
Trotz Verhüllungs-Verbot bleibt die „Burka-Jagd“ in Frankreich bisher aus


Seit fast sechs Jahren gibt es im Nachbarland ein Verhüllungs-Verbot – doch zur Anwendung kommt es selten. Die Polizei verweist auf die Schwierigkeiten bei der Umsetzung.
„Die Republik lebt mit unbedecktem Gesicht“: Mit diesem Motto auf einem Faltblatt versuchte die französische Regierung vor knapp sechs Jahren, das Verbot von Ganzkörperschleiern wie Burka oder Niqab im öffentlichen Raum zu vermitteln. Nachdem es am 11. Oktober 2010 in Kraft getreten war, galt zunächst noch eine sechsmonatige Übergangsfrist. Denn der Entscheidung waren heftige Debatten vorangegangen: Die Wächter des Laizismus, der in Frankreich geltenden Trennung von Staat und Religion, standen den Verfechtern der Religionsfreiheit gegenüber.
Die einen befürworteten Null-Toleranz für das vollständige Verhüllen von Frauen – die anderen befürchteten eine neuerliche Stigmatisierung von Muslimen. Zumal die Zahl der Betroffenen auf 1900 geschätzt wird, während Frankreich rund sechs Millionen Muslime zählt und damit die größte islamische Gemeinschaft in Europa.
Das Vermummungs-Verbot gilt an allen allgemein zugänglichen Orten von Geschäften, Cafés, Hotels über öffentliche Transportmittel, Schulen, Universitäten und Behörden bis hin zu Straßen und Parks. Wer dagegen verstößt, muss eine Geldstrafe von 150 Euro bezahlen.
Allerdings hat die konservative Opposition, die das Gesetz damals unter Präsident Nicolas Sarkozy beschloss, der sozialistischen Regierung oft vorgeworfen, es kaum zur Anwendung zu bringen. Im Jahr 2011 wurden (ab dem 11. April) 234 Sanktionen gezählt, 332 im Jahr 2012, 383 in 2013, 397 in 2014 und nur noch 223 im vergangenen Jahr. Dabei handelte es sich oft um „Wiederholungstäterinnen“: So wurde eine Frau mehr als 33-mal bestraft.
Polizei in Frankreich ist beim Burka-Verbot zurückhaltend
Die französische Polizei stand dem Gesetz stets zurückhaltend gegenüber und erklärte, keine „Burka-Jagd“ betreiben zu wollen. „Wir haben von Anfang an gesagt, dass es schwierig anzuwenden sein würde“, sagt Nicolas Comte, Sprecher einer Polizistengewerkschaft: „Meine Kollegen überlegen zweimal, bevor sie sich in bestimmten Vierteln in komplizierte Situationen begeben.“ Da die Einsatzkräfte überlastet seien, stelle sich auch die Frage, ob man wegen einer derart geringfügigen Gesetzesübertretung eingreife.

Und selbst wenn, bezahlen oft die Frauen nicht selbst: Der algerische Geschäftsmann Rachid Nekkaz hat sich medienwirksam dazu bereit erklärt, einen Großteil der Strafen zu übernehmen – aus Prinzip. Denn er sei zwar persönlich gegen Burka und Niqab, aber für den „Respekt der grundlegenden Freiheiten“.
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