Juristische Niederlage: Noch eine Ohrfeige für US-Präsident Donald Trump
Der Supreme Court stärkt die Rechte von Migranten und fügt damit Donald Trump eine Niederlage zu. Auch in sozialen Medien hat es der US-Präsident schwer.
Die Demonstranten auf den weißen Stufen des Obersten Gerichtshofes jubelten. „Home is here“ (Hier ist unser Zuhause) skandierten die jungen Frauen und Männer glücklich. Drei Kilometer nordwestlich, im Weißen Haus, war die Stimmung dagegen mies. „Diese fürchterlichen und politisch aufgeladenen Entscheidungen des Supreme Court sind Schrotflintenschüsse in das Gesicht von Menschen, die sich stolz Republikaner oder Konservative nennen“, twitterte Donald Trump. Wie so oft, sprach der Präsident über sich selbst.
Mit einer knappen Mehrheit von fünf zu vier Stimmen hatten Amerikas Verfassungsrichter Trumps Versuch, ein Programm zum Schutz von rund 700.000 jungen Migranten zu beenden, vorerst einen Riegel vorgeschoben. Das 2012 vom damaligen Präsidenten Barack Obama begonnene Daca-Programm ist politisch in den USA hoch umstritten. Es schützt Einwanderer, die als Kinder oder Jugendliche – meist mit ihren Eltern – illegal ins Land kamen, vor einer Abschiebung, ohne ihnen einen Weg zur Staatsbürgerschaft zu eröffnen. Die auf diese Weise Geduldeten dürfen legal arbeiten und können von ihrem Arbeitgeber krankenversichert werden. Viele der überwiegend aus Lateinamerika stammenden Migranten, die wegen ihrer Hoffnung auf ein besseres Leben „Dreamer“ (Träumer) genannt werden, haben einen sozialen Aufstieg begonnen und inzwischen Familien gegründet. Doch ihr Status gilt immer nur für zwei Jahre und muss dann verlängert werden.
Urteil des Supreme Court stärkt Rechte von Migranten
Seit September 2017 akzeptiert die Trump-Regierung keine neuen Bewerber mehr und versucht, das Programm insgesamt zu beenden. Mehrere Bundesgerichte hatten die Aufkündigung jedoch blockiert. Mit dem Urteil des Supreme Court ist sie endgültig hinfällig. Allerdings urteilten die Verfassungsrichter nicht in der Sache über das Programm. Der Oberste Richter John Roberts, dessen Stimme den Ausschlag gab, machte vielmehr deutlich, dass die Art und Weise, wie das Heimatschutzministerium die Regelung beenden wollte, nicht ordnungsgemäß war. So fehlten nach Ansicht des Gerichts eine begründete Erklärung und eine Regelung für die „Altfälle“, die im Vertrauen auf den Abschiebeschutz eine Existenz in den USA begonnen haben.
Das Ministerium kann also einen neuen Anlauf unternehmen, was Trump am Freitag ankündigte. Experten bezweifeln aber, dass die neue Regelung noch vor der Wahl in Kraft treten kann. Für Trump, der die Beschränkung der Einwanderung im vergangenen Wahlkampf zum zentralen Thema gemacht hatte, ist das Urteil schon die zweite Niederlage vor dem Supreme Court in einer Woche. Am Montag hatte das Gericht den gesetzlichen Diskriminierungsschutz am Arbeitsplatz auf Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transmenschen ausgedehnt. Trump hingegen hatte die Schutzrechte für die LGBTQ-Gemeinde abgebaut und Transgender vom Militärdienst ausgeschlossen.
In sozialen Medien werden einzelne Beiträge von Trump gelöscht
Die beiden Urteile sind für den Präsidenten politisch verheerend, weil er seinen rechten evangelikalen Wählern ausdrücklich versprochen hatte, die Gerichte mit konservativen Juristen zu besetzen. Beim Supreme Court ist ihm das gelungen. Nachdem er dort zwei Kandidaten durchgedrückt hat, gibt es eine konservative Mehrheit von fünf zu vier Stimmen. Doch Trumps Kalkül, auf diese Weise reaktionäre gesellschaftliche Positionen zu zementieren, geht offenbar nicht auf – bei dem LGBTQ-Urteil stimmten sogar zwei konservative Richter mit ihren liberalen Kollegen. Selbstmitleidig twitterte Trump am Donnerstag: „Habt ihr den Eindruck, dass der Supreme Court mich nicht mag?“
Die Frage könnte er getrost auch in Bezug auf seine Lieblingsplattformen im Internet stellen. Denn Facebook hat nun Anzeigen von US-Präsident Donald Trump aus dem Netz genommen, weil darin prominent ein Symbol – ein umgekehrtes rotes Dreieck – verwendet wurde, das auch von den Nationalsozialisten in Konzentrationslagern eingesetzt worden war. Die bezahlten Posts von Trumps Wahlkampfteam richteten sich, angesichts der jüngsten Proteste in den USA, gegen die linke „Antifa“, die dabei sei, Amerikas Städte zu zerstören. Auch Twitter versah erneut einen Tweet von Trump mit einem Warnhinweis: Ein darin von ihm geteiltes Video ist ein manipulativ verfremdeter Ausschnitt einer CNN-Doku. (mit dpa)
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