Kein Foto, keine Behandlung beim Arzt
Wer seiner Krankenkasse künftig kein Foto von sich für die Gesundheitskarte zur Verfügung stellt, der wird möglicherweise beim Arzt nicht mehr behandelt. Von Andrea Wenzel
Wer seiner Krankenkasse künftig kein Foto von sich für die Gesundheitskarte zur Verfügung stellt, der wird möglicherweise beim Arzt nicht mehr behandelt.
Dies geht aus einer Antwort des Bundesgesundheitsministeriums an die FDP-Fraktion hervor. In dem Schreiben heißt es, dass das Foto per Gesetz ein Pflichtbestandteil der neuen elektronischen Gesundheitskarte und damit für die Ausstellung der Karte "zwingend erforderlich" ist. Ausgenommen von der Regel sind Versicherte bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres und Personen, "deren Mitwirkung bei der Erstellung eines Lichtbilds nicht möglich ist".
Im Klartext bedeutet das: Wer sich weigert oder es versäumt, ein Bild an seine Krankenkasse zu schicken, erhält keine Versichertenkarte und kann demnach keine Leistungen beim Arzt in Anspruch nehmen. Denn das Ministerium verweist aufdie Pflicht jedes Versicherten beim Arzt die Karte als Beleg des Versicherungsschutzes vorzulegen.
Zwar bleibe der Versicherungsschutz juristisch erhalten, erklärte ein Sprecher des Bundesministeriums auf Anfrage, allerdings könne in der Praxis eine Behandlung wegen der fehlenden Karte abgelehnt werden oder der Patient müsse die Kosten selbst tragen.
Wer keine Karte hat, muss sich auf Mehraufwand einstellen
Wenn er das aber nicht möchte, entsteht für den Versicherten ein erheblicher Aufwand. "Patienten ohne Karte müssten bei ihrer Krankenkasse anfragen, ob sie sich beim Arzt behandeln lassen dürfen. Erst wenn die Kostenerstattung zugesagt worden ist, kann der Versicherte eine medizinische Leistung auch in Anspruch nehmen", erklärt Susanne Wilhelmi, Pressereferentin des BKK-Bundesverbands.
Theoretisch dürfe einem Versicherten aber eine Behandlung nicht verweigert werden. "Die Patienten zahlen ja ihre Beiträge weiter. Entsprechend müssen die Kassen auch für die Behandlung aufkommen", so Wilhelmi. Allerdings sei es jedesmal eine Einzelfallentscheidung, die einen Aufwand für die Kassen und für die Patienten bedeutet.
Gleiche Daten wie bei der bisherigen Karte
Die ablehnende Haltung gegenüber der elektronischen Gesundheitskarte und dem verpflichtenden Foto kann man im Bundesministerium nicht nachvollziehen. "Es werden nicht mehr Daten auf der neuen Gesundheitskarte gespeichert wie bisher", erklärt der Sprecher. Dazu gehören Angaben wie der Namen, das Geburtsdatum, die Versicherungsnummer und das Geschlecht. Das Bild sorge lediglich dafür, Missbrauch vorzubeugen.
Das sieht auch die BKK so. "Wir und wohl auch andere Kassen werden anbieten, dass Versicherte sich in einer der Filialen kostenlos fotografieren lassen. Dann können wir auch sicherstellen, dass die richtigen Fotos auf die richtigen Karten kommen", so Wilhelmi.
Der Ministeriumssprecher ergänzt: "Wer möchte, kann die Karte als Schlüssel zu seiner persönlichen elektronischen Patientenakte nutzen. Dann können auch Rezepte oder Befunde hinterlegt werden. Diese Angaben sind aber freiwillig." Wer sich dafür entscheidet könne sich auf ein sicheres Verfahren verlassen. Der Einblick in die elektronische Patientenakte sei nur möglich, wenn der Patient seine Karte mittels eines Pins frei schaltet.
Der FDP-Gesundheitsexperte Daniel Bahr kritisierte die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte zum 1. Oktober: "Das Gesundheitsministerium will gegen Bedenken von Ärzten und Patientenvertretern dieses Projekt durchpeitschen."
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