Worum geht es beim G7-Gipfel auf Schloss Elmau eigentlich genau?
Umweltschutz, Islamismus, der Hunger in der Welt: Worum es bei dem Treffen in Elmau geht und welche Zeichen Angela Merkel setzt.
Lars-Hendrik Röller ist der Zeit immer einen Schritt voraus. Obwohl der Gipfel der sieben großen Industrienationen in Elmau noch gar nicht begonnen hat, hat Angela Merkels Chefunterhändler das Abschlusskommuniqué schon so gut wie fertig. Um die 15 Seiten lang wird es sein und so ausgewogen formuliert, dass jeder Teilnehmer daraus herauslesen kann, was ihm wichtig ist. Seit Monaten bereits stimmen der Wirtschaftsprofessor Röller, im Hauptberuf Abteilungsleiter im Kanzleramt, und seine Kollegen aus den anderen Ländern ihre Positionen ab. Wirklich vereinbart aber ist nichts, solange nicht alles vereinbart ist. Deshalb haben die Gepäckträger der Mächtigen, die sogenannten Sherpas, auch am Wochenende noch gut zu tun.
Themen des G7-Gipfels: Ukraine, Flüchtlinge und Terrorismus
Neben dem Konflikt in der Ukraine und den zunehmenden Flüchtlingsströmen wird der Gipfel sich vor allem mit der Lage im Nahen Osten und dem Kampf gegen den Terror beschäftigen. Dazu hat die Kanzlerin unter anderem den tunesischen Präsidenten Beji Caid Essebsi, den irakischen Premier Haider Al-Abadi und den nigerianischen Präsidenten Muhammadu Buhari eingeladen. Alle drei, sagt ein Merkel-Berater, bemühten sich darum, die Islamisten zu bremsen und die Polarisierung zu überwinden. Auf Drängen Japans beschäftigt sich der Gipfel mit der Lage im Südchinesischen Meer, wo China seine Militärpräsenz immer weiter ausbaut. Und natürlich wird, wenn auch nur am Rande, über Griechenland geredet. Eine Rückkehr Russlands in den exklusiven G-Klub dagegen ist kein Thema.
Industrieländer wie die USA, Japan oder die Bundesrepublik haben ein natürliches Interesse daran, dass der Welthandel nicht durch Zölle, technische Normen und andere Hemmnisse behindert wird. Mittlerweile ist der Freihandel für die großen Sieben allerdings kein Selbstzweck mehr. In Elmau wollen sie sich für einen neuen Fonds mit dem Namen „Vision Zero“ starkmachen, der Unternehmen in Entwicklungsländern dabei hilft, bestimmte ökologische und soziale Mindestbedingungen einzuhalten.
„Erstmalig steht die Durchsetzung weltweiter Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards auf der G-7-Agenda“, heißt es in einem der vielen Papiere, die zwischen den Unterhändlern zirkulieren. Dem Vernehmen nach will die Kanzlerin ihren Gästen dabei auch das von Entwicklungsminister Gerd Müller initiierte „Textilbündnis“ vorstellen, in dem sich namhafte Unternehmen der Branche verpflichtet haben, ihren Herstellern und Lieferanten in Bangladesch oder Pakistan genauer auf die Finger zu sehen.
Merkel setzt Klimaschutz auf die G7-Tagesordnung
Hier richten die großen Sieben ihren Blick besonders auf die Frauen. Sie sollen besser ausgebildet werden und sich leichter selbstständig machen können – mit welchen Initiativen und Programmen ist aber noch unklar. Vor dem Sondergipfel der Vereinten Nationen im September soll auch der Kampf gegen Hunger und Unterernährung forciert werden. Bis zum Jahr 2030 wollen die G7 ein Viertel der zwei Milliarden Menschen, die zu wenig zu essen haben, aus der Hungerfalle befreien. In einem Positionspapier aus Müllers Ministerium heißt es: „Entwicklungspolitik ist eine zentrale Säule des deutschen G-7-Vorsitzes.“
Wie schon beim Gipfel in Heiligendamm hat die Kanzlerin auch in Elmau den Klimaschutz weit oben auf der Tagesordnung des Treffens verankert. Mit Blick auf den Weltklimagipfel Ende des Jahres in Paris wolle sie „ein Zeichen setzen“, sagt einer ihrer Berater. Ob sich das Ziel, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, so deutlich im Schlusskommuniqué findet, ist allerdings noch offen. Konkrete Zusagen der Teilnehmer über den Abbau von Treibhausgasen in ihren Ländern wird es vermutlich nicht geben. Im Moment steht hier vor allem Japan auf der Bremse. Dafür bemühen sich die Gipfelgäste im Kleinen um einen Fortschritt: Das Angebot an Versicherungen, die Bauern in Entwicklungsländern den Ausfall ihrer Ernten nach Stürmen, Überschwemmungen und ähnlichen Wetterkatastrophen ersetzen, soll ausgeweitet werden. Bisher haben erst 100 Millionen Landwirte diese Sicherheit, vor allem in Afrika. Die G7 streben eine Verdopplung an.
G7 wollen spezielle Eingreifgruppe für Seuchen
Nach der Ebola-Epidemie drängen die großen Industrieländer auf den Aufbau einer speziellen Eingreiftruppe, die das Entstehen und Ausbreiten von Seuchen verhindern soll. Geplant ist auch ein Aktionsplan gegen multiresistente Keime. Hier fordern die Sieben eine intensivere Erforschung der Resistenzen und mehr Disziplin beim Verschreiben von Antibiotika. Mit- hilfe der „Impfallianz“ sollen 300 Millionen Kinder geimpft werden; spätestens im Jahr 2030 soll kein Kind mehr an einer vermeidbaren Krankheit wie Masern, Diphtherie oder Gelbfieber sterben.
Die Diskussion ist geschlossen.