Herzlos oder herzlich - Wie wird Deutschland in der Welt gesehen?
Selbstgerecht, arrogant, besessen von einer Spardiktatur für die EU? Sind das wir Deutschen? Eine Studie zeichnet ein anderes Bild. Wie wird Deutschland in der Welt gesehen?
Gutes Deutschland, böses Deutschland. Eine aktuelle Studie bescheinigt der Bundesrepublik, sich eine Führungsrolle in der Welt erarbeitet zu haben. In einer aktuellen Studie der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) begrüßt das Gros der 179 Befragten – vom Studenten bis zum Ministerpräsidenten – aus 26 Ländern diesen Befund ausdrücklich. Und es kommt noch besser: Bemängelt wird, dass Deutschland seine Rolle nicht offensiver und konstanter ausfüllt.
Sind wir Deutschen nicht die Bösen?
Moment mal. Sind wir nicht die Bösen, die Europa unter ihre Knute zwingen wollen?
Auf eine schier endlose Achterbahnfahrt begibt sich derjenige, der regelmäßig Studien und Umfragen liest, die sich mit dem Bild beschäftigen, das die restliche Welt von Deutschland hat. Im Oktober des vergangenen Jahres noch erfuhr man, dass ausgerechnet die „Briten in Deutschland verliebt“ sind, keine vier Wochen später kam eine Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) zu dem Schluss, dass kein Land auf unserem Globus im Ausland besser wahrgenommen wird als Deutschland.
Doch der Absturz kam jäh: Einige Monate später kleben nicht nur griechische Karikaturisten deutschen Politikern reihenweise Hitlerbärtchen an. Im Süden Europas ist die Rede davon, dass die Germanen sich wieder einmal anschicken, Europa zu unterwerfen – diesmal nicht mit Panzern, sondern mit einer gnadenlosen Schuldenpolitik. In Italien werfen Kommentatoren der Bundesregierung vor, die Griechen mit „Staatsfolter“ gefügig machen zu wollen. Die New York Times sieht gar die „Deutsche Frage“ wiederkehren. Gemeint ist die Frage, wie man das Land im Herzen Europas daran hindern kann, den alten Kontinent zu dominieren.
Ganz vorn auf der Anklagebank: Finanzminister Wolfgang Schäuble
Und in Deutschland? Angesichts einiger fast schon hysterischen Stellungnahmen heimischer Politiker ließ sich der Eindruck gewinnen, dass die deutsche Reputation im Ausland durch die Griechenland-Krise unwiederbringlich zerstört wurde. Ganz vorne auf der Anklagebank: Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), den Sahra Wagenknecht jüngst „Kürzungs-Taliban“ nannte. Der Grüne Reinhard Bütikofer fasste kurzerhand zusammen: „Der herzlose, herrische und hässliche Deutsche hat wieder ein Gesicht, und das ist das von Schäuble.“
Herzlos, herrisch, hässlich – solche Begriffe kommen in der GIZ-Studie nicht vor. Aus den mehr als 4500 Kernaussagen ergibt sich ein ganz anderes Bild. Quintessenz der Analysten: „Das Bild von Deutschland bleibt angesichts der deutlich instabileren weltpolitischen Lage überraschend konstant und positiv.“ Noch immer, und das gilt innerhalb wie außerhalb Europas, wird die Qualität deutscher Produkte bewundert. Auch Systeme wie Recycling, Energieversorgung oder Berufsausbildung werden als vorbildlich wahrgenommen. Gleiches gilt für Sicherheit, hohe Lebensqualität und Freiheitsgefühl.
Was könnte Deutschland besser machen?
Allerdings wird auch im Ausland registriert, dass die Innovations- und Gestaltungskraft etwas ins Stocken geraten ist. Verbesserungswürdig erscheint auch das Marketing, das Deutschland im Ausland betreibt. „Der durchschnittliche Inder weiß nichts über Deutschland. Andere Länder gehen hier viel besser vor“, so die konkrete Aussage eines für die Untersuchung interviewten Inders.
Fast alle Teilnehmer an der Studie erwarten von Deutschland mehr politisches Selbstbewusstsein. Ein erster Schritt könnte sein, gelassener auch auf herbe Kritik und weniger aufgedreht auf Lob aus dem Ausland zu reagieren.
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