Japans neuer Kaiser heißt Naruhito
Zum ersten Mal in der ältesten Erbmonarchie der Welt dankt der Kaiser Japans ab und macht den Thron für seinen Sohn frei. Eine neue Ära beginnt.
Japans neuer Kaiser Naruhito hat verkündet, dass er den Chrysanthemen-Thron bestiegen habe. Er werde im Einklang mit der Verfassung seine Verantwortung als Symbol des Staates erfüllen, sagte der 59-Jährige am Mittwoch in seiner ersten Botschaft an das Volk.
Davor hat sich am Dienstag Kaiser Akihito ein letztes Mal an seine Nation gewandt. Er danke seinem Volk aufrichtig für die Unterstützung in seiner Rolle als Symbol des Staates, sagte der 85-jährige Monarch am Dienstag bei der Abdankungszeremonie in seinem Palast. Er und seine Gemahlin, Kaiserin Michiko, wünschten sich, dass die am Mittwoch beginnende neue Ära "Reiwa" (schöne Harmonie) unter seinem ältesten Sohn Naruhito "stabil und fruchtbar" werde.
Er habe während seiner 30-jährigen Regentschaft namens "Heisei" (Frieden schaffen) seine Pflichten als Kaiser mit tiefem "Vertrauen in und Respekt für" die Menschen wahrgenommen. Er betrachte sich als äußerst glücklich, dazu in der Lage gewesen zu sein, sagte der im Volk beliebte Akihito.
Akihito: Tenno dankt nach 30 Jahren Regenschaft ab
Es war seine letzte Botschaft (O-Kotoba) als Tenno. Fortan wird Akihito ein Privatmann sein. Der Tradition nach bleibt ein Kaiser in der ältesten Erbmonarchie der Welt eigentlich bis zu seinem Tode im Amt. Der bislang letzte Monarch, der abdankte, war Kaiser Kokaku 1817. Akihito hatte im Sommer 2016 in einer seltenen Botschaft an sein Volk deutlich zu erkennen gegeben, angesichts seiner nachlassenden Kräfte zurücktreten zu wollen. Das Parlament erlaubte ihm dies per Sondergesetz. Für Naruhito gilt wieder die alte Regel.
Vor seiner letzten Amtshandlung als Tenno hatte Kaiser Akihito am Vormittag (Ortszeit) den Göttern des asiatischen Inselreiches seine Abdankung angekündigt. Zu den tief religiösen Riten in den drei Schreinen seines Palastes in Tokio erschien der Monarch in der modernen Version einer jahrhundertealten höfischen Tracht aus goldbrauner Robe und hoch aufragender schwarzer Kopfbedeckung. In den Heiligtümern der japanischen Ur-Religion Shinto wird unter anderem die Sonnengöttin Amaterasu Omikami verehrt. Den Mythen nach sind die japanischen Kaiser unmittelbare Nachfahren von Amaterasu Omikami.
Akihito heiratete seine "Tennisplatz-Liebe"
An der kurzen und einfachen Zeremonie zur Inthronisierung seines Sohnes Naruhito am Mittwoch wird Akihito nicht mehr teilnehmen. Laut der japanischen Nachkriegsverfassung hat der Kaiser keinerlei politische Macht, sondern ist nur ein Symbol der Einheit der Nation.
Akihito war der erste Repräsentant eines moderneren, dem Volke näheren Hofes. Als Kronprinz hatte er 1959 mit der fast 2000 Jahre alten Hoftradition gebrochen und mit der Unternehmertochter Michiko Shoda eine Bürgerliche geheiratet. Die Hochzeit zwischen Akihito und seiner "Tennisplatz-Liebe" versetzte damals Millionen Japaner in wahre Begeisterungsstürme. Ihre Kinder kamen im Krankenhaus und nicht im Palast zur Welt. Michiko schaffte die Amme ab und stillte ihre Kinder selbst, bis dahin unvorstellbar.
Während Akihito wie üblich ab dem dritten Lebensalter von einer fremden Familie aufgezogen wurde, erzogen er und Michiko ihre Kinder selbst. "Ab dem jetzigen Kaiser kann man erstmals von einer kaiserlichen Familie sprechen", meint der Tenno-Experte Ernst Lokowandt in Tokio.
Zwar darf sich Japans Kaiser zu politischen Fragen nicht äußern. Dennoch wurde Akihito zum Verfechter der pazifistischen Nachkriegsverfassung. Trotz seiner eigenen angeschlagenen Gesundheit setzte er sich mit Michiko für die Opfer von Katastrophen ein, spendete den Menschen Trost und machte Mut.
Kaiser Naruhito studierte im Ausland
Es wird erwartet, dass Kaiser Naruhito seinem Vater nacheifert. Zugleich erwartet man von ihm ebenfalls Neues, das zur künftigen Entwicklung der Gesellschaft passt. Palastbeobachtern zufolge dürfte sich Naruhito als erster Kaiser, der im Ausland studierte, verstärkt auf globale Fragen konzentrieren. Seine Frau, die künftige Kaiserin Masako, ist eine in Harvard ausgebildete Diplomatin. Seit 15 Jahren erholt sie sich nach offiziellen Angaben von einer "Anpassungsstörung", die vom Stress ihres Amtes herrühre.
Beobachter sehen dahinter vor allem den lange Zeit auf ihr lastenden Druck, einen männlichen Thronfolger zu gebären. Die künftige Kaiserin brachte zwar schließlich Tochter Aiko zur Welt, doch Frauen ist der Thron in Japan verwehrt. Das Volk bringt für Masako jedoch längst nicht mehr nur Mitleid auf: Kritiker vermissen bei ihr einen "Geist der Selbstlosigkeit", den ihre Schwiegermutter für das Volk aufbrachte. (dpa)
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