Kopftuch-Verbot: Augsburger Nachwuchsjuristin klagt erfolgreich
Eine muslimische Nachwuchsjuristin hat erfolgreich gegen das Kopftuchverbot geklagt. Das Augsburger Gericht kippte die bisherige Regelung. Drohen der Justiz nun neue Konflikte?
Eine muslimische Nachwuchsjuristin aus Augsburg setzt das Justizministerium unter Zugzwang: Die Frau hat vor dem Augsburger Verwaltungsgericht erfolgreich gegen ein Kopftuch-Verbot während der Ausbildung bei der Justiz geklagt. Die Richter urteilten, es gebe keine Rechtsgrundlage, Referendarinnen das Tragen eines Kopftuchs während ihrer Tätigkeit im Gerichtssaal zu verbieten. Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) kündigte an, gegen das Urteil in Berufung zu gehen. „Wir können das Ergebnis so nicht stehen lassen“, sagte er am Donnerstag.
In dem Augsburger Fall geht es um Auflagen, die der Frau für die Referendariatszeit gemacht wurden. „Hoheitliche Tätigkeiten mit Außenwirkung“ dürfe sie mit Kopftuch nicht ausüben, hieß es darin. Ihr war es nicht gestattet, auf der Richterbank zu sitzen, Zeugen zu vernehmen oder die Staatsanwaltschaft in einem Prozess zu vertreten. Weil die Juristin darin eine Diskriminierung und eine Verletzung ihrer Grundrechte sah, zog sie vor Gericht. Die Richter folgten ihrer Sichtweise. Ein Eingriff in Grundrechte sei nur durch ein Gesetz möglich, so ihr Urteil. In Bayern war das Kopftuchverbot für Referendarinnen bisher aber nur durch eine Dienstanweisung geregelt.
Das Justizministerium hat auf die Klage reagiert. Derzeit gebe es für Kopftuch-Trägerinnen im Referendariat keine Auflagen, teilte eine Sprecherin unserer Zeitung mit. Man werde den Ausgang des Verfahrens abwarten und dann entscheiden, ob weitere Schritte nötig sind. Für Richterinnen ist das Kopftuch nach Ansicht des Ministeriums ohnehin tabu. Das Richtergesetz schreibe vor, dass sich ein Richter so zu verhalten habe, dass das Vertrauen in seine Unabhängigkeit nicht gefährdet wird. Ob sich daraus aber auch ein Kopftuchverbot ableiten lässt, ist unter Juristen umstritten. Bisher hat es dazu in Bayern noch keinen Rechtsstreit gegeben.
Kopftuch oder nicht? - Der Gesetzgeber ist gefordert
Der Vorsitzende des Bayerischen Richtervereins, Walter Groß, sieht eine allgemeine Problematik: „Hier kollidieren Fragen der Religionsfreiheit mit Fragen der richterlichen Neutralitätspflicht, der Außenwirkung und der Befangenheit.“ Die Justiz müsse erkennbar unvoreingenommen sein. Dazu gebe es auch die Regelung zur „Amtstracht der Rechtspflegeorgane in Bayern“. Aus ihr könne man schließen, dass Richter und Staatsanwälte zu ihren Roben keine Kopfbedeckung tragen dürften. „Dies hat allerdings nur den Rang einer innerdienstlichen Anordnung und ist kein Gesetz.“
Bei der Ausbildung muslimischer Juristinnen würden bislang auch andere Bundesländer, wie etwa Berlin, ähnlich wie Bayern im Fall der Augsburger Juristin verfahren, „damit der Konflikt um das Kopftuch in öffentlicher Sitzung nicht auftritt“, sagt Groß. Die Frage des Kopftuchs werde sich in Zukunft aber vor allem bei den Schöffinnen stellen. „Ehrenamtliche Richter sollen Menschen aus der Mitte des Volkes sein und das kann heute auch eine in Deutschland geborene Muslima sein, die ein Kopftuch trägt“, sagt der Richtervereins-Vorsitzende. „Hier hat ein Gericht, das Kammergericht in Berlin, bereits entschieden, dass dies zulässig ist.“
Letztendlich könne wohl nur der Gesetzgeber die Frage klären, ob und welche Kleidervorschriften für Richter oder Staatsanwälte im Sitzungssaal gelten sollen. „Ich bin gespannt, wie die Staatsregierung und das Parlament reagieren werden“, sagt Groß. "
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