Gerda Hasselfeldt: Der Fall Edathy ist eine Belastung für die Koalition
Gerda Hasselfeldt ist die mächtigste Frau der CSU. Sie sagt: Ein Regierungsbündnis funktioniert nur, wenn seine Akteure sich auch vertrauen. Genau daran hapere es jetzt.
Warum ausgerechnet er ein Stabilitätsanker der Koalition sein soll – das muss SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann ihr noch erklären. Den großen Hauskrach aber will CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt nach dem Rücktritt ihres Parteifreundes Hans-Peter Friedrich nicht mehr anzetteln.
Der Fall Edathy wirft noch immer mehr Fragen auf, als er beantwortet. Wie sehr belastet er das Binnenklima in der Großen Koalition?
Hasselfeldt: Natürlich kostet das Kraft und Zeit – und Vertrauen. Das ist schon eine große Belastung für die Koalition, eine Hypothek. Es ist Vertrauen zerstört worden, und dieses Vertrauen muss jetzt neu aufgebaut werden.
Die CSU hat sich auf SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann eingeschossen. Mal ehrlich: Hat den ersten Vertrauensbruch nicht Sigmar Gabriel begonnen, als er Frank-Walter Steinmeier und Oppermann vom Verdacht gegen Sebastian Edathy erzählt hat?
Hasselfeldt: Meine Kritik zielt nicht auf eine einzelne Person, sondern auf das gesamte Verhalten in diesem Fall.
Schonen Sie Gabriel, weil sonst die Koalition am Ende wäre?
Hasselfeldt: Es geht hier nicht um Einzelne, sondern um Aufklärung des gesamten Sachverhalts.
Oppermann hat gesagt, er sei ein Stabilitätsanker der Koalition. Klingt das in Ihren Ohren nicht wie Hohn?
Hasselfeldt: Bei dieser Formulierung habe ich tatsächlich schmunzeln müssen.
Ist Oppermann denn schon aus dem Schneider? Ihr Parteichef Horst Seehofer schließt weitere personelle Konsequenzen ja nicht aus.
Hasselfeldt: Es gibt in der Tat noch einiges zu klären. Seine Aussagen haben zu Widersprüchen geführt. Im Innenausschuss konnte einiges ausgeräumt werden, damit ist die rechtliche Aufarbeitung des Falles Edathy aber noch nicht zu Ende.
Die letzte Große Koalition hat auch deshalb so gut funktioniert, weil die Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder und Peter Struck sich nahezu blind verstanden haben. Hat Oppermann bei Kauder überhaupt noch eine Chance, ein zweiter Struck zu werden?
Hasselfeldt: Das müssen Sie die Betroffenen fragen. Ich glaube, dass wir alle drei eine Verantwortung für den Erfolg dieser Koalition haben, die beiden Fraktionsvorsitzenden und ich als Vorsitzende der CSU-Landesgruppe. Jede Koalition braucht an ihrer Spitze ein gewisses Grundvertrauen, und das müssen wir uns jetzt wieder erarbeiten. Da ist nun die SPD am Zug.
Wie gut ist Ihr Draht zu Herrn Oppermann denn?
Hasselfeldt: Wir arbeiten ja erst wenige Wochen zusammen. Ich würde sagen, wir sind noch in der Findungsphase.
Was ist eigentlich im Bundestag schiefgelaufen? Edathys Büro wurde nicht versiegelt, ein wichtiger Brief war sechs Tage unterwegs und kam geöffnet an. Hat das noch ein Nachspiel?
Hasselfeldt: Soweit ich weiß, ist im Bundestag alles ordnungsgemäß abgelaufen. Nach meinen Informationen ist der Brief am 12. Februar bereits offen in der Poststelle des Bundestages angekommen und unverzüglich dem Präsidialbüro zugeleitet worden. Was die Versiegelung der Räume angeht: So etwas geschieht hier nicht auf Zuruf eines Staatsanwaltes. Und das ist auch gut so.
Die SPD habe nach dem von ihr erzwungenen Rücktritt von Hans-Peter Friedrich eine Bringschuld, heißt es in der Union. Muss sie Ihnen jetzt bei der Pkw-Maut oder im Streit um die Biomasse entgegenkommen?
Hasselfeldt: Von einem solchen Kuhhandel halte ich nichts. Die Menschen in Deutschland erwarten, dass wir ihre Probleme lösen, bei der Energiewende, beim Mindestlohn, bei der Rente. Um all diese Aufgaben bewältigen zu können, müssen Koalitionspartner sich vertrauen können. Dieses Vertrauen ist beschädigt. Wenn Sie so wollen, arbeiten wir im Moment auf Bewährung.
Was erwarten Sie von der SPD denn an vertrauensbildenden Maßnahmen?
Hasselfeldt: Hier kann man keine konkreten Schritte einfordern. Vertrauen, das zerstört worden ist, entsteht nicht auf Knopfdruck neu. Das geht nicht von heute auf morgen, sondern nur langsam, in vielen Gesprächen und in der täglichen Arbeit. Die SPD muss uns beweisen, dass es ihr ernst ist. Dass sich beide Seiten des Ernsts der Lage bewusst sind, war in dieser Woche schon zu spüren.
Interview: Rudi Wais
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