Koalition entlastet Industrie auf Kosten der Bürger
Die Regierung hält an der Ökostrom-Ausnahmen in Milliardenhöhe fest. Die Opposition wirft Sigmar Gabriel Wortbruch vor. Außerdem gibt es Streit um den Windatlas in Bayern.
Die Industrie bleibt von Einschnitten bei den milliardenteuren Ökostrom-Rabatten verschont. Entgegen früherer Ankündigungen von Energieminister Sigmar Gabriel und Wahlversprechen seiner Partei wird die Koalition Verbraucher nicht entlasten: Die Bundesregierung beschloss gestern für stromintensive Betriebe nur eine leichte Verschärfung der Ausnahmen bei der Ökostromumlage. Die Gesamtsumme bleibt jedoch unverändert bei fünf Milliarden Euro im Jahr.
Damit zahlt ein privater Durchschnittsverbraucher weiterhin rund 45 Euro jährlich für die Entlastung stromintensiver Betriebe. Laut offiziellen Angaben sind derzeit über 2100 Unternehmen bei ihrem Stromverbrauch größtenteils von der Ökostromumlage befreit. Die Zahl hatte sich im Jahr 2012 verdoppelt, als auf Initiative des damaligen FDP-Wirtschaftsministers Philipp Rösler die Anforderungen für Industrierabatte deutlich gelockert wurden. SPD-Politiker kritisierten dies damals als „Ausweitung ohne Sinn und Verstand“ und versprachen im Wahlkampf eine Entlastung um eine halbe Milliarde Euro für die Verbraucher. SPD-Chef Gabriel kündigte nach seinem Antritt als Energieminister an, die Ausnahmen in der Größenordnung von einer Milliarde Euro eindämmen zu wollen.
Die Bundesregierung hält an Strompreis-Rabatten fest
Die Opposition und Verbraucherschützer kritisieren Gabriel scharf, weil auch mit dem jetzt beschlossenen Gesetzentwurf die Summe nicht sinkt und alle bisher entlasteten Unternehmen weiter Anspruch auf Rabatte haben. „Aus Sicht der Verbraucher und kleinerer Unternehmen ist das eine Enttäuschung, weil sie nicht wie vor der Wahl und im Koalitionsvertrag versprochen entlastet werden“, sagte der Energieexperte des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, Niels Schnoor, unserer Zeitung. „Von der von Minister Gabriel angekündigten Milliarde ist keine Rede mehr.“
Auch die Grünen warfen Gabriel „Wortbruch“ vor: „Die Privilegien bleiben genauso, wie sie bisher waren“, sagte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Gabriel habe sein Versprechen, die Verbraucher zu entlasten, gebrochen. „Das ist ein Gesetz für die Großindustrie und gegen die Verbraucher“, sagte sie. Der SPD-Chef wies die Kritik zurück. Es gehe nicht „um irgendwelchen blinden Industrielobbyismus“, sondern darum, viele Unternehmen vor der Insolvenz zu bewahren.
Unterdessen ist in Bayern ein neuer Streit um den Ausbau der Windenergie entbrannt. Die Staatsregierung legte einen „Windatlas“ vor, der auch in unserer Region Ausbaupotenziale vorhersagt. Die Landtagsopposition warf der Regierung jedoch Blockade vor. (mit dpa)
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