Hinweis aus Moschee führte zur Festnahme des radikalisierten Flüchtlings aus Syrien
In Köln hatte eine Spezialeinheit einen Flüchtling aus Syrien festgenommen. Er soll einen Sprengstoffanschlag geplant haben. Der entscheidende Hinweis kam aus einer Moschee.
Ein junger syrischer Flüchtling, der in Deutschland Aufnahme fand, soll eben hier einen Terroranschlag geplant haben - das ist eine niederschmetternde Nachricht. Es gibt aber auch etwas Positives aus Köln zu vermelden, der Stadt, in der ein solcher Flüchtling, gerade einmal 16 Jahre alt, jetzt unter Terrorverdacht festsitzt. Sogar etwas "herausragend Positives", wie es der Kölner Polizeipräsident Jürgen Mathies am Mittwoch im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur formuliert: Der entscheidende Hinweis auf den mutmaßlichen Täter kam aus einer Moschee.
In der Ditib-Moschee im Stadtteil Porz hat jemand Augen und Ohren offen gehabt und dann den Entschluss gefasst, zu handeln - die Polizei zu alarmieren. "Darüber bin ich außerordentlich froh", sagt Mathies.
Vieles andere ist hingegen sehr beunruhigend. Das Stichwort ist "Turbo-Radikalisierung". Bei dem Kölner Verdächtigen sollen drei Monate ausgereicht haben, um aus ihm einen möglicherweise zu allem entschlossenen Extremisten zu machen.
16-jähriger Syrer wurde innerhalb kürzester Zeit radikalisiert
Der Jugendliche stammt aus der syrischen Hauptstadt Damaskus. Er hat einmal etwas anderes gekannt als Krieg, Flucht und Armut: Seine Eltern sind Akademiker und hatten gute Jobs. Der Bürgerkrieg veränderte alles: Die Familie - Eltern, Sohn und Tochter - floh ins Ausland und gelangte Anfang 2015 nach Deutschland. Zuerst wurde sie in Dülmen im Münsterland einquartiert, dann in Köln-Porz. Dort kam die Familie in eine Notunterkunft in der Turnhalle einer Schule.
Im Juni wurde der 16-Jährige zum ersten Mal von der Polizei überprüft. Sein "komisches Verhalten" war aufgefallen. Er sollte Nachrichten und Bilder mit Bezug zur Terrormiliz Islamischer Staat verschickt haben. Auf seinem Handy fand die Polizei aber nur wenige solcher Bilder, und er selbst beteuerte: War alles nur Spaß.
Anfang dieses Monats informierten Sozialarbeiter erneut die Polizei. Der 16-Jährige isoliere sich, schaue niemanden an, sei nachts unterwegs, warnten sie. Die Polizei prüfte erneut, fand aber "keine Bezüge zu Extremismus oder gar Terrorismus", wie Mathies erläutert. Am 18. September ging schließlich der dritte Hinweis ein, jener aus der Ditib-Moschee in Porz. Am Dienstag erfolgte daraufhin der Zugriff durch eine Spezialeinheit der Polizei - alles andere als sanft soll es dabei zugegangen sein, zu den drei Verletzten zählt eine schwangere Frau.
Handydaten zeigen: Syrer plante Sprengstoffanschlag
Die Auswertung der Chats auf dem Handy des Verdächtigen ergab für die Polizei ein klares Bild: Offenbar plante er einen Anschlag mit einem Sprengsatz. Ein Chatpartner mit IS-Bezügen im Ausland versorgte ihn bereits mit Bauanleitungen. Auch darüber, wo eine solche Bombe platziert werden könnte, tauschte man sich aus, ein konkretes Ziel wurde allerdings nicht ausgewählt. Auch hatte sich der junge Syrer offenbar noch keine Materialien für den Bombenbau verschafft.
Für die Staatsanwaltschaft besteht der "dringende Verdacht der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat". Sie hat Haftbefehl beantragt.
Der Kölner Fall scheint zu bestätigen, wovor der Verfassungsschutz erst vor wenigen Tagen gewarnt hat: Die Anwerber des Islamischen Staats setzen in Deutschland auf junge und entsprechend leicht beeinflussbare Menschen, die über Chats angeleitet und "ferngesteuert" werden. Sie radikalisieren sich virtuell - und unter Umständen binnen weniger Monate.
So sollen auch die minderjährigen Attentäter, die mutmaßlich hinter dem Bombenanschlag auf das Sikh-Gebetshaus in Essen stecken, IS-Sympathisanten sein. Ebenso die 15-jährige Gymnasiastin, die in Hannover einem Polizisten ein Messer in den Hals gerammt haben soll.
In der kommenden Woche trifft sich Polizeipräsident Mathies zu einem Dialogforum mit muslimischen Organisationen. Es komme darauf an, dass alle Teile der Gesellschaft aufmerksam blieben, betont der Leitende Oberstaatsanwalt Jakob Klaas. So wie das in diesem Fall in Köln gewesen sei. dpa
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