Klimaforscherin Kemfert spricht sich für eine CO2-Steuer aus
Exklusiv Eine Forscherin fordert wegen des Klimawandels eine CO2-Steuer. In Deutschland könnte sie zur Einhaltung der Klimaziele beitragen. Doch die CDU ist sich uneins.
Die Debatte um eine nationale Abgabe auf den Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid gewinnt an Schärfe. Deutschlands bekannteste Klimaforscherin Claudia Kemfert hat die Einwände von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt zurückgewiesen, der die Steuer als Bevormundung ablehnt. „Ohne eine CO2 Bepreisung in den Bereichen Verkehr und Gebäude werden die Klimaziele kaum erreichbar sein“, sagte Kemfert unserer Redaktion. Der Vorteil der neuen Steuer liege gerade darin, dass der Staat Einnahmen erhalte und „die Verbraucher und Wirtschaft an anderer Stelle entlastet werden können“, erläuterte die Professorin vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.
Als Beispiel nannte sie einen besseren Nahverkehr mit Bussen und Bahnen oder den staatlich unterstützten Bau von Ladesäulen für Elektroautos. Macht der Staat Sprit, Flugbenzin und Heizöl teurer, so die Logik hinter der Steuer, könnten mehr Menschen auf Busse, Bahnen, das Fahrrad oder das Elektroauto umsteigen.
In der CDU wird noch über die CO2-Steuer diskutiert
Weil Deutschland seinem Anspruch bei der Einsparung von Treibhausgasen hinterher hängt und in den kommenden Jahren drastische Fortschritte erreichen muss, wird die Abgabe intensiv diskutiert. Eigentlich war sie nicht im Koalitionsvertrag vorgesehen, weil die Union sie ablehnte. Nun sagt CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak diplomatisch: „Wir lehnen Steuererhöhungen nur der Steuererhöhungen wegen ab.“ Es könne nicht sein, einfach nur den Benzinpreis zu erhöhen.
Auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) rechnet mit einer längeren Anlaufzeit für eine CO2-Steuer. Bisher gebe es kein ausgewogenes Modell, sagte er. „Ob das in dieser Wahlperiode möglich sein wird, glaube ich nicht, da es an anderer Seite Steuerentlastungen geben müsse.“ Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) ist sogar strikt gegen die Pläne: „Eine CO2-Steuer kommt nicht in Frage.“ In Sachsen wird im Herbst ein neuer Landtag gewählt.
In der Bundesregierung treibt Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) das Thema voran. Sie spricht sich für einen Preis von 20 Euro je Tonne Kohlendioxid aus. Der Betrag würde auf den Liter Sprit oder Heizöl umgerechnet und nach ihren Plänen direkt an der Zapfsäule oder beim Brennstoffhändler bezahlt.
CO2-Steuer: Der Bauernverband fordert europaweite Regeln
Außen vor ist bislang die Landwirtschaft. Bei der Haltung von Rindern und Schafen wird Methan freigesetzt, das bei ihrer Verdauung entsteht und ebenfalls zur Erderwärmung beiträgt. Weil der Ausstoß schwer bemessen werden kann, wären Bauern nur betroffen, wenn sie zum Beispiel für den Diesel ihrer Traktoren mehr zahlen müssten. Um Wettbewerbsnachteile gegen Landwirte aus anderen Ländern zu vermeiden, fordert der Bauernverband eine europäische Regelung.
Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth forderte gegenüber unserer Redaktion mehr Tempo bei der Umsetzung des Pariser Klimaabkommens. „Die Zeit drängt“, sagte die Augsburger Abgeordnete. „Wir Grüne schlagen daher eine Doppelstrategie vor: Über ein umfassendes Maßnahmenpaket inklusive CO2-Steuer wollen wir deutliche Anreize für umweltfreundlicheres Wirtschaften setzen, zugleich aber die Einnahmen aus einer solchen Steuer zu 100 Prozent an die Bürgerinnen und Bürger zurückgeben, um soziale Härten zu vermeiden.“
Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Mit der CO2-Steuer steuern wir in die falsche Richtung
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https://de.wikipedia.org/wiki/Claudia_Kemfert
>> Claudia Kemfert (* 17. Dezember 1968 in Delmenhorst) ist eine deutsche Wirtschaftswissenschaftlerin. Sie ist Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und Professorin für Energieökonomie und Nachhaltigkeit an der Hertie School of Governance in Berlin. <<
Klimaforscherin?
Eine CO2-Steuer wird wohl kommen.
Aber wahrscheinlich nicht heute oder morgen früh.
Wenn sie denn kommt, sollte sie sozial ausgewogen ausgestaltet sein.
Beispielsweise könnte ihr Aufkommen auch dazu verwendet werden, um die Beitragszahler der sozialen Sicherungssysteme zu entlasten.
Insgesamt sollten wir bei der CO2-Reduktion aber nicht die Vernunft an der Garderobe abgeben.
Wer aus der Kernenergie aussteigt und zusätzlich ehrgeizige Reduktionsziele verfolgt, kann sich leicht verheben.
Wir würden dem Klima und dem sozialen Frieden einen Bärendienst erweisen, wenn wir energieintensive Wertschöpfungen an Länder wie China oder die USA verlieren würden.
Dort haben Wachstum und Wohlstand Vorrang vor überzogenen Umweltstandards.
Als Worst-case-Szenario könnte dann nicht einmal ein "CO2-Paradoxon" ausgeschlossen werden: trotz geringerer Emission in Deutschland eine globale Mehrbelastung.