Die Galionsfigur
Porträt Der Bundesvorsitzende der Piratenpartei, Sebastian Nerz, wird leicht unterschätzt. Er reagiert darauf mit Humor
Mit der Wahl von Nerz haben sich die Piraten im Mai für den Gegen-Lauer entschieden, für einen, dem Eitelkeiten jedweder Art fremd zu sein scheinen. Der 28-jährige Bioinformatikstudent aus Tübingen ist – in den Worten des Kabarettisten Frank-Markus Barwasser – ein „solides Bürschli“, das die Piraten bezähmen soll. In der erst vor fünf Jahren gegründeten Partei streiten sich verschiedene Lager mitunter heftig über einzelne Themen sowie, grundsätzlicher, über die politische Ausrichtung. Einer wie Nerz wird leicht unterschätzt. Es dauerte nicht lange, bis ihm auf seiner Internetseite die Frage gestellt wurde: „Ist der gemeine Nerz vom Aussterben bedroht, weil schon jemand auf ihn lauert?“ Nerz antwortete: „Mustela lutreola ist tatsächlich vom Aussterben bedroht, allerdings eher wg. Einschränkungen seines natürlichen Lebensraums. Der politische Nerz ist es hoffentlich eher nicht.“ Unerwähnt ließ er, dass Nerze Raubtiere sind.
An diesem Wochenende kommen die Piraten zu einem Bundesparteitag zusammen. Nicht im Internet, sondern ganz konventionell in der Offenbacher Stadthalle. Sie wollen über ihr Programm diskutieren und damit über ihre Zukunft. Denn die Piraten stehen zwar für eine Reform des Urheberrechts, Transparenz und alles, was irgendwie mit dem Internet zu tun hat. Darüber hinaus wissen aber die wenigsten Deutschen, welche Ziele die Partei verfolgt. Bis zur Bundestagswahl 2013 soll sich das ändern.
Nerz sieht die Gefahr, dass die Piraten in die Bedeutungslosigkeit absinken könnten. Einer Umfrage zufolge werden sie nicht wegen ihrer Inhalte gewählt, sondern aus Unzufriedenheit mit anderen Parteien. Gelänge den Piraten der Einzug in den Bundestag, würde Nerz wohl ein Feuerwerk abbrennen: Er ist staatlich geprüfter Großfeuerwerker. Kämen sie an die Regierung, wäre er gerne Innenminister. D.Wirsching
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