Einsam durch die Pandemie: Junge Menschen leiden unter der Corona-Krise
Der Kampf gegen Corona verstärkt Isolationsgefühle – vor allem bei jungen Menschen. Der Sozialverband Deutschland warnt vor den gesellschaftlichen Folgen.
Ohne Corona wäre die Lage schon gefährlich genug. Vier bis 9,5 Millionen Menschen in Deutschland sind fast immer oder sogar immer einsam. Die Vorweihnachtszeit verstärkt bei vielen Menschen das Gefühl, alleine zu sein. Und in diesem Jahr kommt die Corona-Pandemie obendrauf. Seit dem Ausbruch haben die Einsamkeitsgefühle deutlich zugenommen – so steht es in einem Gutachten, das der Sozialverband Deutschland (SOVD) am Donnerstag in Berlin vorgestellt hat. Einsamkeit, Isolation und Exklusion betreffen demnach nicht nur alte Menschen, sondern auch Kindergartenkinder. Das Problem potenziert sich offenbar und es gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Gutachterin Claudia Neu hat festgestellt, dass die Corona-Pandemie das Einsamkeitserleben gerade auch bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen verschärft hat. „Sie leiden besonders unter den Kontaktbeschränkungen“, sagt Neu, die das Fachgebiet „Soziologie ländlicher Räume“ der Universitäten Göttingen und Kassel leitet. Auch Alleinerziehende zählen zum Kreis der überdurchschnittlich häufig von Einsamkeitsgefühlen geplagten Menschen.
Viele Nachbarschaften und informelle Netzwerke sind während der Corona-Pandemie intakt
Die gute Nachricht: In der Pandemie erweisen sich viele Nachbarschaften und informelle Netzwerke als stark und intakt. Ältere werden mitversorgt, der digitale Kontakt ist möglicherweise viel enger, als es der normale Kontakt vorher war. Damit gehen allerdings auch Befürchtungen einher, dass diese Pluspunkte nach der Pandemie wieder verschwinden könnten.
Dem Gutachten zufolge erlebte ein Drittel der Kindergartenkinder während des ersten Lockdowns „ausgeprägte Einsamkeitsgefühle“. Die „häufigsten Einsamkeitsgefühle“ verspürten demnach Menschen ab Jahrgang 1994 (62 Prozent) sowie die Gruppe der sogenannten Millenials, also den zwischen 1980 und 1993 Geborenen (60 Prozent).
Das Leben in der Stadt verstärkt offenbar das Gefühl des Alleinseins: Mehr als die Hälfte der Bewohner klagt hier über Einsamkeit. Sehr viel besser ist es auf dem Land allerdings auch nicht, hier sind es demnach 41 Prozent. Insgesamt nahmen die Einsamkeitsgefühle auf einer Werteskala von null bis zwölf in diesem Jahr erheblich zu. Im Vergleichsjahr 2017 lagen sie im Schnitt bei einem Wert von 3, in diesem Jahr stieg diese Zahl auf 5,4.
Sozialverband Deutschland: Ganze Gruppen könnten sich während Corona-Pandemie ausgeschlossen fühlen
SOVD-Vizepräsidentin Ursula Engelen-Kefer erklärte, die Corona-Pandemie habe einem Brennglas gleich „langjährige Fehlentwicklungen unserer sozialen Sicherungssysteme offengelegt“. Hintergrund dieser Aussage ist die Feststellung in dem Gutachten, dass arme Menschen (darunter Bezieher niedriger Einkommen, Langzeitarbeitslose und Alleinerziehende), chronisch Kranke sowie Menschen mit Behinderungen besonders oft alleine sind. Engelen-Kefer erneuerte in diesem Zusammenhang die Forderung ihres Verbandes nach einer umfassenden Stärkung des Sozialstaats in Deutschland.
Die ehemalige DGB-Vizechefin nannte als Beispiel „eine Grundsicherung, die existenzsichernd ist und vor Armut schützt“. Leistungsempfängerinnen und -empfänger sollten zudem in der aktuellen Krise einen Zuschlag von 100 Euro pro Monat bekommen, um ihre Mehraufwendungen abzudecken.
Sollte der Staat Einsamkeit, Isolation und Exklusion nicht in den Griff bekommen, könnten sich bald nicht mehr nur einzelne Menschen, sondern ganze Gruppen vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen fühlen, erklärte Engelen-Kefer und warnte hier vor „Sprengstoff für den sozialen Zusammenhalt“.
