
Der Ethikrat lehnt besondere Rechte für Menschen mit Immunisierung ab und beweist damit Augenmaß. Eine vernünftige Ausnahme macht er allerdings.
Der Ethikrat hat recht: Solange die Corona-Impfquote im niedrigen einstelligen Bereich dümpelt, führt die Diskussion über mögliche Sonderrechte für Geimpfte in die Irre. Bis wirklich jeder die Chance gehabt hat, sich gegen Covid-19 immunisieren zu lassen, werden aber noch etliche zähe Monate vergehen. Derzeit sind noch zu viele entscheidende Fragen offen. Als gesichert gelten kann ja im Moment nur, dass Menschen, die den Piks bereits bekommen haben, mit recht hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr oder nicht mehr ernsthaft an Corona erkranken.
Bisher keine Corona-Impfung möglich: Was ist eigentlich mit den Kindern?
Doch geht von Geimpften auch wirklich keine Ansteckungsgefahr für andere mehr aus? Können sie unbemerkt Menschen infizieren, die sich noch nicht impfen lassen konnten oder bei denen eine Impfung aus medizinischen Gründen gar nicht infrage kommt? Wie lange hält der Impfschutz überhaupt? Was ist eigentlich mit Kindern, für die noch kein Impfstoff zugelassen ist? Das alles ist im Moment nicht hinreichend geklärt. Test- und Quarantänepflichten etwa für geimpfte Reiserückkehrer aus Hochrisikogebieten auszusetzen, wäre also unverantwortlich. Geimpfte müssen sich bis auf Weiteres wie alle anderen auch an Abstands- und Hygieneregeln, Kontaktbeschränkungen sowie die Maskenpflicht halten.
Sollte sich die Corona-Lage insgesamt so weit entspannen, dass eine generelle Wiedereröffnung von Restaurants, Läden und Bühnen möglich erscheint, darf es keinen pauschalen Ausschluss von Nichtgeimpften geben. Für sie müssten dann Möglichkeiten der sicheren Teilhabe geschaffen werden – etwa indem durch Schnelltests eine Gefahr ausgeschlossen wird. Eine zeitweise Zweiklassen-Gesellschaft, in der Geimpfte sich im Club amüsieren, während die anderen auf Kontakte verzichten müssen, würde die Akzeptanz für alle Corona-Maßnahmen massiv gefährden.
In Pflegeheimen ist die Lage beim Corona-Infektionsschutz anders
Augenmaß beweist der Ethikrat aber mit seiner Empfehlung, die strengen Infektionsschutzmaßnahmen etwa für Pflegeheime zu lockern, sobald Bewohner und Personal geimpft sind. Für alte, behinderte und chronisch kranke Menschen bedeutet die Pandemie besonders heftige Belastungen. Sobald sie geimpft sind, ist es absolut vertretbar, dass nicht mehr sie, sondern ihre Pfleger und Angehörigen die Hauptlast des Infektionsschutzes tragen.
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Aha. Der Herr Junginger geht davon aus, dass ein Ausgangsverbot normal ist und wer z. B. nach 21 Uhr rausgehen darf, hat Sonderrechte? Wir leben in einem Rechtstat. Da dürfen Freiheiten nur mit einem Grund eingeschränkt werden. Es geht also darum, inwiefern Geimpfte eingeschränkt werden dürfen oder müssen und nicht um "Sonderrechte".
Typisch deutsch, wenn man über Sonderrechte für Geimpfte spricht, die andere anstecken können.
Der Begriff "Sonderrecht" oder "Privilegien" ist in meinen Augen grob irreführend. Es geht hier um die Aufhebung der Einschränkungen der Grundrechte für Geimpfte - spätestens sobald der Nachweis erbracht ist, dass die Geimpften nicht mehr infektiös sind. Die Gerichte sind da sehr strickt - was immer wieder die Urteile vor Augen führen, die bestimmte schlecht begründbare Einschränkungen aufgehoben haben. Nicht falsch verstehen: der Lockdown, in dem wir leben, ist aktuell gerechtfertigt. Durch die Impfungen muss das aber so in der Breite nicht bleiben.
Und mal ganz persönlich gesprochen: wenn ich schon das (geringe) Risiko einer Impfung eingehe, dann möchte ich mich im Gegenzug nicht von den Menschen abhängig machen, die zwar geimpft werden können aber aus welchen Gründen auch immer nicht wollen und somit die Herdenimmunität respektive die Aufhebung des Lockdowns weiter herauszögern. Mir reicht es schon, dass ich immer stärkere Einschränkungen meiner Grundrechte akzeptieren muss, weil manche (jung wie alt) meinen, die Appelle gelten nicht für sie.
@Dirk T.
Applaus für Ihren Kommentar. Treffender kann man es kaum formulieren.
Ich habe ebenfalls kein Verständnis für Impfgegner und Querdenker.
Wenn sie sich nicht impfen lassen möchten, sollen sie auch direkt die Konsequenzen für ihr asoziales Verhalten zu spüren bekommen.
Und ich hoffe inständig, dass die privaten Einrichtungen ausgiebig von ihrem Hausrecht Gebrauch machen und Nichtgeimpfte ausschließen.
Das wäre in meinen Augen mehr als fair den anderen Menschen gegenüber, die sich solidarisch verhalten.
Wie gesagt, es funktioniert nicht, dass man zwar gewaschen, aber nicht nass werden möchte.
In diesem Sinne
Die Sonderrechte waren nicht nur gefährlich sondern rechtswidrig.
ich halte Sonderrechte für Geipmfte absolut für ungerechtertigt. Sämtliche Impfstoffe bieten keinen 100%igen Schutz. Es könnte sich theoretisch ein geimpfter mit Corona anstecken. Außerdem gibt es, wenn auch wenig Personen, welche sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können, da die Wirkstoffe der Behandlung ihrer Erkrankungen zuwider wirken. Sonderrechte für Geimpfte wänre somit Diskriminierung dieses Personenkreises und würden gegen das Grundgesetz verstoßen