Kassen fahren Telemedizin trotz Corona-Gefahr zurück - Kritik von den Grünen
Exklusiv Die Grünen fordern weiterhin Therapie-Fernbehandlungen wie Krankengymnastik und warnen vor Ansteckungsrisiken. Die Ausnahmeregelung soll zum 1. Juli auslaufen.
Corona macht erfinderisch und hat auch im medizinischen Bereich einen Schub an Digitalisierung bewirkt: So setzten neben Ärzten auch Physio-, Ergo und Ernährungstherapeuten sowie Logopäden verstärkt auf die Telemedizin und behandeln online Patienten ohne Ansteckungsgefahr. Denn seit Mitte März war es auch für sogenannte „Heilmittelerbringer“ möglich, bestimmte Leistungen wie Krankengymnastik in der Pandemie über Video und Internet anzubieten und mit den Kassen abzurechnen. Doch damit soll bereits kommende Woche überraschend Schluss sein.
Grüne warnen vor ersatzlosem Wegfall der Ausnahmeregelung
Die Grünen kritisieren das von Krankenkassenverbänden angekündigte Zurückfahren von Telemedizin-Behandlungen bei Krankengymnastik und anderen Therapie-Verschreibungen während der Corona-Pandemie. Die Ausnahmeregelung für Fernbehandlungen dürfe nicht wie geplant zum 1. Juli ersatzlos wegfallen, sagte die Grünen-Gesundheitsexpertin Maria Klein-Schmeink unserer Redaktion Die Politikerin warnt vor einer steigenden Ansteckungsgefahr für Risikopatienten und unnötigen Therapiefehlschlägen.
„Die Pandemie ist noch nicht vorbei“
„Für Menschen, die aufgrund ihrer höheren Anfälligkeit schon heute auf persönliche Kontakte verzichten müssen, ist der Wegfall von Videotherapie bei therapeutischen Behandlungen wie Ergotherapie, Krankengymnastik oder Sprech- und Sprachtherapie eine schlechte Nachricht“, sagt die Grünen-Gesundheitsexpertin. „Die Pandemie ist noch nicht vorbei, wie immer wieder neu auftretende Ausbrüche zeigen und gerade Risikopatienten sollten weiterhin jedes Ansteckungsrisiko meiden“, warnt die Politikerin.
„Risikopatienten leiden häufig an mehreren Erkrankungen zugleich, für sie wäre es fahrlässig, sich in eine Praxis zu begeben.“ Es drohe nicht nur eine höhere Ansteckungsgefahr, sondern auch, dass Betroffene wegen des Risikos verschriebene Leistungen meiden. „Monatelang auf jede Therapie zu verzichten kann ihren Zustand verschlechtern“, warnt die Gesundheitsexpertin.
Gesundheitsexpertin Klein-Schmeink will langfristige Lösung prüfen
Klein-Schmeink fordert nun in einem offenen Brief die Krankenkassen und ihre Verbände auf, den therapeutischen Berufen die Videotherapie weitere drei Monate zu ermöglichen und anschließend eine Bestandsaufnahme zu machen. „Am Ende könnte eine dauerhafte Ermöglichung der Videotherapie oder eine Kombination von Videotherapie und Präsenzbehandlungen für bestimmte Therapien und Patienten stehen“, sagt die Grüne. Die Videotherapie eigne sich zwar nur für bestimmte Fälle, könne dann aber eine angemessene Versorgung leisten.
Krankenkassenverbände verweisen auf allgemein Lockerungsmaßnahmen
Die Bundesverbände der Kassen wollen die Erlaubnis und damit die Kostenübernahme mit Ende des Quartals auslaufen lassen. Sie verweisen in ihren Empfehlungen dabei auf die „eingeleiteten Lockerungsmaßnahmen durch die Bundesregierung der mit der Pandemie einhergehenden Einschränkungen des täglichen Lebens“. Zudem sei die Videotherapie nicht durch die Heilmittel-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses von Ärzte- und Kassenvertretungen gedeckt.
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