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Interview
19.10.2016

Terrorforscher: "Die Radikalisierung verläuft immer schneller"

Razzia gegen Islamisten in Berlin: „Terroristische Gruppen rekrutieren sich heute viel mehr aus der kriminellen Szene als früher“, sagt der Terrorforscher Peter Neumann.
Foto: Paul Zinken, dpa (Archivbild)

Der Terrorforscher Peter Neumann hat untersucht, wie Menschen zu gewalttätigen Extremisten werden. Er erklärt, welche besondere Rolle dabei die Religion spielt.

Herr Neumann, Sie gehen als Terrorforscher der Frage nach, wie Menschen zu Terroristen werden und sich radikalisieren. Was sind dabei die Hauptursachen?

Peter Neumann: Es gibt keine Blaupause für eine Radikalisierung. Man kann lediglich Risikofaktoren bestimmen. Zuerst gibt es eine Frustration als Voraussetzung dafür, dass sich jemand für eine Ideologie öffnet. Zweitens einen Drang, also Bedürfnisse, die diese Ideologie befriedigt. Natürlich braucht es die Ideologie selbst, die diesen Frust und diese Bedürfnisse in die Richtung eines politischen oder religiösen Projekts lenkt. Und in den allermeisten Fällen findet Radikalisierung nicht alleine statt, sondern hat mit Beeinflussung durch andere Menschen zu tun. Gewalt ist dann oft das Resultat von erfahrener oder erlebter Gewalt, die andere verübt haben. Das sieht man etwa in Bürgerkriegen. Doch keiner dieser Bausteine erklärt für sich allein genommen, warum jemand zum Extremisten wird.

In jüngster Zeit war auch öfter von Blitzradikalisierung die Rede. Wie kurz kann so ein Prozess sein?

Neumann: Man ging immer davon aus, dass Radikalisierungsverläufe in der Regel sehr lange – teils jahrelange – Prozesse sind. Mittlerweile zeigt sich, dass sich die Zeitspanne verkürzt hat. Das hängt mit mehreren Faktoren zusammen: Das Internet hat es vereinfacht, Kontakt zu entsprechenden Milieus aufzunehmen. Außerdem rekrutieren sich terroristische Gruppen heute viel mehr aus der kriminellen Szene als früher. Gewalt gegen andere ist für solche Leute oft keine Hürde mehr, weil sie häufig schon gewalttätig sind und sich nur noch die passende Ideologie suchen, um diese Gewalt zu legitimieren. Bei dem Begriff Blitzradikalisierung bin ich aber nach wie vor vorsichtig. Eine Radikalisierung innerhalb von Wochen ist nach wie vor die Ausnahme.

Warum Religionen problematischer sind als andere Ideologien

War der Anschlag in Würzburg, bei dem im Juli ein junger afghanischer Flüchtling fünf Menschen in einem Regionalzug teils lebensgefährlich verletzte, nicht ein Beispiel dafür?

Neumann: Würzburg ist unter all den Anschlägen im Sommer noch immer ein Sonderfall. Und der unklarste. Sicher ist, dass in diesem Fall das Internet eine wichtige Rolle gespielt hat und der Ablauf der Radikalisierung schneller war als häufig angenommen. Neu war auch die Struktur des Anschlags. Wir hatten es hier sozusagen mit einem ferngesteuerten einsamen Wolf zu tun. Der Täter hat sich allein oder über das Internet radikalisiert und wurde dann über einen Messenger-Dienst in Echtzeit aus Syrien heraus gesteuert. Er wurde Schritt für Schritt bis zum Moment das Anschlags angeleitet und motiviert. Das war übrigens auch in Ansbach der Fall und ich gehe davon aus, dass wir das öfter erleben werden. Ich weiß von weiteren Fällen, bei denen so etwas zumindest versucht wurde.

Welche Rolle spielt die Religion in Radikalisierungsverläufen?

Neumann: Religion hat zunächst einmal die Funktion wie jede andere Ideologie. Aber Religionen sind problematischer. Denn sie bieten nicht nur Antworten auf Probleme und Frustrationen, sondern bringen auch ein Heilsversprechen: „Wenn du dich in die Luft sprengst, kommst du in den Himmel.“ Das bieten Marxisten oder Nazis nicht. Religion an sich ist nicht das Problem, aber Religion hat problematische Aspekte.

Ist der Islam hier besonders gefährlich?

