Experten-Kabinett von Kanzlerin Bierlein steht
Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein beruft fünf Frauen und sechs Männer in ihr Kabinett. An einem Minister gibt es jedoch bereits Kritik.
Österreichs neue Regierung ist im Amt. Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein hat sechs Männer und fünf Frauen für ihr Kabinett berufen. Sie zeichnen sich durch „unbestrittene Expertise und den treuen, langen Dienst für die Republik“ aus, sagte die frühere Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes in ihrer ersten Rede im Kanzleramt. Sechs der Kabinettsmitglieder werden der konservativen ÖVP, zwei der sozialdemokratischen SPÖ und einer der rechtspopulistischen FPÖ zugeordnet. Die liberalen Neos und die Grünen-nahe Liste Jetzt sind nicht vertreten. Alle Minister waren Fachbeamte im höheren Dienst.
Die Regierung Bierlein kam in Absprache mit Parteichefs und dem Bundespräsidenten zustande. So soll ein Misstrauensvotum im Parlament gegen das wohl nur wenige Monate amtierende Kabinett verhindert werden.
Infrastrukturminister Reichhardt nahm an Wehrsportübung teil
Umstritten ist die Berufung des neuen Verkehrsministers Andreas Reichhardt. Der Burschenschaftler folgt Norbert Hofer (FPÖ) als Infrastrukturminister. Schon seit Jahren kursieren Fotos von Reichhardt, die ihn Ende der achtziger Jahre bei einer Wehrsportübung zusammen mit dem ehemaligen FPÖ-Vorsitzenden Heinz-Christian Strache zeigen. Dennoch blieb Reichhardt 2008 unter dem SPÖ-Infrastrukturminister Werner Faymann Hauptabteilungsleiter im Ministerium. Die FPÖ verhinderte einen ÖVP-Wunschkandidaten als Innenminister. Bierlein wählte deshalb Wolfgang Peschorn aus, der seit 2006 die Finanzprokuratur leitet und den Staat in Rechtsfragen vertritt. Er kam durch den ehemaligen FPÖ-Politiker Karl-Heinz Grasser ins Amt.
Obwohl die FPÖ wegen der Ibiza-Affäre angeschlagen ist, nutzt sie ihre Möglichkeiten, politische Macht auszuüben. Der ehemalige Vorsitzende Heinz-Christian Strache könnte jetzt einen Sitz im EU- Parlament beanspruchen. Eine Initiative der rechtsextremen Identitären in den sozialen Medien hat ihm große Unterstützung und eine Art Direktmandat gebracht, in Österreich Vorzugsstimmenmandat genannt. Doch innerhalb der FPÖ mehren sich Gegenstimmen. Erste Ausschlussforderungen wurden gestern dementiert. Ihnen folgten Loyalitätsbekundungen.
Neuwahl in Österreich: Genauer Termin ist umstritten
Bundeskanzlerin Bierlein erklärte in ihrer Antrittsrede am Montag, ihre Regierung verzichte bewusst auf zwei Ministerien und lege Wert auf schlanke Strukturen. Sie appellierte an das Parlament, dem Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz nicht angehört, möglichst schnell Neuwahlen in die Wege zu leiten. Der genaue Termin im September ist allerdings zwischen SPÖ und ÖVP weiterhin umstritten.
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