Der (Papst-)Name ist Programm
Wie sich der neu gewählte Papst nennt, sagt viel über seine kirchenpolitische und theologische Ausrichtung aus. Das zeigen Beispiele der Vergangenheit.
„Nomen est omen“, sagt der Lateiner. Für einen neu gewählten Papst liegt in der Wahl seines neuen Namens die Chance, von Anfang an ein Programm auszudrücken. Stellt er sich in eine bestimmte kirchenpolitische Tradition? Will er sich als ein Erneuerer positionieren oder eher als ein Bewahrer? In seinem Namen wird die Erinnerung an ihn für alle Zeiten wach bleiben. Sein Name prangt an seinen Bauten, steht unter allen seinen Verfügungen, wird Teil der Papstliste, die nahezu lückenlos seit dem Apostel Petrus in Rom geführt wird.
Einige Papstnamen sind durch die Zeiten ausgesprochen beliebt gewesen. 23 Päpste hießen bereits Johannes, 16 nannten sich Gregor oder Benedikt und je 13 wählten den Namen Innozenz oder Leo. Einige Namen kamen regelrecht aus der Mode oder galten als belastet, etwa die ausgabefreudigen Renaissancepäpste Sixtus und Julius oder der prunkliebende Barockpapst Urban VIII. sowie der skandalträchtige Alexander VI., der großzügig die eigenen Kinder im Kirchenstaat versorgte.
In den vergangenen 200 Jahren beschränkten sich die Nachfolger Petri auf wenige Namen. Die Reihe der Pius-Päpste erwies sich als konservativ und traditionsbewusst. Pius IX. (1846–1878) schlug einen stark antimodernen Kurs ein und verurteilte in seinem berüchtigten „Syllabus“ die Irrtümer der Zeit wie Demokratie und Liberalismus. Auf dem Ersten Vatikanischen Konzil (1870/71) ließ er die Unfehlbarkeit des Papstes definieren.
Auch Papst Pius X. (1903–1914) bekämpfte unnachsichtig den Modernismus, witterte überall Ketzer, er bevorzugte die alte Kirchenmusik ohne Frauenstimmen und empfahl den häufigen Kommunionempfang. Auf ihn berufen sich die traditionalistischen Pius-Brüder in ihrem Widerstand gegen das II. Vaticanum.
Ein zwiespältiges Bild hinterließ Pius XII. (1939–1958), der intellektuelle Diplomat, dem eine zu unentschiedene Haltung gegenüber Hitler vorgeworfen worden ist.
Als sich Kardinal Roncalli nach dem Konklave 1958 entschloss, sich Johannes XXIII. zu nennen, obwohl bereits ein solcher als Gegenpapst im Spätmittelalter abgesetzt worden ist, deutete er eine Zeit des Wandels und der Überraschungen an. Tatsächlich berief der 76-Jährige alsbald das Zweite Vatikanische Konzil ein, das die katholische Kirche entschieden in die Moderne führte.
Sein Nachfolger Paul VI. wollte sich mit seiner Namenswahl einen Ausgleich schaffen zwischen dem amtsbetonten „petrinischen“ Stil von Pius XII. und der charismatischen „johanneischen“ Art. Dabei knüpfte er an zwei große Päpste der Katholischen Reform an. Mit dem ersten Doppelnamen der Papstgeschichte schlug Albino Luciani, der lächelnde 33-Tage-Papst, als Johannes Paul I. 1978 die Brücke zwischen seinen beiden Vorgängern, der Pole Karol Wojtyla übernahm die Anregung als Johannes Paul II.
Joseph Ratzinger dachte wohl zuerst an den Mönchsvater, dem auch Bayern etliche Klöster verdankt, als er sich Benedikt nannte. Es könnte ihn auch der gelehrte Theologe Benedikt XIV. (1740–1758) und Benedikt XV. (1914–1922), der politische Friedenspapst im Ersten Weltkrieg, angeregt haben.
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