Kennzeichnungspflicht für Polizisten? Bundesgericht entscheidet
Über die Kennzeichnungspflicht für Polizisten wird heftig gestritten. Am heutigen Donnerstag entscheidet das Bundesverwaltungsgericht darüber. Ein Überblick.
Viele Beamten finden sie überflüssig und sehen sie als Ausdruck des Misstrauens gegen die Polizei. Befürworter wollen für Transparenz und Bürgernähe sorgen. Das Bundesverwaltungsgericht verhandelt am Donnerstag über die Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte.
Zwei Polizisten aus Brandenburg wehren sich dagegen, im Dienst ein Namensschild oder eine Nummer tragen zu müssen, mit der sie eindeutig zu identifizieren sind. Sie fürchten erhöhte Gefahren und Angriffe gegen sich. (Az.: BVerwG 2 C 32.18 und BVerwG 2 C 33.18).
Eine Kennzeichnungspflicht gibt es auch in anderen Bundesländern. Dem Urteil wird daher grundsätzliche Bedeutung beigemessen. Die Verhandlung beginnt um 10 Uhr, mit einer Entscheidung wird im Laufe des Tages gerechnet. Alle Informationen rund um die heutige Verhandlung hier im Überblick:
Die Kennzeichnungspflicht: In Brandenburg gilt die Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte seit dem 1. Januar 2013. Sie ist im Polizeigesetz des Landes verankert. Vollzugsbedienstete müssen demnach ein Namensschild tragen, Kräfte in sogenannten geschlossenen Einheiten wie der Bereitschaftspolizei eine Nummer, anhand derer sie eindeutig identifiziert werden können.
Die Begründung: Der Gesetzgeber will so eine größere Bürgernähe und Transparenz bei der Polizei erreichen. Lassen sich Polizisten im Dienst etwas zuschulden kommen, soll das zudem einfacher aufgeklärt werden können.
Die Klage: Geklagt haben ein Polizeihauptmeister und eine Polizeiobermeisterin. Sie sehen ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Das Tragen eines Namensschilds oder einer Nummer erhöhe die Gefahr von Angriffen auf die Polizisten. Es sei so leichter möglich, dass die Beamten und ihre Familien auch privat ausgespäht werden oder ihnen nachgestellt werden könne. Der Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist in Brandenburg allerdings kein solcher Fall bekannt.
Die Gegenargumente: Die GdP, die die Kläger unterstützt, sagt: "Die Transparenz ist auch so gegeben." Die Polizei verwahre sich gegen das Misstrauen, dass ihr aus der Forderung nach einer Kennzeichnungspflicht entgegenschlage. Viele Streifenpolizisten trügen längst freiwillig Namensschilder. Eine Identifizierung von Polizisten in geschlossenen Einheiten sei auch ohne Kennzeichnung möglich, erklärt GdP-Chef Oliver Malchow. Sollte ein Beamter sich im Einsatz illegal verhalten, werde das in einem ganz normalen Ermittlungsverfahren auch aufgeklärt.
Die Dimensionen von Polizeigewalt: Laut amtlicher Statistik wird wegen 2000 Verdachtsfällen illegaler Polizeigewalt gegen rund 4000 Polizisten im Jahr ermittelt. Eine Studie der Ruhr-Universität Bochum zur Erforschung von "Körperverletzung im Amt" geht allerdings davon aus, dass auf jeden bekannten Verdacht fünf Fälle kommen, die nicht angezeigt werden. Das Dunkelfeld läge demnach bei mindestens 10.000 mutmaßlichen Gewalttaten durch Polizisten pro Jahr.
Blick in die anderen Bundesländer: Eine Kennzeichnungspflicht gibt es auch in anderen Bundesländern, darunter Sachsen-Anhalt, Thüringen, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Unterschiedlich sind dabei die Regelungen, ob es Namensschilder und/oder Nummern für Einheiten bei Großeinsätzen sind. In Nordrhein-Westfalen schafften CDU und FDP die von ihrer rot-grünen Vorgängerregierung eingeführte Pflicht mit der Begründung "unnötig und überflüssig" wieder ab.
Die Vorinstanzen: Vor dem Verwaltungsgericht Potsdam und dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) blieben die Klagen der Polizisten erfolglos. Laut OVG besteht zwar ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Beamten. Dieser sei allerdings gerechtfertigt, weil das Interesse der Bürger an einer transparenten Polizei überwiege. Über die Revisionen muss nun in dritter Instanz das Bundesverwaltungsgericht entscheiden. (dpa)
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