Die "Ehe für alle" ist nur noch eine Frage der Zeit
Noch mauert die CDU/CSU. Aber der Wandel der Anschauungen und das Bundesverfassungsgericht werden die Gleichstellung der „Homo-Ehe“ erzwingen.
Der irische Volksentscheid mit dem Ja zur gleichgeschlechtlichen Ehe hat die Diskussion um die „Homo-Ehe“ neu beflügelt. Grüne und Linke dringen, ermutigt von der kulturellen Revolution in einem katholischen Land und der Mehrheitsmeinung hierzulande, auf die vollständige Gleichstellung der Lebenspartnerschaften von Schwulen und Lesben mit dem Rechtsinstitut der Ehe.
Die mitregierende SPD ist auch dafür, hält sich aber an die Vereinbarung mit CDU und CSU, die einen schrittweisen Abbau der rechtlichen Schlechterstellung von „Homo-Ehen“ vorsieht. Die Union mauert, verschanzt sich hinter dem Koalitionsvertrag und präsentiert sich als letztes Bollwerk gegen die Gleichbehandlung.
Wenn Angela Merkel – wonach es nicht aussieht – CDU und CSU keinen Kursschwenk verordnet und sich damit von einer weiteren klassischen konservativen Position verabschiedet, dann wird es die „Ehe für alle“ nicht geben. Jedenfalls nicht bis 2017.
Und danach? Dann ist es nur noch eine Frage der Zeit. Sogar dann, wenn die Union das Kanzleramt verteidigen sollte. Nicht so sehr wegen der Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat. Sondern vor allem wegen des Wandels der Anschauungen in der Gesellschaft, die das Thema überwiegend weit entspannter und toleranter sieht, als die Hüter der Tradition vermuten.
Die Union wird ihren Widerstand irgendwann aufgeben
Vor 20 Jahren war die Gesellschaft noch fest auf die traditionelle Familie gegründet. Andere Lebensformen und die Homosexualität galten als Abweichung vom richtigen, normalen Weg, wurden vielfach diskriminiert. Das ist vorbei. Wenn Politik tatsächlich mit der Betrachtung der Wirklichkeit beginnt, dann wird die Union ihren Widerstand über kurz oder lang aufgeben – auch auf das Risiko hin, christlich geprägte Stammwähler zu verprellen.
Die katholische Kirche, die Homosexualität lange als Sünde und Schuld gebrandmarkt hat und sich nun um eine offenere, Menschen nicht verurteilende Sicht bemüht, mag sich weiter gegen die in den meisten Staaten Europas bereits vollzogene Gleichstellung stemmen.
Die Volkspartei CDU/CSU kann das nicht, wenn sie auf der Höhe der Zeit bleiben will. Also wird sie den letzten dazu erforderlichen Schritt, das gemeinsame Adoptionsrecht für schwule und lesbische Paare, irgendwann mitgehen – und sei es auf Druck des Bundesverfassungsgerichts, das den Prozess der Gleichstellung (etwa im Steuer- und Erbrecht) im Namen der Gleichberechtigung vorantreibt.
"Ehe für alle" bringt keinen Nachteil für die traditionelle Ehe
Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz des Staates, weil Kinder – zu deren Zeugung es bekanntlich eines Vaters und einer Mutter bedarf – die Zukunft der Gesellschaft sichern. Aber die Ehe ist, worauf Karlsruhe bereits hingewiesen hat, nicht unumstößlich als Verbindung von Mann und Frau definiert. Die Ausgestaltung des Instituts Ehe ist also dem Gesetzgeber überlassen – und zwar im Lichte gesellschaftlichen Wandels. Damit hat Karlsruhe die Tür zur Gleichstellung der „Homo-Ehe“ bereits weit aufgestoßen, zumal damit ja keine Nachteile für die Ehe von Frau und Mann einhergehen.
Recht und Anpassung an die Zeitläufte sind das eine, Emotionen und traditionelle Überzeugungen das andere. Der Widerstand gegen die Homo-Ehe, in der ja ebenfalls Menschen füreinander einstehen, hat weniger mit Ressentiments als vielmehr mit der Sorge vor einem allgemeinen Werteverfall und einer Auflösung der klassischen Familie zu tun.
Die Politik ist gut beraten, diese Ängste ernst zu nehmen und nicht – wie es geschieht – einfach als „homophob“ abzutun. Und wer, wenn nicht die Union, ist in der Lage, diesem Unbehagen mit rationalen Argumenten zu begegnen und den Modernisierungsprozess aktiv zu begleiten?
Die Angst vor einem allgemeinen Werteverfall
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