Fällt der Brexit jetzt vielleicht ganz aus?
Die Briten sind frustriert, die Europäer verlieren die Geduld. Wie Premierministerin Theresa May das Chaos gerade noch abwenden könnte.
Der Plan schien so einfach. Die Briten stimmen darüber ab, ob sie in der Europäischen Union bleiben wollen – und falls nicht, tritt das Königreich eben aus. Bald drei Jahre und viele Gipfel später ist der Brexit alles, nur nicht einfach. Die europäischen Partner haben genug vom Zeitspiel der Regierung in London und nehmen die Sache selbst in die Hand. Nichts ist mehr sicher – nicht einmal, dass der Brexit überhaupt stattfindet.
Zwar haben sich London und Brüssel darauf geeinigt, die Scheidungsfrist zu verlängern, um einen ungeordneten Austritt ohne Deal und Übergangsphase am geplanten Austrittsdatum 29. März zu vermeiden. Doch die eigentliche Herausforderung steht Premierministerin Theresa May noch bevor. Am Dienstag oder Mittwoch will sie den Abgeordneten abermals das mit Brüssel ausgehandelte Abkommen vorlegen. Zwei Mal schon ist sie epochal damit gescheitert – und auch jetzt sind die Chancen eher gering. Insbesondere nachdem May am Mittwoch eine unversöhnliche Rede gehalten hat, in der sie ausgerechnet jene für das Chaos verantwortlich machte, die sie nun dringend braucht: die Abgeordneten. Damit verprellte sie auch die letzten wohlgesonnenen Kollegen. Das dürfte sich rächen.
Wenn May im Unterhaus wieder scheitert, sind ihre Tage wohl gezählt
Wenn der Deal abermals durchfällt, wie Beobachter fast einstimmig prophezeien, ist wohl auch das politische Schicksal von May besiegelt. Die Folge wäre ein hässlicher Kampf um die Nachfolge der konservativen Premierministerin. Ginge May nicht aus freien Stücken, könnte sie durch ein Misstrauensvotum fallen. Dann blieben 14 Tage, um eine neue Regierung zu stellen. Wahrscheinlicher aber wären Neuwahlen. Ob damit die verfahrene Situation im Parlament gelöst würde, ist allerdings mehr als fraglich. Zu zerstritten präsentieren sich sowohl Konservative als auch die sozialdemokratische Labour-Partei in der entscheidenden Frage: Wie soll das denn nun laufen mit dem Brexit?
Sollte es tatsächlich zum politischen Kollaps in London kommen, müsste wohl David Lidington, Mays inoffizieller Stellvertreter, in Brüssel versuchen, ein Ausscheiden ohne Deal abzuwenden. Dort könnte er angesichts der neuen Umstände um einen längeren Aufschub des Brexits bitten. Die Briten müssten dann aber auch an der Europawahl teilnehmen.
Die Brexit-Gegner sammeln Millionen Unterschriften
Die Brexit-Gegner im Königreich fordern lautstark eine erneute Volksabstimmung oder, dass die Scheidung ganz abgeblasen wird. Eine Online-Petition für den Verbleib in der EU hat innerhalb von zwei Tagen mehr als drei Millionen Unterschriften gesammelt. Zwar haben solche Petitionen kaum mehr als Signalwirkung. Aber der Erfolg der Aktion sende eine starke Botschaft an die Politik, dass die Menschen gehört werden wollen, sagt die Abgeordnete Heidi Allen.
Was bleibt, ist Frustration im Königreich – auf allen Seiten. Und auch wenn die Nation gespalten ist, sind sich die Briten laut einer Umfrage zumindest in einem Punkt einig: 90 Prozent der Befragten empfinden es als „nationale Demütigung“, wie das Land den Brexit handhabt.
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Exit vom Brexit?
Wäre wünschenswert - für Rest-Europa, vor allem aber für Großbritannien!