Eine Steuersenkung auf Pump
Merkel, Westerwelle und Seehofer werden genau das tun, was für Haushaltspolitiker von Union und FDP bisher tabu war: eine Steuersenkung auf Pump. Ein Kommentar von Walter Roller
Für CDU/CSU und FDP steht eminent viel auf dem Spiel. Blasen sie die im Wahlkampf versprochenen Steuersenkungen ab, begehen sie nicht nur Betrug am Wähler.
Dann fehlt dem Start in die schwarz-gelbe Zukunft auch ein kräftiges Signal für den vollmundig verkündeten, auf Wachstum ausgerichteten "Neuanfang". Diese Argumente wiegen letztlich schwerer als die Tatsache, dass die Entlastung nur um den Preis zusätzlicher Verschuldung möglich ist.
Also werden die Parteiführer Merkel, Westerwelle und Seehofer in den sauren Apfel beißen und am Ende des Steuer-Pokers genau das tun, was für Haushaltspolitiker von Union und FDP bisher tabu war: eine Steuersenkung auf Pump. Es ist eine strategische Entscheidung, die das kleine Einmaleins solider Finanzpolitik außer Kraft setzt und ganz von der Hoffnung getragen ist, dass die riskante Operation zur Initialzündung für einen flotten Wiederaufschwung der Wirtschaft wird. Ob die Rechnung aufgeht, wird sich frühestens in ein, zwei Jahren zeigen. Bis dahin sattelt Schwarz-Gelb auf den gewaltigen Schuldenberg, den die Große Koalition hinterlassen hat, ungeniert Zigmilliarden drauf. Der geplante "Schattenhaushalt" dient nur dem Zweck, das ganze Ausmaß der Misere zu vernebeln und die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse auszuhebeln - ein legaler, doch fragwürdiger Trick, der die Steuersenkungen wenigstens auf dem Papier als machbar erscheinen lässt.
Mut ist das eine, Glaubwürdigkeit das andere. Letztere erfordert, dass CDU/CSU und FDP sich auch um einen Fahrplan für die Bremsung der Staatsausgaben und die Sanierung der Sozialsysteme kümmern. Denn was nutzen Steuersenkungen, wenn die Sozialabgaben wieder steigen und eine wachsende Schuldenlast alsbald neue Steuererhöhungen erzwingt?
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