Europa machtlos im Mittelmeer
Uneins über Vorgehen gegen Flüchtlingsstrom
Die Ohnmacht der EU war am Montag einmal mehr mit Händen zu greifen. Der Zustrom von Flüchtlingen aus Afrika über das Mittelmeer geht nahezu unvermindert weiter, während sich die Außenminister bei ihrem Treffen in Brüssel intern stritten und lähmten.
Eigentlich wollte man gestern das Mandat der EU-Marine-Mission „Sophia“ verlängern. Es läuft am 27. Juli aus. Doch Italien legte sich aus Verärgerung über die mangelnde Solidarität der europäischen Partner quer. Das Land hat seit Jahresanfang bereits rund 93000 Hilfesuchende aufgenommen, zu einer Verteilung aber kommt es nicht.
Dennoch gab sich die EU-Außenbeauftragte, die Italienerin Federica Mogherini, optimistisch: „Bis zum 27. Juli ist es ja noch Zeit.“ Sie sehe keine „größeren Probleme, die Zustimmung zur Verlängerung des Marine-Einsatzes“ zu bekommen.
Dabei ist der ohnehin umstritten. Bisher haben die Vereinten Nationen ein Mandat verweigert, das es den Schiffen im Mittelmeer erlauben würde, in die geschützte Zone zwölf Seemeilen vor Libyen einzulaufen und dort die Schlepper daran zu hindern, seeuntüchtige Schlauchboote über und mit Flüchtlingen zu beladen. Eine stabile Regierung in Tripolis, die eine solche Maßnahme billigen könnte, gibt es auch nicht. Das amtierende Übergangsregime hatte der EU die Genehmigung für Operationen in Nähe der Küste verweigert. Seither fragt Brüssel erst gar nicht mehr, um nicht noch eine Absage zu kassieren.
So blieb den Ministern gestern nur, andere Maßnahmen zu beschließen: „Die EU ist bereit, Möglichkeiten zu prüfen, um Strafmaßnahmen auch auf Schmuggler von Migranten und Menschenschleuser auszuweiten“, heißt es in ihrem Schlussdokument. Soll heißen: Man droht den Hintermännern der Kriminellen mit Sanktionen. Es heißt, einige von ihnen hätten ihr Geld in Europa geparkt und besäßen auch hier Immobilien. Jetzt könnten die Vermögen eingefroren und Einreiseverbote verhängt werden. Außerdem wurde die Ausfuhr von Außenbordmotoren und Schlauchbooten nach Libyen untersagt. Nur Fischer dürfen noch beliefert werden.
Dem luxemburgischen Außenminister Jean Asselborn erschien das viel zu wenig: „Die EU muss viel tiefer in die Tasche greifen“, sagte er und forderte, das UN-Flüchtlingshilfswerk und die Internationale Organisation für Migration zu unterstützen. Ein Zurückschicken der Menschen nach Libyen verbiete sich von selbst. „Das sind zum Teil Konzentrationslager, das sind Lager, in denen Menschen vergewaltigt werden, in denen kein Recht gilt“, beschrieb er die Situation in den nordafrikanischen Aufnahmecamps.
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