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Foto: Bernd Thissen, dpa
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CDU-Ministerpräsident Armin Laschet im Kommunalwahlkampf: Rückenwind für ehrgeizige Karrierepläne?

Hintergrund
12.09.2020

Die Wahl in Nordrhein-Westfalen ist ein Testlauf für die Kanzlerkandidaten

Von Michael Pohl

Die Wahl in Nordrhein-Westfalen ist für Armin Laschet die letzte Chance auf Rückenwind im Rennen um den CDU-Vorsitz. SPD-Politiker Scholz droht eine Vorentscheidung.

Inzwischen lässt Thomas Geisel wieder das SPD-Quadrat auf seine großen Plakatwände drucken, die an vielen Ecken Düsseldorfs den Oberbürgermeister im Kreis seiner Familie zeigen, oder wie der 56-Jährige kopfüber ein Rad auf der Gänseblümchenwiese schlägt. Anfang August hatte der Sozialdemokrat auffällig auf das Parteilogo verzichtet, bevor die Kanzlerkandidatur von Olaf Scholz den Genossen neues Selbstbewusstsein verlieh. Geisel muss kämpfen, denn der in Umfragen starke CDU-Kandidat Stephan Keller macht ihm sein Amt streitig. Für Armin Laschet wäre es ein Triumph, wenn seine Christdemokraten nach der Landesregierung auch noch die Landeshauptstadt erobern.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident strebt bekanntlich nach Höherem. Im Dezember will er sich gegen Friedrich Merz und Norbert Röttgen im Kampf um den CDU-Vorsitz durchsetzen. Und danach, daran lässt der 59-jährige Aachener kaum einen Zweifel, als Kanzlerkandidat in die Bundestagswahl ziehen, mit dem Ziel, Angela Merkel als Regierungschef zu beerben. Für seinen ambitionierten Karriereplan könnte der Rheinländer durchaus Rückenwind gebrauchen, denn in bundesweiten Umfragen liegt Laschet in der Frage, wer der beste Unions-Kanzlerkandidat wäre, weit hinter CSU-Chef Markus Söder und seinem CDU-Kontrahenten Friedrich Merz.

Kommunalwahl in NRW: Letzter Stimmungstest vor dem CDU-Parteitag

Die Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen ist der letzte Stimmungstest vor dem CDU-Parteitag und bundesweit die einzig größere Wahl bis Jahresende. "Man kann natürlich darüber streiten, ob es seriös ist, wenn man auf einen Landestrend schaut, der viele unterschiedliche Ausgangssituationen in Einzelkommunen abbildet", sagt der Journalist Moritz Küpper, "aber Fakt ist, es wird gemacht". Küpper, NRW-Landeskorrespondent des Deutschlandfunks, hat gerade zusammen mit seinem Zeitungskollegen Tobias Blasius die erste Biografie über Armin Laschet geschrieben: "Der Machtmenschliche" soll kommende Woche rechtzeitig zum CDU-Kandidaten-Rennen erscheinen.

"Für Laschet wäre es ein ganz großer Erfolg, wenn die CDU Düsseldorf als Landeshauptstadt zurückgewinnen könnte", sagt Küpper. Zudem könnte es der CDU in Essen gelingen, dass CDU-Oberbürgermeister Thomas Kufen sein Amt in der früheren SPD-Hochburg schon im ersten Wahlgang verteidigt. Selbst in der sozialdemokratischen Herzkammer Dortmund, in der die SPD seit 1946 den Oberbürgermeister stellt, rechnet sich die Union Chancen in einer möglichen Stichwahl aus.

Küpper: Für die Sozialdemokraten wird die Kommunalwahl zum Aderlass

Landesweit gibt es keinen Zweifel, dass die Union stärkste Partei wird, doch der Vergleich mit dem Ergebnis von 2014 trügt möglicherweise: Vor der Flüchtlingskrise und dem Verlust der sozialdemokratischen Regierungsmacht war die politische Welt in Nordrhein-Westfalen noch eine andere. "Die Sozialdemokraten müssen sich am Sonntag in ihrem politischen Stammland auf einen echten Aderlass vorbereiten", betont Landespolitik-Kenner Küpper.

Für SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz könnte der Wahlabend damit einen herben Rückschlag bedeuten: Mehrere Umfragen sehen die Sozialdemokraten auch im bevölkerungsreichsten Bundesland nur noch auf Platz drei hinter den Grünen. Für den Machtanspruch bei der Bundestagswahl wäre das für die SPD ein schwerer Ballast. Zumal sich ein weiterer Trend gegen die Sozialdemokraten verstärken könnte: "Die Zahl der von einer schwarz-grünen Ratsmehrheit getragenen Kommunen könnte sich weiter erhöhen", sagt Küpper.

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Foto: Kay Nietfeld/dpa
Foto: Kay Nietfeld/dpa

Beide Finanzskandale kommen für Olaf Scholz zu einer Unzeit.

Laschet zieht als Landeschef die Fäden mit, so Küpper

In Köln haben CDU und Grüne gemeinsam die parteilose Oberbürgermeisterin Henriette Reker als Kandidatin aufgestellt, der gegen ihren SPD-Herausforderer ein Erdrutschsieg im ersten Wahlgang vorhergesagt wird. Auch in Wuppertal marschieren Union und Grüne Seit’ an Seit’ gegen die SPD in die Wahl. Auch wenn Laschet im Landtag mit der FDP regiert, ziehe er als Landeschef die Fäden für schwarz-grüne Bündnisse mit, sagt Landespolitik-Experte Küpper.

"Als früherer Teil der legendären Bonner Pizza-Connection gilt er als Grünen-Versteher", meint Küpper. "Laschet ist pragmatisch genug für Schwarz-Grün, aber eben auch als Vertreter der alten Bonner Republik für ein Bündnis mit den Liberalen. Er ist anschlussfähig zu beiden Seiten." Er könnte wohl deshalb auch damit leben, dass ausgerechnet seine einst so konservative Heimatstadt Aachen bei der OB-Wahl an die Grünen fallen könnte.

Doch kann Laschet am Ende auch Kanzler? Biograf Küpper erklärt, dass es außer Konrad Adenauer bislang noch kein Politiker aus Nordrhein-Westfalen geschafft habe, das Kanzleramt zu erobern. "Das liegt auch an der politischen Konstellation", sagt er, "Nordrhein-Westfalen ist ein typisches Bindestrichland mit großen regionalen Unterschieden. Wer hier erfolgreich sein will, muss vermitteln und integrieren können".

Es sei kein Zufall, dass das Motto des erfolgreichen SPD-Ministerpräsidenten Johannes Rau "Versöhnen statt Spalten" hieß. In der auf Polarisierung setzenden Bundespolitik gelte dies aber schnell als beliebig. Auch Johannes Rau sei als Kanzlerkandidat gescheitert. Doch Laschet habe den zerstrittenen riesigen nordrhein-westfälischen CDU-Landesverband geeint. "Vielleicht ist Armin Laschet aber in unserer gegenwärtigen aufgewühlten Zeit voller Unübersichtlichkeit und starker gesellschaftlicher Fliehkräfte mit seiner Art genau der Typus, den sich viele in unserer Gesellschaft wieder wünschen."

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