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Foto: Matthias Balk, dpa
Foto: Matthias Balk, dpa

Die Bundesregierung verzichtet auf den möglichen Erlass der Mehrwertsteuer, was Corona-Tests teurer macht.

Corona-Politik
08.05.2021

Verzicht auf Mehrwertsteuer-Senkung verteuert Corona-Tests

Von Stefan Lange

Exklusiv Die Regierung kann durch eine EU-Richtlinie im Corona-Kampf teilweise auf die Mehrwertsteuer verzichten. Dass sie es nicht tat, kostete bisher wohl hunderte Millionen Euro.

Im Kampf gegen die Corona-Pandemie sind Tests ein wesentlicher Baustein in der Regierungs-Strategie. Sie sind im Laufe der Zeit billiger geworden, könnten allerdings noch günstiger sein, wenn die schwarz-rote Regierung es denn wollte. Denn es gibt eine EU-Richtlinie, wonach Anwendungen in der sogenannten In-vitro Diagnostik von der Mehrwertsteuer befreien werden können. Die Regierung nutzt diesen Spielraum nicht, die Auswirkungen sind gewaltig: Das Volumen beläuft sich auf bis zu 110 Millionen Euro pro Monat, wie aus einer Antwort der Regierung auf eine Anfrage der FDP-Fraktion hervorgeht. Das Papier liegt unserer Redaktion vor.

Das Corona-Update vom 7. Mai 

Die EU-Richtlinie sieht vor, dass Impfstoffe, Impfzubehör und Dienstleistungen gänzlich von der 19-prozentigen Umsatzsteuer befreit werden können oder unter den ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent fallen. Die Bestimmung  trat am 11. Dezember in Kraft, Union und SPD wendeten sie nicht an. Die Antwort der Bundesregierung bezieht sich nur auf die Tests, es handelt sich um Schätzzahlen, weil den Angaben zufolge keine statistischen Daten vorliegen. Demnach beliefen sich die „rechnerischen Umsatzsteuermindereinnahmen“ bei einer Nullbesteuerung auf rund 110 Millionen Euro pro Monat. Zusammen ergibt das eine Summe von mittlerweile rund einer halben Milliarde, die die Tests seit Ende letzten Jahres mehr gekostet haben als nötig. Würde der ermäßigte Steuersatz von sieben Prozent angewendet, wären es rund 70 Millionen Euro.

Andere Länder sind weiter als Deutschland

Die FDP-Bundestagsfraktion dringt schon seit langem darauf, dass die Steuerbefreiung in Deutschland umgesetzt wird. „Mit ihrer Untätigkeit verteuert die Bundesregierung die Bekämpfung der Pandemie und insbesondere das Testen in erheblichem Maße. Unnötige Mehrkosten in dreistelliger Millionenhöhe sind der nächste Schritt in einer langen Kette von Pannen“, sagte der Abgeordnete Till Mansmann unserer Redaktion.

Mansmann, der unter anderem dem Finanzausschuss des Bundestags angehört,  bekräftigte die Forderung seiner Partei, die Regierung möge endlich die Entlastungsmöglichkeiten voll ausschöpfen – auch beim Impfen. „So könnten wir einen erschwinglicheren Zugang zu Impfstoffen und In-vitro-Diagnostika sicherstellen", sagte er. Es sei „ein typisch deutsches Problem, wenn unnötige Bürokratie und Abgaben den Kampf gegen die Corona-Pandemie behindern“.

Andere Länder sind weiter als Deutschland. Österreich, Italien, Spanien, Frankreich, Belgien und die Niederlande haben von der EU-Richtlinie bereits im Dezember Gebrauch gemacht. Weitere Länder folgten. „Unsere europäischen Partner machen vor, wie es bei uns aussehen könnte. Die Bundesregierung muss jetzt dringend nachziehen", forderte Mansmann.

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