Sozialverband Deutschland rechnet mit Demonstrationen in Corona-Pandemie
Wenn sich die Ladung entzündet, könnte das die neuen Entwicklungen während der Corona-Pandemie noch verstärken. „Ich glaube schon, dass diese Menschen das nicht einfach schweigend hinnehmen, sondern sich entsprechend mit Demonstrationen zur Wehr setzen“, sagte die SOVD-Vizepräsidentin.
„Wir haben ja die verschiedensten Formen von Demonstrationen in letzter Zeit erlebt, auch gerade im Zuge der Pandemie, die wir vorher gar nicht gekannt haben.“ Das werde sich weiter fortsetzen „wenn wir nicht versuchen, diese soziale Spaltung zu verhindern“. Sollte das nicht gelingen, werde mit den Füßen, oder – noch schlimmer – gar nicht mehr abgestimmt.
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Inzwischen fühlt sich ja jeder bemüßigt irgendeine Umfrage zu starten. Diese werden aber nie neutral gestaltet sondern es wird einem ja schon bei der Befragung suggeriert möglichst mit ja zu antworten. Warum werden die Menschen nicht gefragt, wie es ihnen gerade mit der Pandemie geht? Nein es wird gefragt "fühlen sie sich gerade durch die Einschränkungen einsam?"
Wir sollten uns mal erinnern welche schwierigen Zeiten unsere Eltern und Großeltern durch die Kriege und Nachkriegsjahre hatten. Aber natürlich, die konnten ja gar nicht einsam sein, die hatten dazu keine Zeit, denn die Aufbauarbeiten und längeren Arbeitszeiten haben die Menschen davon abgehalten über Langeweile, Einsamkeit und was sonst noch nachzudenken. Heute muss die Freizeit eher noch länger sein, und wenn man nicht bei jedem Event dabei ist, ist man ja nicht in.
Vielleicht sollten alle mal daran denken, dass wir nur irgendwann wieder ein einigermaßen normales Leben führen können, wenn man sich jetzt zurück nimmt und nicht alkolisiert in Gruppen zu feiern. Wobei wenn man dies so beobachtet, bestehen diese Feiern aus lauter Musik, unterhalten, rumblödeln und vor allem Alkohol zu konsumieren. Die Senioren, die meistens allein leben, akzeptieren dies viel mehr als die Jüngeren.
Was verstehen Sie unter "einem normalen Leben" ? Gehört da Skifahren auch dazu ?
Auch früher schon wollten Jungendliche hauptsächlich mit Gleichaltrigen "rumhängen" . Das gehört zum Erwachsen werden schlicht dazu .
So bildeten sich schließlich nach dem WW II Anfang 50 die damals von der älteren Generation mißmutig titulierten , "ami-musik-hörenden" , in Beatclubs herumhängenden "Langhaarigen" (obwohl die damals höchstens die da modische Pilzkopffrisur trugen) und "Rocker" ( obwohl die Jugendlichen höchstens mit den ersten käuflich erwerbbaren Mofas zum Beatclub fuhren) .
Ist ja kein Wunder, dass man den Blues bekommt. Schließlich wird es einem ja auf fast jeder Zeitungsseite einmal erklärt, dass sich das so gehört. Man kommt sich ja direkt schon krank vor, wenn man nicht über Einsamkeit und Isolation klagt und kundtut, wie schlecht es einem geht. Wenn man schon Kindergarten-Kindern depressive Tendenzen bescheinigt – ja wie sollen die denn einmal eine wirkliche Lebenskrise bewältigen, die sicher in jedem Menschenleben ab und zu ansteht? Vergessen werden die wirklich Einsamen und Menschen, die an Depressionen leiden, denn das ist nicht einfach schlechte Stimmung, sondern eine ernste Krankheit. Man jammert in erster Linie darüber, dass man gerade nicht alles machen kann, was einem so in den Sinn kommt … Ich beginne langsam daran zu zweifeln, dass der Mensch ein vernunftbegabtes Wesen ist. Wäre dies der Fall, würde jeder für sich zusehen, dass der Zustand sich durch das eigene Handeln schnell ändert statt individuelle Wünsche einzufordern und sogar einzuklagen. Auch von den Medien würde ich mir optimistischere Impulse wünschen statt ständig zu quengeln, was gerade nicht geht.
Meine volle Zustimmung. Super analysiert!
Ältere Menschen leiden auch unter der Corona-Krise. Warum sollte es bei jungen Menschen anders sein? Auch ältere Menschen schränken ihre Kontakte und Reisen seit einem dreiviertel Jahr massiv ein. Und dann noch die zusätzliche Arbeitsbelastung in vielen Bereichen. Es reicht einfach allen Menschen.
>>Es reicht einfach allen Menschen.<<
Dann sagen sie das mal dem Corona Virus