Die Gaspreise steigen und befeuern die Inflation. Das Leben wird teurer, das Geld verliert an Wert. Die Bundesregierung muss jetzt etwas dagegen unternehmen.
Im Herbst 1973 herrschte Geisterstimmung in Deutschland. An den Tankstellen gab es keinen Sprit mehr, einige Sonntage blieben autofrei. Damals hatten die Ölstaaten die Förderung gedrosselt und den Rohölpreis um das Vierfache nach oben getrieben. Das rohstoffarme Deutschland wurde empfindlich getroffen. Der aktuell starke Anstieg der Erdgaspreise ist im Ausmaß mit der Ölpreiskrise noch nicht vergleichbar. Das Szenario von damals liefert aber einen Vorgeschmack auf das, was dem Land bevorsteht, wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Das Gespenst der Inflation ist wieder da.
Die Preise für Lebensmittel und andere Güter steigen schon Besorgnis erregend. Salat etwa ist derzeit fast 40 Prozent teurer als noch vor einem Jahr. Sozialverbände warnen bereits davor, dass Gemüse zum Luxusprodukt wird. Die Mieten gehen in die Höhe. Steigende Energiekosten belasten die Haushalte zusätzlich. Experten sagen für eine dreiköpfige Familie Mehrbelastungen von 500 Euro und darüber für Gas und Strom voraus.
Die Gasreserve löst das Problem nicht
Gegen die Kälte in der Wohnung mag für einige Zeit ein warmer Pullover helfen. Aber das ist erstens ein zynischer Rat und auf keinen Fall eine dauerhafte Lösung. Zweitens gibt es gegen soziale Kälte keine Schutzkleidung – und genau die droht Deutschland, wenn der Wert des Geldes abnimmt. Denn die Inflation trifft zuerst immer die besonders hart, die wenig oder nichts auf dem Konto haben.
Damit es nicht zu Unfrieden und einem Zulauf für den politischen rechten Rand kommt, muss die Bundesregierung jetzt damit anfangen, über Gegenmaßnahmen nachzudenken. Energieschecks für ärmere Haushalte, wie es sie in Frankreich gibt, könnten eine gute Lösung sein. Doch statt etwas zu tun, verweist die Regierung auf gut gefüllte Gaslager. Das mag sogar stimmen, schließlich hat Deutschland die höchste Speicherkapazität für Erdgas in Europa. Aber die freiwillige Reserve löst das Preisproblem offensichtlich nicht.
Die Rohstoffmärkte reagieren immer auch auf politische Signale. Ein solches muss jetzt her. Die bevorstehende Wahl darf nicht als Ausrede herhalten, um nichts zu tun.
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