Günstige Milch macht nicht Schule
Seit 1977 subventioniert die EU den Verkauf von Milch und Milchprodukten in Schulen und Kindergärten. Doch wirklich angenommen wird das Angebot nicht. Ist das Schulmilchprogramm etwa ein Flop? Von Rudi Wais
Berlin Seit 1977 subventioniert die Europäische Union den Verkauf von Milch und Milchprodukten in Schulen und Kindergärten. Wirklich angenommen wird das Angebot nicht: Von dem für Deutschland vorgesehenen Kontingent von 690.000 Tonnen wurden im Schuljahr 2007/2008 nicht einmal 38.000 Tonnen abgerufen. Agrarstaatssekretär Gerd Müller (CSU) nimmt nun die Schulleiter in die Pflicht: Sie sollen von der Möglichkeit, Milchprodukte günstiger als im Supermarkt zu verkaufen, offensiver Gebrauch machen.
Kinder und Jugendliche in Deutschland ernähren sich immer schlechter. Ist das Schulmilchprogramm ein Flop?
Müller: Das Programm selbst ist gut, nur nutzen es die Bundesländer nicht. Es wäre überhaupt kein Problem, jedem Kind an jedem Schultag einen Apfel und einen halben Liter Milch anzubieten. Bisher werden dafür nicht einmal zehn Prozent der von der EU zur Verfügung gestellten Mittel eingesetzt. So verschenken wir jedes Jahr 100 Millionen Euro an Schulmilchbeihilfe.
Woran scheitert das denn: An den Schulen oder an der Politik?
Müller: Neueste Studien aus unserem Haus zeigen: Milch ist nicht nur gesund, sondern bei Kindern und Jugendlichen auch sehr beliebt. Im Moment aber kommt einiges zusammen: Die Länder interessieren sich nicht wirklich für das Thema, und in den Schulen wird der Milchverkauf häufig auf die Hausmeister abgeschoben. Vor zehn Jahren hieß es noch, frische Milch und frischer Joghurt seien schwerer zu kühlen und zu lagern als andere Getränke. Dieses Argument aber gilt nicht mehr. Es gibt moderne Automatensysteme und vor allem sehr populäre Milchmixgetränke, die Jugendliche genauso gerne trinken wie Cola.
In Bayern und Baden-Württemberg kommen nur ein bis zwei Prozent der Schüler in den Genuss von verbilligter Schulmilch - so wenige wie nirgendwo sonst. Wie erklären Sie sich das?
Müller: Im Bundesdurchschnitt nutzen lediglich sechs Prozent aller Schüler das Angebot. Dass es in Bayern und Baden-Württemberg noch weniger sind, liegt allerdings nicht nur an den zuständigen Kultusministerien. Auch die Schulleiter und die Eltern müssen sich intensiver mit dem Thema Ernährung beschäftigen. Das heißt: Mehr Milch und mehr Obst in den Pausen! So etwas darf man nicht dem Hausmeister überlassen, frei nach dem Motto: Was ist am billigsten und was macht am wenigsten Arbeit.
In Nordrhein-Westfalen läuft an 500 Schulen ein großer Modellversuch mit Schulmilch. Was können Bayern und Baden-Württemberg davon lernen?
Müller: Der Versuch zeigt, dass es geht - technisch, logistisch, wirtschaftlich. Daran können sich die anderen Bundesländer gerne ein Beispiel nehmen.
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