Minister Gerd Müller: Plagiatsvorwürfe "nicht nachvollziehbar"
Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) soll in seiner Doktorarbeit nicht korrekt gearbeitet haben. Das behaupten die Plagiatsjäger von "Vroniplag". Die Uni Regensburg prüft die Vorwürfe.
Bundesentwicklungsminister Gerd Müller hat die Plagiatsanschuldigungen im Zusammenhang mit seiner Doktorarbeit zurückgewiesen. Eine Sprecherin des Ministers sagte am Dienstagmittag auf Anfrage, die Vorwürfe seien "nicht nachvollziehbar". Das Thema der Arbeit und der Gegenstand der empirischen Untersuchung seien erstmalig 1987 vom Verfasser bearbeitet worden, womit es keine vergleichbare Arbeit gegeben habe. "Bei der fraglichen Textpassage im theoretischen Teil wurde die Quellenangabe eindeutig vermerkt.“
Laut Plagiatsjäger Martin Heidingsfelder soll der Allgäuer CSU-Politiker bei seiner Doktorarbeit an der Uni Regensburg Textpassagen aus einer anderen Arbeit übernommen haben, ohne diese korrekt zu kennzeichnen.
Nach Darstellung seiner Sprecherin begrüßt Müller, dass sich die Hochschule der Vorwürfe annehmen will. Dies werde für Klarheit sorgen. Die Uni Regensburg hatte nach eigenen Angaben am Montagabend von den Vorwürfen erfahren. Diese sollen nun von der Ombudsstelle für wissenschaftliches Fehlverhalten geprüft werden.
Müllers Arbeit wurde offenbar auf Auftrag hin überprüft
Heidingsfelder wirkte sowohl an der Internetplattform Guttenplag Wiki , die 2011 maßgeblich zum Rücktritt des damaligen Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg beisteuerte, als auch dem bekannten Portal VroniPlag Wiki mit. Inzwischen betreibt Heidingsfelder die ähnlich klingende, aber kommerzielle Seite vroniplag.de. Zuletzt war er unter anderem an der Aufarbeitung der Plagiatsfälle der FDP-Politiker Silvana Koch-Mehrin und Jorgo Chatzimarkakis beteiligt. Beide mussten ihre Doktortitel ablegen.
Heidingsfelder gilt unter Plagiatsjägern als umstritten. Seit Januar 2012 bietet er unter der Seite politplag.de zu "vergünstigten Konditionen" die Überprüfung von Politikerdissertationen an. Auf diesem Weg kam nun auch die Arbeit von Gerhard Müller unter die Lupe. Zu den Vorwürfen gegenüber dem Minister sagte Heidingsfelder auf Anfrage der Augsburger Allgemeinen, er suche nur nach einem Anfangsverdacht und habe sich noch nicht einmal zehn Stunden mit der Arbeit beschäftigt. Er sei aber "schnell auf den ersten Fund gestoßen". Auch habe er noch weitere Doktorarbeiten von CSU-Politiker bei sich liegen.
Den Vorwurf, Müller habe gezielt abgeschrieben und getäuscht, erhebt Heidingsfelder nicht. Er fordert allerdings, "dass die Uni Regensburg aktiv werden muss".
Gleiches verlangen auch die Mitglieder der "Bunten Liste", einer parteiunabhängigen Hochschulgruppe an Uni Regenbsurg, die nach eigenen Angaben am Montag die Prüfung des Falls bei der Ombudsperson für wissenschaftliches Fehlverhalten beantragt hatten. Daniel Gaittet, der ebenfalls Mitglied im studentischen Konvent ist, betonte im Gespräch mit unserer Redaktion, man wolle "niemanden vorverurteilen, sondern erreichen, dass die Sache ordentlich geprüft" werde. "Bei Studierenden wird inzwischen auch peinlich genau auf korrektes wissenschaftliches Arbeiten geachtet."
Müller promovierte zum Thema Junge Union
Müller hatte 1987 an der Universität Regensburg zum Thema "Die Junge Union Bayern und ihr Beitrag zur politischen Jugend- und Erwachsenenbildung" promoviert. Er war damals Landesvorsitzender der Jungen Union Bayern.
In einer Mitteilung, die auf politplag.de veröffentlicht wurde, werden mehrere Textpassagen in Müllers Doktorarbeit aufgezeigt, die teils wörtlich und ohne Anführungszeichen aus einer Arbeit von Wolfgang Hackel ("Die Auswahl des politischen Nachwuchses der Bundesrepublik Deutschland", 1978) übernommen worden sein sollen. Allerdings verweist Müller in einer Fußnote sowohl auf diese Quelle, als auch auf deren eigentlichen Ursprung. Heidingsfelder betont, dass es sich gemäß der international gültigen wissenschaftlichen Standards bei solchen "handwerklichen Fehlern" um Plagiate handle.
Zuletzt waren wegen ähnlicher Mängel mehrere Politiker in das Visier von Plagiatsjägern und in die öffentliche Kritik geraten. In einigen Fällen bestätigten sich die Plagiatsvorwürfe nicht, wie etwa bei Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU).
Müller ist in Unterbleichen im Landkreis Günzburg aufgewachsen und lebt in Kempten. In der Großen Koalition übernahm er den Posten des Entwicklungsministers. Zuvor war Müller lange Jahre Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.
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