Auch nach wochenlangem Wahlkampf sind die deutschen Spitzenkandidaten für die Europawahl noch relativ unbekannt. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur sagten 38 Prozent, dass sie keinen einzigen der neun Kandidaten kennen, die für die sieben im Bundestag vertretenen Parteien antreten. Auf den höchsten Bekanntheitsgrad kommt die SPD-Spitzenkandidatin Katarina Barley. Aber auch mit ihrem Namen kann eine knappe Mehrheit von 51 Prozent nichts anfangen.
AfD-Spitzenkandidat Jörg Meuthen ist bekannter als CSU-Mann Manfred Weber
Nur jedem Dritten (36 Prozent) ist Manfred Weber ein Begriff, der als Spitzenkandidat sowohl für CDU und CSU in Deutschland als auch europaweit für die Parteienfamilie EVP antritt. Er will Präsident der EU-Kommission werden. Weber liegt auf der Bekanntheitsskala noch hinter dem AfD-Spitzenkandidaten und Parteichef Jörg Meuthen mit 39 Prozent. 30 Prozent kennen FDP-Generalsekretärin Nicola Beer, die bei der Wahl am Sonntag als Nummer eins der Liberalen antritt.
Dahinter folgen mit großem Abstand die Spitzenkandidaten der Grünen, Ska Keller (16 Prozent) und Sven Giegold (7 Prozent), sowie die der Linken, Özlem Alev Demirel (17 Prozent) und Martin Schirdewan (5 Prozent). Den letzten Platz teilt sich Schirdewan mit Udo Bullmann, dem zweiten Spitzenkandidaten der SPD, der ebenfalls nur auf 5 Prozent kommt. Selbst den Wählern der eigenen Parteien sind die beiden ziemlich unbekannt. Nur jeweils 6 Prozent sagen die Namen etwas.
Einige Europawahl-Spitzenkandidaten konnten ihre Bekanntheit steigern
Allerdings konnten alle Spitzenkandidaten ihre Bekanntheitswerte während des Wahlkampfs steigern. YouGov hatte bereits vor einem Monat - zu Beginn des Wahlkampfs - bei einer Umfrage dieselbe Frage gestellt. Seitdem haben Barley und Weber 10 Prozentpunkte zugelegt und Keller 9. Bei den anderen nahm der Bekanntheitsgrad deutlich weniger zu, bei Giegold, Schirdewan und Bullmann sogar nur um einen Prozentpunkt.
Weber und Keller sind die einzigen deutschen Spitzenkandidaten, die auch ihre europäischen Parteienfamilien in den Wahlkampf geführt haben. Für die Sozialdemokraten tritt der Niederländer Frans Timmermans an, den laut YouGov-Umfrage nur jeder Vierte (26 Prozent) kennt. Die dänische Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager kommt nur auf 12 Prozent. Beiden werden wie Weber Chancen auf die Nachfolge von Jean-Claude Juncker an der Spitze der EU-Kommission eingeräumt. Violeta Tomic von der Europäischen Linken kennen nur 2 Prozent der Befragten und den rechtskonservativen Tschechen Jan Zahradil nur 3 Prozent.
Geht es nach dem EU-Parlament, soll einer der Spitzenkandidaten nach der Wahl Kommissionspräsident werden. Bei den Staats- und Regierungschefs gibt es aber Widerstand gegen dieses Prinzip, allen voran vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron. (dpa)
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