Kommentar: Davon kann die SPD im Bund nur träumen
Olaf Scholz gewinnt die Wahl in Hamburg. Aber warum sollte er als Kanzlerkandidat gegen Angela Merkel antreten? Die Wahl bot außerdem ein Lebenszeichen von der FDP.
Die SPD ist die große Siegerin der Hamburg-Wahl, auch wenn sie ein bisschen Federn lassen musste und fortan nicht mehr alleine regieren kann. 45,7 Prozent: Das ist ein starkes Ergebnis, von dem die im 25-Prozent-Turm eingemauerte Bundes-SPD nur träumen kann und das vor allem auf das Konto des Regierenden Bürgermeisters Scholz geht. Der frühere SPD-Generalsekretär und Schröder-Getreue verkörpert alles, was das sozialdemokratische Herz in der Hansestadt begehrt: Verlässlichkeit, Seriosität, Wirtschaftsnähe – gepaart mit jener sozialen Wärme, die ein gut funktionierendes Gemeinwesen braucht. Scholz ist kein Schaumschläger, sondern einer, der seinen Job unaufgeregt erledigt. Er ist die Angela Merkel der SPD. Sein Erfolg zeigt auch, wie groß – jenseits parteipolitischer Präferenzen – das Bedürfnis der Wähler nach solch effizienten, glaubwürdigen Politikertypen ist.
Wahl in Hamburg bietet einige Fingerzeige auf die Lage in der Republik
Die traditionelle SPD-Hochburg Hamburg ist ein kleines Bundesland, das am Sonntag seinen Stadtrat gewählt hat. Insofern ist es ratsam, in diese von lokalen und hanseatischen Besonderheiten geprägte Regionalwahl nicht zu viel an bundespolitischen Lektionen hineinzuinterpretieren. Einige wichtige Fingerzeige im Hinblick auf die Großwetterlage in der Republik jedoch bietet Hamburg durchaus.
So wird sich die SPD, die in den Ländern so stark wie nie zuvor ist und im Bund nicht recht auf die Beine kommt, mit der Frage beschäftigen, was sie von Scholz abgucken kann. Das liefe dann auf eine Debatte darüber hinaus, ob die SPD – wie es Gabriel offenbar will – ihr Glück künftig mehr in der Mitte suchen oder (wozu die Mehrheit neigt) das linke Spielfeld für eine rot-rot-grüne Koalition bestellen soll. Und natürlich gilt Scholz ab sofort als potenzieller Kanzlerkandidat, zumal die Chancen des Vorsitzenden Gabriel nicht sonderlich hoch einzuschätzen sind. An Ehrgeiz gebricht es Scholz nicht. Nur: Warum sollte er in ein (mutmaßlich) aussichtsloses Rennen gegen Merkel gehen? Auch Steinbrück hatte keine Chance, zumal das Programm der SPD nicht zu ihm, dem Mann der Mitte, passte. Scholz hätte mit dem gleichen Dilemma zu tun. Das Problem der Bundes-SPD ist, dass sie kein Mittel gegen die populäre Kanzlerin findet. Das frustrierende Dasein der Sozialdemokratie im langen Schatten Merkels tröstet die CDU zur Stunde auch noch über ihren Niedergang in den Ländern hinweg. Die schwere Schlappe in Hamburg ist ja bezeichnend für die anhaltende Schwäche der Union in den Metropolen und im Norden der Republik. Es ist Merkel allein, die der Union die Macht im Bund und womöglich über 2017 hinaus sichert – mit allen Risiken, die diese Abhängigkeit von einer Person mit sich bringt.
Der FDP ist in Hamburg ein kleines Lebenszeichen gelungen
Der FDP ist in Hamburg ein kleines, bundesweit beachtetes Lebenszeichen gelungen. Es gibt sie also noch, die Liberalen, die 2013 aus dem Bundestag geflogen sind und dem Untergang geweiht schienen. Lindners Wiederbelebungsversuch ist – auch dank der Schwäche der CDU – geglückt, der Liberalismus ist noch nicht erledigt. Das macht Mut. Entscheiden jedoch wird sich das Schicksal der FDP erst im Wahljahr 2017.
Dasselbe gilt für die AfD, die erstmals den Sprung in ein westdeutsches Parlament geschafft hat. Auch Hamburg zeigt: Die Bäume der AfD wachsen nicht in den Himmel, doch es gibt genügend Wählerpotenzial für eine gemäßigte Partei rechts von der Union. Dauerhaft etabliert ist die AfD noch lange nicht. Solange die Laufkundschaft überwiegt und keine Klarheit besteht über den Kurs der im Osten stramm national-konservativ, im Westen eher konservativ-marktliberal auftretenden Partei, ist auch die Zukunft der AfD ungewiss.
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