Neumann: Man muss vorsichtig sein: Die Art von Islam, die von Dschihadisten praktiziert wird, ist nicht die vorherrschende Interpretation des Islam. Wir wissen auch vom Christentum, dass es sehr unterschiedlich interpretiert werden kann. Genauso wenig, wie der Ku-Klux-Klan „das“ Christentum ist, ist der IS „der“ Islam. Der IS repräsentiert eine sehr extreme Interpretation des Salafismus, der wiederum eine sehr extreme Interpretation des Islam ist. Der IS ist im Prinzip die Randgruppe einer Randgruppe. Das macht sie islamistisch, aber den Islam nicht per se terroristisch.

Warum hat sich die Bedrohung durch islamistischen Terror so verschärft?

Neumann: Die muslimische Welt ist in einer Krise. Die Wirtschaft der Länder dort stagniert, gleichzeitig gibt es sehr viele junge Männer ohne Arbeit. Im Prinzip funktionieren die Gesellschaften dort nicht. Man hat alle säkularen Systeme schon ausprobiert: Ob Marxismus, ob Kapitalismus – alle importierten Systeme haben nicht funktioniert. Jetzt soll der Islam die Lösung sein – als Abgrenzung zum Westen und als einzige authentische Ideologie. Es gibt auch im Westen eine Krise des Islam. Sie besteht daraus, dass wir in europäischen Gesellschaften Muslime haben, deren Eltern oder Großeltern einst nach Europa gekommen, aber nach wie vor schlecht integriert sind. Sie zählen oft zu den Verlierern und sehen keine Perspektive. Aus dieser Frustration fragen sie sich, was sie vom Rest der Gesellschaft unterscheidet. Die Antwort: das Islamisch sein. Das wird zur Quelle der Identität und zum Ventil, eigene Frustration auszudrücken.

Terrorforscher Peter Neumann, hier bei einer Veranstaltung 2015 im State Department in Washington.
Foto: Michael Reynolds, dpa (Archivbild)

Wie man helfen kann, damit es zu keiner Radikalisierung kommt

Warum werden so viele europäische Konvertiten Terroristen?

Neumann: Weil sie häufig nicht zum Islam konvertieren, sondern direkt zum Dschihadismus. Die Motivationslage ist ähnlich wie bei vielen der frustrierten Muslime, die sich abgehängt fühlen. Sie suchen nach Antworten, nach Struktur und Gemeinschaft. Es ist zudem einfach, einen Konvertiten davon zu überzeugen, dass der Dschihadismus der echte Islam ist. Weil keine kulturelle Grundierung existiert und bei vielen Konvertiten der Wunsch besteht, nach einem Leben in der Sünde jetzt 120-prozentiger Muslim zu sein. Das passt zum Salafismus. Und der IS nimmt jeden. Man muss nicht viel über den Islam wissen, solange man Treue schwört und die Regeln des IS befolgt.

Nun erleben wir, dass auch unter den Flüchtlingen Terroristen sind. Ist das ein Phänomen, das in Europa hausgemacht ist?

Neumann: Dass sich Flüchtlinge hier radikalisieren, könnte in einigen Jahren ein Thema werden, wenn sie nicht wirklich hier Fuß fassen. Es ist schon jetzt ein größeres Thema, als ich vermutet hatte. Mich hat es überrascht, wie schnell es dazu kam, dass sich Flüchtlinge radikalisieren. Allerdings sind das vor allem minderjährige unbegleitete Flüchtlinge, die sich verloren fühlen und nach Orientierung suchen. Das öffnet sie für die Botschaft der Salafisten.

Müssten junge unbegleitete Flüchtlinge noch intensiver besser betreut werden?

Neumann: Man sollte sich mehr Gedanken machen, wie man diesen Menschen besser helfen kann, damit es gar nicht zu einer Radikalisierung kommt. Aber auch auf Seiten der Sicherheitsbehörden sollte man mehr im Blick haben, was da passiert. Und Verantwortliche in Flüchtlingsunterkünften müssten geschult werden, um Anzeichen für eine Radikalisierung erkennen zu können.

Peter Neumann gilt als einer der renommiertesten Terrorismusexperten der Welt. Der 41-Jährige Würzburger ist Professor am Londoner King’s College und leitet dort das „Internationale Zentrum zum Studium von Radikalisierung“. Sein neues Buch „Der Terror ist unter uns“ (Ullstein; 304 S., 19.99 Euro ) fasst Ansätze, Methoden und Erkenntnisse der aktuellen Terrorismusforschung zusammen und nimmt das gesamte Spektrum extremistischer Bedrohung in Europa von Dschihadisten, Rechts- und Linksextremen in den Blick.

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