Israel wählt zum dritten Mal binnen eines Jahres
Zwei Parlamentswahlen im vergangenen Jahr endeten in Israel ohne klare Entscheidung. Nun läuft der dritte Versuch.
Zwei Wochen vor Beginn eines Korruptionsprozesses gegen den rechtskonservativen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu wählen Israels Bürger am Montag ein neues Parlament (Knesset).
Der 70-jährige Netanjahu (Likud) strebt trotz der Vorwürfe eine fünfte Amtszeit als Regierungschef und die Bildung einer rechts-religiösen Koalition an. In einem am Sonntag veröffentlichten Interview mit dem israelischen Kan-Sender betonte Netanjahu, er werde sich im Falle eines Wahlsiegs nicht um Immunität vor Strafverfolgung bemühen.
Israel ist schon seit einem Jahr in einer schweren Politkrise gefangen - es ist bereits die dritte Wahl in diesem Zeitraum. Nach Wahlen im April und September 2019 war die Regierungsbildung wegen einer Pattsituation zwischen dem Mitte-Links-Lager und dem rechts-religiösen Lager gescheitert. Beide konnten sich keine Mehrheit der 120 Sitze im Parlament sichern.
Wahl in Israel: Knapper Ausgang befürchtet
Nach Umfragen ist auch diesmal mit einem ähnlichen Ausgang zu rechnen - die politische Lähmung könnte also andauern. Netanjahus Likud-Partei liegt demnach etwa gleichauf mit dem oppositionellen Mitte-Bündnis Blau-Weiß von Ex-Militärchef Benny Gantz. Königsmacher ist erneut Ex-Verteidigungsminister Avigdor Lieberman. Gantz lehnt wegen der Korruptionsanklage eine große Koalition mit der Likud-Partei ab, solange Netanjahu Vorsitzender ist.
Netanjahu strebt im Falle eines Wahlsiegs die Annexion der israelischen Siedlungen im besetzten Westjordanland sowie des Jordantals an. Diesen Schritt zeigt der am 28. Januar veröffentlichte Plan des US-Präsidenten Donald Trump auf. Der Plan sieht einen Palästinenserstaat vor, der allerdings mit harten Auflagen verbunden wäre. Von palästinensischer Seite ist das Vorhaben kategorisch zurückgewiesen worden. Gantz hat erklärt, er werde sich nach der Wahl für eine Umsetzung des Trump-Plans "in Zusammenarbeit mit anderen Ländern in unserer Region" einsetzen.
Bei der Wahl der 23. Knesset treten rund 30 Listen an. Die Sperrklausel liegt bei 3,25 Prozent. Rund 6,5 Millionen Wahlberechtigte sind aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Landesweit stehen mehr als 10 600 Wahllokale zur Verfügung. Die meisten davon sind von 06.00 Uhr bis 21.00 Uhr (MEZ) geöffnet.
Besonders geschützte "Wahlzelte" wegen Coronavirus
In mehreren Städten werden auch besonders geschützte "Wahlzelte" aufgestellt, in denen Israelis abstimmen können, die sich wegen des neuartigen Coronavirus in häuslicher Quarantäne befinden.
Mit der Schließung der Wahllokale um 21.00 Uhr deutscher Zeit wird mit ersten Prognosen gerechnet. Erste Resultate dürften am Dienstag bekannt werden, die offiziellen Ergebnisse werden aber erst eine Woche nach der Wahl veröffentlicht.
In Sachen Sicherheit gibt es kaum Unterschiede zwischen den Positionen von Likud und Blau-Weiß. Deshalb gilt eine Wiederbelebung des Friedensprozesses mit den Palästinensern in absehbarer Zukunft als unwahrscheinlich. Israel hatte 1967 im Sechstagekrieg unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Die Palästinenser wollen diese Gebiete sowie den inzwischen wieder geräumten Gazastreifen jedoch für einen eigenen Staat Palästina neben Israel.
In der Woche vor der Wahl kündigte Israel den Bau Tausender Wohnungen in Siedlungen im besetzten Westjordanland an. Die Siedlungspolitik Israels ist hoch umstritten. Der UN-Sicherheitsrat hatte Israel Ende 2016 zu einem vollständigen Siedlungsstopp in den besetzten Palästinensergebieten einschließlich Ost-Jerusalems aufgefordert. (dpa)
Die Diskussion ist geschlossen.