2020 war ein schlechtes Jahr für Frauen

20.12.2020

Wenn Schulen und Kitas schließen, springen meistens Mütter ein. Damit sie nicht um Jahre zurückgeworfen werden, muss sich 2021 einiges ändern. Auch die Männer.

Krisen verschärfen Ungleichheiten. Das gilt auch für die Corona-Krise. Sie war von Anfang an eine Krise für Frauen. Schon im Frühjahr sagte die Soziologin Jutta Allmendinger, sie rechne damit, dass Frauen durch die Pandemie um 30 Jahre zurückgeworfen werden. Allmendinger sprach sogar davon, Frauen würden wieder zum Heimchen am Herd. Harte Worte, die jedoch zutreffen könnten – wenn sich 2021 nicht manches ändert.

Unter Gleichberechtigung wird oft verstanden, dass Frauen und Männer gleiche Chancen im Job haben. Doch diese Definition vergisst einen wichtigen Punkt: die unsichtbare, unbezahlte Arbeit. All jene Dinge, die es zu Hause zu tun gibt. Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen, der Haushalt.

Im ersten Lockdown arbeiten vor allem Frauen weniger, um sich um die Kinder zu kümmern

Schon vor der Corona-Krise verbrachten Frauen damit im Schnitt 1,5 Stunden mehr am Tag als Männer. Die Corona-Pandemie hat dieses Ungleichgewicht verstärkt. Während im Frühjahr die Schulen, Kindergärten und Tagespflegeeinrichtungen geschlossen hatten, waren es zumeist Frauen, die einsprangen. Neben der Erwerbsarbeit, versteht sich. Sogar in Partnerschaften, die vor der Pandemie von sich sagten, dass sie diese Aufgaben gleichmäßig verteilen, reduzierten in einem Drittel der Fälle Frauen ihre bezahlte Arbeitszeit. Männer in zehn Prozent der Fälle.

Nun könnte man sagen: Die Pandemie wird irgendwann enden. Kinder können zurück in die Kitas und Schulen. Frauen können wieder mehr arbeiten. Theoretisch. Praktisch hinterlassen Einschnitte Lücken – auch finanzielle. Weil Männer in der gleichen Zeit weiter Karriere machen, an Frauen vorbeiziehen. Weil der Wiedereinstieg in den Job immer schwierig ist.

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Vor allem Frauen arbeiten in unterbezahlten, aber systemrelevanten Berufen

Das verschärft das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen und es verschärft das Risiko der Altersarmut von Müttern. Schon jetzt verdient eine Mutter im Schnitt 1300 Euro weniger im Monat als eine Frau ohne Kinder.

Die Krise der Frauen lässt sich nicht nur an Karrierechancen festmachen, sondern auch am Gehalt. Das war schon vor der Corona-Pandemie ein Problem. Doch das Virus macht es noch sichtbarer. In systemrelevanten Berufen arbeiten überwiegend Frauen. Sie sorgen als Pflegerinnen und Erzieherinnen, als Kassiererinnen und Reinigungskräfte dafür, dass der Rest des Landes einigermaßen gut durch die Pandemie kommt.

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Foto: dpa
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In systemrelevanten Branchen arbeiten mehr Frauen als Männer.

Ihr Lohn: Applaus im Bundestag und eine Debatte darüber, wie schlecht bezahlt all diese Tätigkeiten sind. Im Schnitt liegt der Stundenlohn in systemrelevanten Berufen zwölf Prozent unter dem aller Berufe in Deutschland. Geändert hat sich daran bisher nichts. Und das, obwohl das Gehalt vieler Frauen – etwa von Erzieherinnen oder Pflegekräften – zumindest zum Teil durch Steuern finanziert wird.

Immerhin ist es 2020 gelungen, die Frauenquote einzuführen - aber wem nutzt sie?

Was sind die Lehren aus diesem Corona-Jahr? Systemrelevante Berufe müssen besser bezahlt werden. Viele Politiker haben das dieses Jahr gefordert. Aber im Wahljahr 2021 muss mehr drin sein als ein Lippenbekenntnis.

Immerhin etwas ist gelungen: Die Frauenquote für börsennotierte Unternehmen kommt. Nur: Im Berufsalltag der meisten Frauen wird sich wenig ändern, weil ein kleiner Teil der Unternehmen mehr Frauen an die Spitze holt. Dazu muss der Mittelstand nachziehen. Unternehmenskultur muss familienfreundlich werden. Nicht nur für Frauen, auch für Männer – und damit vor allem für die Kinder. Und dann gibt es etwas, das jeder tun kann: Vorbild sein. Es ist kein Naturgesetz, dass Mütter in Krisenzeiten die Arbeit zu Hause übernehmen und vor allem ihre Töchter einspannen. Wer sich bewusst wird, in welchem Rollenbild er gefangen ist, kann es ändern. Das gilt auch für Männer.

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