
Der Kämpfer - Helmut Kohl im Rückblick

Für die einen ist er bloß "Birne" oder der Mann mit dem "Bimbes", für die anderen ist Helmut Kohl der hoch verehrte "Kanzler der Einheit". Der CDU-Politiker wird am 3. April 80 Jahre alt. Die ARD würdigte ihn mit dem Film "Der Kämpfer - Helmut Kohl im Rückblick".
Hamburg (dpa) - Für die einen ist er bloß "Birne" oder der Mann mit dem "Bimbes", für die anderen ist Helmut Kohl der hoch verehrte "Kanzler der Einheit". Der CDU-Politiker wird am 3. April 80 Jahre alt.
Die Würdigungen für den umstrittenen Bundeskanzler der Jahre 1982 bis 1998 häufen sich deshalb in den kommenden Tagen. Die ARD strahlt am Montag (22. März/21.00 Uhr) den Film "Der Kämpfer - Helmut Kohl im Rückblick" von Ina-Gabriele Barich und Klaus Weidmann aus. Darin bewerten viele Persönlichkeiten die politische Lebensleistung von Helmut Kohl. Der Film wirkt an vielen Stellen wie ein Nachruf.
Zu Wort kommen zum Beispiel: der letzte Machthaber der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, dem Kohl die deutsche Wiedervereinigung abrang ("Er zeigte mir, dass auch die Deutschen eine Seele haben, nicht nur die Russen") oder Altbundespräsident Richard von Weizsäcker ("Er war ein politisches Naturtalent"). Auch der Kanzlerfotograf Konrad R. Müller, der Karikaturist Hans Traxler oder der Kabarettist Dieter Hildebrandt machen ihre Bemerkungen.
Neben seinem langjährigen engsten Berater Horst Teltschik äußern sich auch parteiinterne Widersacher: Rita Süssmuth beispielsweise oder Lothar Späth ("Ich wünsche mir, dass er noch ein bisschen milder wird im Alter").
Sein Vorgänger, Altkanzler Helmut Schmidt (SPD), bekennt zu Kohls Kanzlerschaft: "'89 - das war eine Glanzleistung". Schmidt sagt aber auch, dass sein Nachfolger auf dem Felde der Finanzen kein guter Politiker gewesen sei. 1982, in dem Moment, als er Kohl im Bundestag zur Kanzlerwahl gratulieren musste, habe er "gar nichts" gedacht: "Da braucht einem doch nicht sonderlich sonst was durch den Kopf gehen."
Die amtierende Bundeskanzlerin und Parteichefin Angela Merkel war ein Kohl-Zögling. Sie antwortet in dem Film auf die Frage, ob in der CDU daran gedacht werde, ihm wieder den Ehrenvorsitz anzutragen: "Diese Frage stellt sich nicht mehr." Im Zuge der Spendenaffäre hatte Kohl den Posten auf Druck auch von Merkel niedergelegt. Kohl hat die Namen der Spender für eine inoffizielle Parteikasse bis heute nicht genannt.
1999/2000 zerbrach die Partei an diesem Verhalten fast, mit dem er sein "Ehrenwort" über das Gesetz stellte. Heute ist der Pfälzer, der jahrzehntelang seine Partei und die ganze Republik prägte, schwer krank. Vielleicht auch deshalb gibt sich Merkel versöhnlich. Die CDU könne mit dieser schwierigen Phase gut umgehen "und trotzdem wieder ein gutes Verhältnis zu Helmut Kohl haben".
Fast versöhnlich ist auch der ehemalige Chefredakteur des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel", Stefan Aust. Er sagt: "Kohl ist keine sympathische Person. Rücksichtslos, aggressiv. Er hat viele Leute düpiert, verletzt, zurückgelassen." Aber auch: ""Der Spiegel" hat sich an Kohl abgearbeitet. Wenn ich das jetzt rückblickend betrachte: Da ist manchmal auch ein bisschen was aus dem Ruder gelaufen."
Der Film beginnt zwar mit einem Auftritt des gesundheitlich schwer Angeschlagenen im Jahr 2009, gibt aber ansonsten chronologisch den Aufstieg des Politikers wieder - von seiner Zeit als junger Fraktionschef und dann Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz über die 16-jährige Kanzlerschaft bis zur Spendenaffäre. Das Privatleben, unter anderem mit dem Selbstmord seiner langjährigen Ehefrau Hannelore im Jahr 2001, kommt so gut wie gar nicht vor.
Der Politologe Gerd Langguth ordnet Kohls Verhalten und Leistungen im Film ein: "Je älter er wurde, umso unzugänglicher wurde er." Die deutsche Einheit ist für ihn nicht das eigentliche Vermächtnis Kohls: "Sein wirklicher Verdienst ist der Euro."
Der SWR wiederholt die Dokumentation "Der Kämpfer - Helmut Kohl im Rückblick" am 29. März um 22.30 Uhr. Die ARD strahlt außerdem am 26. März (23.30 Uhr bis 5.10 Uhr) "Die lange Kohl-Nacht" aus, die die Journalisten Jörg Schönenborn (WDR) und Fritz Frey (SWR) moderieren. Wiederholung der "langen Nacht" im SWR Fernsehen in zwei Teilen: 29. März (23.15-1.45 Uhr) und 30. März (23.00-2.10 Uhr).
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