ein bundesweites An- und Versammlungsverbot gelten. Nach einem Beschluss von Bund und Ländern vom Sonntag wird zudem der Verkauf von Feuerwerk vor Silvester grundsätzlich verboten.
Bund und Länder erweitern Corona-Finanzhilfen
Angesichts des harten Lockdowns ab Mittwoch erweitert der Bund Corona-Finanzhilfen für Unternehmen. Konkret soll bei der Überbrückungshilfe III, die ab Januar gilt, der Höchstbetrag von 200.000 Euro auf 500.000 Euro erhöht werden. Der maximale Zuschuss ist demnach geplant für direkt und indirekt von Schließungen betroffene Unternehmen. Die Überbrückungshilfe ist ein Zuschuss bei coronabedingten Umsatzrückgängen.
Erstattet werden betriebliche Fixkosten. Für die von der Schließung betroffenen Unternehmen soll es Abschlagszahlungen ähnlich wie bei den November- und Dezemberhilfen geben.
Die Kosten der erweiterten Überbrückungshilfe III werden während eines Monats mit angeordneten Schließungen auf etwa 11,2 Milliarden Euro geschätzt, wie aus einem Papier von Finanz- und Wirtschaftsministerium hervorgeht. Es lag der Deutschen Presse-Agentur vor.
Geplant sind laut Beschlusspapier außerdem Entlastungen für den Handel. Vor allem der Einzelhandel hatte angesichts der erwarteten schärferen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus zusätzliche Hilfen gefordert.
Im Beschlusspapier heißt es, der mit den Schließungsanordnungen verbundene Wertverlust von Waren und anderen Wirtschaftsgütern im Einzelhandel und anderen Branchen solle aufgefangen werden, indem Teilabschreibungen unbürokratisch und schnell möglich gemacht werden.
Rufe nach einem schnellen Lockdown wurden lauter
Angesichts der hohen Corona-Zahlen waren die Rufe nach einem schnellen Lockdown in den vergangenen Tagen deutlich lauter geworden. "Wir brauchen einen kompletten Lockdown", sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder der Welt am Sonntag. "Die Zahlen sind so schlimm wie nie. Wir dürfen uns nicht mehr in Einzelmaßnahmen verheddern", betonte der CSU-Vorsitzende. Alle Länder hätten die Verantwortung, "das große Ganze zu sehen, statt endloses klein klein", sagte Söder der Bild am Sonntag. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte im Gespräch mit unserer Redaktion einen Schulunterrichts-Stopp und klare Ansagen von Bund und Ländern. Es helfe jetzt nur noch ein harter Lockdown, um das Infektionsgeschehen Infektionsgeschehen vor Weihnachten deutlich zu reduzieren, sagte Dobrindt.
Forderungen gibt es angesichts des Lockdowns auch nach weiteren Hilfen für die betroffenen Unternehmen und Einzelhändler. So forderte die Immobilienwirtschaft Hilfsprogramme für die deutschen Städte. "Durch den anstehenden Lockdown verschwinden Handel und Hotel zunehmend aus den Innenstädten, ohne für die Hotspots der Pandemie verantwortlich zu sein", sagte Andreas Mattner, Präsident des Zentralen Immobilien Ausschusses, der Deutschen Presse-Agentur. Umsatzverluste allein im Handel von bis zu einer Milliarde Euro pro Tag im Hauptgeschäft des Jahres könnten die Unternehmen nicht mehr stemmen. Firmen- und Arbeitsplatzverluste bei Mietern und Vermietern seien die Folge. "Unsere Städte verlieren ihr Gesicht und ihre Funktion." Für jeden Tag Umsatzausfall müssten dieselben Entschädigungsregeln gelten wie für die Gastronomie. Auch Bayerns Einzelhandelsverband sieht juristisch den Anspruch auf die gleichen Ausgleichshilfen wie für die Gastronomie.
Harter Lockdown: Was passiert mit dem Handel?
Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordert bei einer Verschärfung der Corona-Auflagen Hilfen für den Handel. Ein harter Lockdown sei nun unvermeidbar, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Wir brauchen nun allerdings für die betroffenen Geschäfte, denen das Weihnachtsgeschäft wegbricht, auch eine klare finanzielle Unterstützung durch Bund und Länder. Wenn dies nicht gelingt, werden wir unsere Innenstädte im kommenden Jahr nicht mehr wiedererkennen."
Laut Handelsverband Deutschland (HDE) gefährden der anstehende Lockdown und das bereits vorher schleppend laufende Weihnachtsgeschäft bis zu 250.000 Arbeitsplätze im Innenstadt-Handel. "Der Dezember ist unter normalen Umständen der wichtigste Monat im Jahr, in der Pandemie ist er ein Totalausfall", sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth der Bild am Sonntag. "In den Schwerpunktbranchen des innenstädtischen Einzelhandels arbeiten rund 560.000 Beschäftigte, zwischen 150.000 und 250.000 dieser Stellen sind akut bedroht." Im Falle eines harten Lockdowns forderte Genth die gleiche Entschädigung für den Einzelhandel, die zuvor bereits die Gastronomie erhalten hat. "Wenn Läden geschlossen werden, müssen sie mit 75 Prozent des Vorjahresumsatzes entschädigt werden. Das gebietet schon die Gleichbehandlung." (dpa/AZ)
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Die Diskussion ist geschlossen.
Pauschal 70 %?
Ist in der Gastronomie schon falsch. Einige haben diesen Jahr mehr Umsatz wie im Vorjahr. Genauso im Handel. Bauwerke und Möbelgeschäfte haben sicherlich im Schnitt 2020 weniger Umsatz gehabt wie im Vorjahr.
Nicht weniger muss es heissen. Baumärkte und möbelgeschäfte dürften zu den coronagewinnern zählen,
Mitte November 2020 haben bei der Konferenz der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin viele Ministerpräsidenten notwendige Beschlüsse für den Gesundheitsschutz verhindert. Frau Merkel und Herr Söder waren für die konsequenten Maßnahmen. Doch gerade die Ministerpräsidenten Günther (SH), Kretschmer (SN), Ramelow (TH) sollen das verhindert haben. Sie sind verantwortlich für hunderte Tote und eine Überlastung unserer Krankenhäuser.
Raimund Kamm