Bundesregierung hat keine Zahlen über Besetzung von Gesundheitsämtern
Exklusiv Viele Gesundheitsämter arbeiten am Anschlag - und sollen nun mehr Mitarbeiter bekommen. Doch wie viele Menschen aktuell in den Behörden arbeiten, weiß der Bund nicht.
Die öffentlichen Gesundheitsämter spielen in allen Strategien zur Bekämpfung der Corona-Pandemie die Schlüsselrolle und sollen nach dem Willen der Politik personell deutlich verstärkt werden. Da erstaunt es umso mehr, dass die Bundesregierung schlichtweg nicht weiß, wie viele Mitarbeiter überhaupt bei den Gesundheitsbehörden beschäftigt sind. Das geht aus der Antwort des Gesundheitsministeriums auf eine Anfrage der FDP hervor, die unserer Redaktion exklusiv vorliegt.
Bundestagsfraktionsvize Christian Dürr hatte sich erkundigt, wie viel Personal alle Gesundheitsämter Anfang des Jahres hatten und wie sich der Stand bis Ende Oktober entwickelt hat. Doch das Gesundheitsministerium schreibt, dass der Regierung diese Zahl gar nicht vorliegt und verweist auf die Zuständigkeit von Ländern und Kommunen. Dürr ist irritiert: „Die Bundesregierung legt das Land immer weiter lahm, aber hat keinen Überblick, wie es in den Gesundheitsämtern aussieht. Leider ist der Staat zurzeit genau dort am schwächsten, wo er am dringendsten gebraucht wird: bei der Organisation des Gesundheitsschutzes.“
Wie gut sind die Gesundheitsämter besetzt?
Der FDP-Politiker spricht von einem „Armutszeugnis“. Mehr als ein halbes Jahr sei Zeit gewesen, die zweite Corona-Welle vorzubereiten. „Ich erwarte, dass die Gesundheitsämter jetzt oberste Priorität haben, sonst bekommen wir die Kontaktnachverfolgung nie in den Griff“, sagt Dürr. Nötig sei „mehr Staat bei der Koordination des Gesundheitsschutzes“, dafür „weniger Eingriffe in Freiheiten und Grundrechte“. Gesundheitsämter müssten unterstützt werden, dafür aber müsse stets bekannt sein, wie viele Stellen dort besetzt seien.
Dürr fordert zudem eine Ausweitung der Corona-Testkapazitäten, Verbesserungen bei der Corona-App und eine verstärkte Einbeziehung der Labore. Die Unzulänglichen des Testsystems kennt er aus eigener Erfahrung, er habe „Chaos“ erlebt, als er sich selbst testen ließ. Das Ergebnis fiel positiv aus, doch inzwischen hat Dürr die Krankheit überstanden. Die Abläufe der Tests müssten dringend verbessert werden, sonst würden sich viele Menschen gar nicht erst testen lassen und das Virus „unwissentlich weiterverbreiten“. (bju)
Lesen Sie dazu auch:
- Labore an der Belastungsgrenze: Wie stemmen sie die Corona-Krise?
- Bayern bunkert Grippeimpfstoff, während Ärzte darauf warten
- Gesundheitsämter vor Kollaps: Können Corona-Kontakte noch verfolgt werden?
Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.
Die Diskussion ist geschlossen.