EU beschließt schärfste Iran-Sanktionen
Brüssel/Wien/Ottawa (dpa) - Die europäischen Außenminister haben am Montag in Brüssel die schärfsten EU-Sanktionen aller Zeiten gegen den Iran beschlossen.
Auch Kanada legte nach und geht nach den USA und der EU über die am 6. Juni beschlossenen Maßnahmen der Vereinten Nationen hinaus. Die USA und Israel begrüßten die Schritte.
Nach Angaben von EU-Diplomaten sind neue Handelsbeschränkungen für Güter vorgesehen, die sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke verwendet werden können ("Dual-Use"). Die Staatengemeinschaft verdächtigt den Iran, heimlich Atomwaffen zu entwickeln.
Der Iran überreichte als Antwort auf die beschlossenen Sanktionen einen offiziellen Brief an die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien. Über den genauen Inhalt des Schreibens wurde zunächst nichts bekannt. Jedoch sagte der iranische IAEA-Botschafter Ali Asghar Soltanieh vor Journalisten in Wien, sein Land mache in dem Brief deutlich, dass es zu weiteren Verhandlungen über das für einen Forschungsreaktor in Teheran benötigte Uran bereit sei.
Die IAEA teilte mit, sie habe das Schreiben an die Regierungen von Frankreich, Russland, den USA sowie Brasiliens und der Türkei weitergeleitet. Diplomatenkreise in Wien bestätigten, dass der Iran zu neuen Gesprächen bereit sei. Jedoch bedürfe es zuvor noch einiger Klarstellungen.
Eine Bestätigung und Details zu den beschlossenen EU-Sanktionen sollen erst an diesem Dienstag veröffentlicht werden. Vorgesehen sind nach Angaben von EU-Diplomaten Verbote iranischer Frachtflüge nach Europa sowie neuer Investitionen in Irans Öl- und Gassektor. Auch die Versicherung und Rück-Versicherung iranischer Regierungsaktivitäten sowie Export-Kreditgarantien mit einer Laufzeit von über zwei Jahren sollen demnach nicht gestattet sein.
Bank-Überweisungen von mehr als 10 000 Euro müssen gemeldet, von mehr als 40 000 Euro genehmigt werden. Die Liste der Top-Funktionäre, die mit Reisebeschränkungen belegt sind und deren Vermögen in Europa eingefroren ist, wird verlängert. "Natürlich ist es nie gut, wenn solche Sanktionen beschlossen werden müssen für Exportnationen, auch nicht für uns", sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP). "Aber es wäre sehr viel schlimmer, zuzusehen, dass der Iran sich atomar bewaffnet."
Mehrere Minister zeigten sich jedoch skeptisch. Zyperns Außenminister Markos Kyprianou meinte, da es kein international einheitliches Vorgehen gebe, könnten ostasiatische Länder "das Geschäft mit Europa leicht ersetzen". Der schwedische Außenminister Carl Bildt warnte vor einer Stärkung "der falschen Leute, Schmugglern, die dem Regime oft nahestehen".
Die verschärften Sanktionen sollten in keiner Weise das iranische Volk bestrafen, betonte der konservative kanadische Premierminister Stephen Harper. Es seien vielmehr gezielte Maßnahmen, um die Entwicklung von Atomwaffen und Raketenprogrammen zu unterbinden.
Israel rief andere Staaten auf, dem Beispiel schärferer Sanktionen zu folgen. US-Außenministerin Hillary Clinton und Finanzminister Timothy Geithner erklärten, zusammen mit neuen und bereits existierenden Strafmaßnahmen der USA unterstrichen die Sanktionen "die wachsende Besorgnis der internationalen Gemeinschaft über das Atomprogramm des Iran". Die USA hielten aber weiterhin an einer diplomatischen Lösung des Atomstreits mit Teheran fest.
Der Iran rief die USA und die EU dazu auf, die Chance zur Beilegung des Atomstreits durch Verhandlungen nicht zu verpassen. Der iranische Chefunterhändler Ali Akbar Salehi sagte im staatlichen Fernsehen, die im Mai von Teheran mit Brasilien und der Türkei erzielte Vereinbarung zu einer Höheranreicherung iranischen Urans im Ausland solle dabei als Grundlage dienen. Der Westen hatte diesen Kompromissvorschlag als unzureichend abgelehnt.
Die Diskussion ist geschlossen.