
Wie gefährlich sind die "Reichsbürger"?


Die sogenannten "Reichsbürger" rücken ins Visier des Verfassungsschutzes. Jetzt steht auch Bayerns AfD-Chef Petr Bystron unter Beobachtung.
Die AfD in Bayern rückt offenbar gefährlich nahe an rechtsextremistische und verfassungsfeindliche Gruppen heran. Seit diesem Monat wird AfD-Landeschef Petr Bystron sogar vom Verfassungsschutz beobachtet. Das bestätigte der Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz, Burkhard Körner, am Mittwoch in München. Auch einige weitere Mitglieder der Partei seien im Visier der Behörde, nicht aber die AfD als Ganzes, betonte Körner. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sieht „besorgniserregende Entwicklungen“ in allen extremistischen Szenen. Das gilt nach den Worten des CSU-Politikers auch für die sogenannten „Reichsbürger“, die vom Verfassungsschutz neuerdings als „sicherheitsgefährdende Bestrebung“ eingestuft und zumindest „in Teilen“ dem Rechtsextremismus zugeordnet werden.
Drei Entwicklungen in der Sicherheitslage im Freistaat hob Herrmann gestern besonders hervor: die anhaltend hohe Gefahr durch islamistische Terroristen, die wachsende Gewaltbereitschaft zwischen türkischen Nationalisten und der kurdischen Terrororganisation PKK in Deutschland sowie die immer stärker um sich greifende „Hetze gegen Fremde und Gewaltbereitschaft gegen Andersdenkende“.
Erst nach Schüssen auf einen Polizisten gerieten die "Reichsbürger" in den Fokus
Erstmals hat sich der Verfassungsschutz im Bereich des Rechtsextremismus besonders intensiv mit den sogenannten „Reichsbürgern“ beschäftigt. Sie waren erst nach den Schüssen auf einen Polizisten im fränkischen Georgensgmünd richtig in den Blickpunkt gerückt. Im Oktober 2016 hatte dort ein Mann, der sich zu der Bewegung bekennt, einen Beamten getötet. „Reichsbürger“ erkennen die Bundesrepublik und ihre Institutionen nicht an. Bisher konnten laut Herrmann 2700 von ihnen identifiziert werden – darunter waren 178 Waffenbesitzer. In 94 Fällen wurde die Erlaubnis, eine Waffe zu besitzen, widerrufen.
Laut Verfassungsschutz handelt es sich bei den „Reichsbürgern“ um eine sehr heterogene Bewegung, die zwar nicht vollständig dem Rechtsextremismus zugerechnet werden könnte, die Ideologie insgesamt sei aber geeignet, Personen in ein „geschlossenes, verschwörungstheoretisches Weltbild“ zu verstricken, in dem aus Staatsverdrossenheit Staatshass werden kann. „Dies kann“, so heißt es im Verfassungsschutzbericht, „die Grundlage für Radikalisierungsprozesse sein bis hin zur Gewaltanwendung.“
Verfassungsschutz stuft "Identitäre Bewegung" als rechtsextremistisch ein
Viel eindeutiger fällt das Urteil der Verfassungsschützer über die sogenannte „Identitäre Bewegung“ aus. Ihre Vorstellung, wonach Völker an bestimmte Territorien gebunden seien, entspreche „der rechtsextremistischen ,Blut und Boden‘-Ideologie, wobei der Begriff der ,Rasse‘ durch eine angebliche ,ethnokulturelle Identität‘ ersetzt wird“. Dass nun auch Bystron beobachtet wird, begründete Präsident Körner damit, dass Bayerns AfD-Chef „mehrfach eine ausgeprägte Nähe zur rechtsextremistischen ,Identitären Bewegung‘“ habe erkennen lassen. Er habe sie als „tolle Organisation“ und als „Vorfeldorganisation von der AfD“ bezeichnet, die unterstützt werden müsse.
Bystron nannte in einer Erklärung die Beobachtung durch den Verfassungsschutz „sachlich ungerechtfertigt und rein parteipolitisch motiviert“. Er warf Herrmann vor, den Verfassungsschutz zu missbrauchen, „um mich und meine Partei zu diskreditieren“.
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