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Kommentar: Das Aus für die Pkw-Maut ist ein Debakel für die CSU

Kommentar

Das Aus für die Pkw-Maut ist ein Debakel für die CSU

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    Das Nein des Europäischen Gerichtshofs zu den deutschen Plänen für eine „Ausländermaut“ ist eine schallende Ohrfeige für Horst Seehofer. I
    Das Nein des Europäischen Gerichtshofs zu den deutschen Plänen für eine „Ausländermaut“ ist eine schallende Ohrfeige für Horst Seehofer. I Foto: Jan Woitas (dpa)

    Wenn eine geplante Gebühr schon „Ausländermaut“ genannt wird, dann ist es gut, wenn sie gar nicht erst zustande kommt. Allein der Name verrät, welches Denken dahintersteckt: Wir müssen „bei denen“ zahlen, drum sollen „die“ gefälligst auch bei uns den Geldbeutel aufmachen. Mit dem Ideal eines vereinten, solidarischen Europas hat diese Parole herzlich wenig zu tun. Zudem liegt ihr ein Denkfehler zugrunde. In anderen europäischen Ländern, etwa in Österreich, zahlen auch die Einheimischen. Die Deutschen aber sollten ihre Autobahngebühr durch die Hintertür zurückbekommen und dadurch bevorzugt werden.

    So ist das Nein des Europäischen Gerichtshofs zu den deutschen Plänen eine ebenso schallende wie verdiente Ohrfeige für Horst Seehofer und die CSU. In seltener Deutlichkeit zeigt das Maut-Debakel, wie wenig am Ende oft bei politischer Kraftmeierei herauskommt. Ohne Maut kein Koalitionsvertrag, drohte Seehofer Kanzlerin Merkel 2013. Bei der markigen Forderung aus der christsozialen Mottenkiste ging es Seehofer weniger um die erwarteten, eher überschaubaren Einnahmen. Sondern vielmehr darum, aus einer populären Stimmung politisches Kapital zu schlagen. In grenznahen Regionen Bayerns ärgern sich viele Autofahrer seit Jahrzehnten, dass Österreicher auf deutschen Autobahnen umsonst unterwegs sind, während sie selbst für Fahrten in die Alpenrepublik ein teures „Pickerl“ kaufen müssen.

    Aus für die Pkw-Maut erspart der CSU vielleicht noch größere Schmach

    Weil zusätzliche Belastungen für die deutschen Autofahrer ein überaus heißes Eisen sind, entwarf Seehofer eine Straßen-Abgabe, die nur Ausländer zahlen sollten. Dass das europäische Recht derartige Ungleichbehandlung verbietet – geschenkt. Die CSU setzte auf einen allzu durchschaubaren Kniff. Einheimische sollten die Maut zwar zunächst zahlen, dafür aber entsprechend weniger KfZ-Steuer entrichten. Einen großen Teil seiner Amtszeit wendete der damalige Verkehrsminister Alexander Dobrindt nur für den Versuch auf, das Maut-Projekt seines Chefs Seehofer trotz dieses grundsätzlichen Webfehlers durchzudrücken. „Ein Alexander Dobrindt scheitert nicht“, sagte Seehofer seinerzeit. Doch an den Luxemburger Richtern kamen letztlich weder Seehofer, noch Dobrindt oder dessen Nachfolger Andreas Scheuer vorbei.

    Trösten kann sich die CSU in ihrer Pein jetzt allenfalls mit dem Gedanken, dass der Europäische Gerichtshof ihr möglicherweise sogar eine noch viel größere Schmach erspart hat. Es gab ja neben den rechtlichen Bedenken auch massive Zweifel, ob der immense Aufwand, den Einrichtung und Betrieb des Mautsystems bedeuten würden, überhaupt in einem vernünftigen Verhältnis zum angepeilten Ertrag stünde. Die Peinlichkeit wäre kaum zu überbieten gewesen, hätte sich die so vollmundig angekündigte „Ausländermaut“ in der Praxis als Draufzahlgeschäft erwiesen.

    Kosten für die Maut-Geisterfahrt der CSU sind hoch

    Nach dem deutlichen Signal aus Luxemburg sollte die Bundesregierung tunlichst die Finger von weiteren nationalen Alleingängen in Sachen Maut lassen. Und sich stattdessen dafür einsetzen, dass die Gebühren-Kleinstaaterei auf Europas Straßen möglichst bald durch ein gerechtes und einheitliches europäisches System abgelöst wird. Ein künftiges Modell sollte diejenigen belohnen, die wenig und möglichst klimaschonend fahren. Wer dagegen viel Schaden anrichtet, sollte dafür auch entsprechend bezahlen. Leider gilt dieses Prinzip in der Politik nur bedingt. Noch ist nicht bekannt, was die Maut-Geisterfahrt der CSU am Ende kostet. Der Schaden könnte in den Milliardenbereich gehen.

    Sicher ist nur: Aufkommen werden dafür alle Bürger. Selbst die, die gar kein Auto haben.

    In unserer Karte sehen Sie, in welchen Ländern eine Maut erhoben wird – und was das konkret für Autofahrer bedeutet.

    Lesen Sie auch die Pressestimmen zum Maut-Urteil: "Ein zweites Córdoba" 

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